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"Ich war so stolz auf meinen Führerschein"

Für eine 23-Jährige Dresdnerin hat sich nach einem schweren Motorradunfall im Juli vieles geändert. Doch was geschah überhaupt an jenem Abend?

Von Henry Berndt
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Für eine 23-Jährige Dresdnerin hat sich nach einem schweren Motorradunfall im Juli vieles geändert.
Für eine 23-Jährige Dresdnerin hat sich nach einem schweren Motorradunfall im Juli vieles geändert. © /privat

Dresden. Diesen großen Traum hatte sie schon lange: Endlich Motorrad fahren, dieses mit nichts vergleichbare Gefühl von Freiheit spüren. Im Mai dieses Jahres war es endlich soweit und Vanessa Bahrke hielt ihren Führerschein in der Hand. "Ich war so stolz", erinnert sich die 23-Jährige. 

Bereits kurze Zeit später ging sie mit ihrem Freund auf große Tour. Erst fuhren sie in Richtung Schwarzwald, dann hinüber bis nach Frankreich. Insgesamt legten die beiden innerhalb weniger Tage 3.000 Kilometer zurück - ohne einen einzigen Gefahrenmoment. "Mein Freund sagte mir, dass ich Talent zum Fahren hätte." 

Im Moment bleiben Vanessa nur noch Erinnerungen an diese wundervollen Erlebnisse. Womöglich wird sie nie wieder Motorrad fahren können. Einen Monat lang lag sie auf Station im Krankenhaus Friedrichstadt, wo ihr Freund sie jeden Tag besuchte. Ihren rechten Arm kann sie nicht bewegen. Er hängt nur schlaff an der Schulter. Immerhin, beim linken Arm verspürt sie langsam Fortschritte. Intensive Therapien sollen ihr weiterhelfen. Am Donnerstag beginnt ihre Reha im Tharandter Wald. Auch operiert werden muss sie nochmal. Womöglich verliert sie noch eine Niere.

Erst im Mai hatte Vanessa erfolgreich ihre Fahrprüfung für den Motorradführerschein bestanden.
Erst im Mai hatte Vanessa erfolgreich ihre Fahrprüfung für den Motorradführerschein bestanden. © privat

Was überhaupt geschehen ist an jenem 16. Juli ab etwa 19.30 Uhr, daran hat Vanessa keinerlei Erinnerung. Sie arbeitete damals noch in einer Fleischerei im Elbepark. Nach Feierabend setzte sie sich auf ihr Motorrad und dachte schon an ihren Freund zu Hause. Doch er sollte erst am nächsten Morgen wieder etwas von ihr hören. Da hatte die Polizei zunächst ihre Eltern informiert und diese dann ihn. 

Zeugen berichten, dass ihr Motorrad auf der regennassen Sternstraße nahe der Autowaschanlage plötzlich gekippt sei. Sie sei gegen den Bordstein gefahren, das Hinterrad habe blockiert und sie sei gegen einen Baum geschleudert worden. 

Vanessa kann sich nicht erklären, warum sie gerade an dieser völlig ungefährlichen Stelle, auf schnurgerader Route, die Kontrolle über ihr Motorrad verlor. Beim ersten Aufprall zerplatzte ihr Helm und rutschte vom Kopf. "Wer billig kauft...", sagt Vanessa nachdenklich. Sie erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma, außerdem brachen ihr Schädel auf der linken Seite, beide Arme, ein Handgelenk und mehrere Finger. 

Selbst Motorrad zu fahren, war für Vanessa ein lange gehegter Traum.
Selbst Motorrad zu fahren, war für Vanessa ein lange gehegter Traum. © privat

Die Zeugen beschrieben, sie sei noch schreiend zu ihrem Motorrad gekrochen, bevor Hilfe kam. Glücklicherweise sei genau in diesem Moment ein Krankenwagen um die Ecke gebogen. "Ohne die schnelle Hilfe wäre ich vielleicht auf dieser Straße gestorben. Ich danke von Herzen allen Helfern, Ärzten und Pflegern für ihren Einsatz", sagt Vanessa.

Zurzeit wird die junge Frau bei ihren Eltern in Goltzscha aufgepäppelt. Momentan kann sie nicht allein aufstehen, sich nicht waschen, nicht allein auf Toilette gehen und sich nicht anziehen. "Ich fühle mich vollkommen hilflos", sagt sie. "Die Ärzte sagen, der Nerv im rechten Arm sei zerstört und könne nicht operiert werden." Wie es nach der Reha weitergehen soll, weiß sie nicht. "Ich hatte kurz vor dem Unfall in der Fleischerei gekündigt und wollte zum 20. August eine Ausbildung zur Krankenpflegerin beginnen." Nun muss ein neuer Plan her. Ihr Motorrad steht zurzeit noch in einer Werkstatt. "Das sieht aus wie neu und hat nur ein paar Kratzer, hat man mir gesagt." 

Auch wenn sie irgendwann wieder die Kontrolle über beide Arme gewinnen sollte, wird sie sich vermutlich nie wieder auf ein Motorrad setzen. "Momentan sitzt der Schock noch zu tief", sagt Vanessa, "aber selbst wenn das für mich nochmal infrage käme, würden das meine Eltern wohl niemals zulassen."

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