Dresden. Der Goldene Reiter musste in den vergangenen Monaten einiges aushalten. Im Schutz der Dunkelheit sind wieder einmal Unbekannte auf das Denkmal geklettert, um sich mit aufs Pferd zu setzen.
Das Ergebnis: Auf dem goldenen Hinterteil des Tiers klebt abgeriebene Schuhsohle. Das ist aber noch der geringste Schaden. An den Sandsteinkronen sind Teile herausgebrochen. Passiert ist das vermutlich bei einer weiteren Kletteraktion. Noch einmal können die Bruchstücke nicht verwendet werden. Wegen der vielen Schäden müssen Dresdner und Touristen nun erst einmal auf den Goldenen Reiter verzichten.
Das Standbild ist komplett eingerüstet und verhüllt worden. Bis Ende September wollen Experten August und sein Pferd wieder zu altem Glanz verhelfen. Neben den Vandalismus-Schäden hat auch die Natur am Denkmal genagt: Vogelkot, Wind und Staub haben der Vergoldung zugesetzt. Außerdem sind Mikrorisse durch Temperaturwechsel und Ablaufspuren durch Regenwasser entstanden.
Noch nicht beseitigt sind auch die Schäden durch einen Angriff mit ätzender Flüssigkeit vor drei Jahren. Die Stadtverwaltung rechnet mit Kosten in Höhe von 30.000 Euro für den Reiter selbst und noch einmal 7.500 Euro für den Sandstein. Ein Teil wird über das Landesprogramm für Denkmalpflege bezahlt. Im Zuge der Restaurierung soll auch ein Poller vor dem Goldenen Reiter ersetzt werden. Dieser war von einem Auto umgefahren worden, das auf dem Neustädter Markt parkte und sich bei gelöster Handbremse selbstständig machte. In diesem Fall wird die Versicherung des Halters den Schaden begleichen.
Kameras oder doch lieber einen Zaun um den Reiter?
Viel ausrichten kann die Stadt gegen den Vandalismus nicht. In der Vergangenheit waren mehrere Möglichkeiten geprüft worden. So war ein Zaun nach historischem Vorbild im Gespräch. Auf alten Postkarten ist so ein schmiedeeiserner Zaun zwischen den Pollern zu sehen. Allerdings war dieser keine zwei Meter hoch. Ein Hindernis sei dies zwar nicht, aber ein psychologisches Hemmnis, so Stefan Borrmann vom städtischen Amt für Hochbau und Immobilienverwaltung.
Ein hoher Zaun komme allerdings aus denkmalschutzrechtlichen Gründen nicht infrage, so die Stadt im vergangenen Jahr. Eine komplette Einhausung sei ebenfalls in Erwägung gezogen, aufgrund des fragwürdigen Erfolgs aber wieder verworfen worden.
Den Neustädter Markt komplett per Videokameras zu überwachen, könnte möglicherweise helfen, die Täter abzuschrecken oder im Nachhinein ausfindig zu machen. Doch auch hier gibt es Gegenargumente. Denn einerseits würde der Datenschutz der Überwachung des öffentlichen Raums entgegenstehen. Andererseits müsste die Beleuchtung des Neustädter Marktes nachts derart verstärkt werden, damit man auf den Kamerabildern etwas erkennt, dass die Anwohner in ihrer Wohnung Zeitung lesen könnten. Übrig bleibt der Appell an die Passanten, mehr Acht auf das inzwischen fast 300 Jahre alte Denkmal zu geben, so Borrmann.
Reiter-Sockel hat nun helle Flecken
Enthüllt wurde das Reiterstandbild am 26. November 1736. Kunstkanonenschmied Ludwig Wiedemann hatte es gegossen. 1884 wurde das Denkmal zum ersten Mal restauriert und der Sockel nach einem Entwurf von Konstantin Lipsius mit einer lateinischen Inschrift versehen. Die letzte große Frischekur liegt inzwischen 16 Jahre zurück. Im Jahr 2001 entdeckten Denkmalschützer, dass braune Rostflüssigkeit aus dem Goldenen Reiter tropft. Schnell war klar: August muss vom Sockel. Ein internationales Expertengremium wurde beauftragt, ein Konzept zu erarbeiten.
Die Ottendorfer Firma Fuchs und Girke nahm die beiden goldenen Figuren schließlich mit in ihre Werkstatt, entfernte das alte Blattgold, beseitigte Risse in der Kupferhaut, brachte neue Grundierungen auf und zu guter Letzt 500 Gramm frisches Blattgold. Um die 30 Jahre sollte sie halten, hieß es nach der Restaurierung, die 140.000 Euro kostete und gut eineinhalb Jahre dauerte. Zuvor war das Denkmal fast 40 Jahre ohne neue Goldschicht ausgekommen.
Die Experten von Fuchs und Girke sind auch diesmal wieder mit dabei, um den Goldenen Reiter zu restaurieren und die Vergoldung zu überarbeiten. Da die herausgebrochenen Fragmente der Sandsteinkrone nicht wiederverwendbar sind, musste neuer Sandstein eingefügt werden. Dieser hebt sich nun farblich stark von dem bereits verwitterten Sandstein an. Er ist deutlich heller.
Angriffe auf den Goldenen Reiter - eine Chronik