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Dynamos Gewinner nach der Winterpause

Alle reden über die Neuzugänge. Dabei steht auch Sascha Horvath wie kaum ein anderer für den Aufschwung. Den Vertrag für die 3. Liga braucht er nicht.

Von Sven Geisler
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Sascha Horvath sieht seine Zukunft bei Dynamo in Dresden - und hat davon klare Vorstellungen.
Sascha Horvath sieht seine Zukunft bei Dynamo in Dresden - und hat davon klare Vorstellungen. © Foto: Ronald Bonß

Plötzlich allein in Dresden. Sascha Horvath sind bei Dynamo während der Winterpause seine Landsleute abhanden gekommen. Patrick Möschl wechselte zum 1. FC Magdeburg, Matthäus Taferner kehrte zumindest für ein halbes Jahr zu Wacker Innsbruck zurück. "Natürlich hätte ich gerne ein paar mehr Österreicher hier", sagt Horvath und lacht. Einsam fühlt er sich deshalb jedoch nicht. "Ich verstehe mich mit allen sehr gut und glaube, mich mögen auch alle."

Der gerade mal wieder viel beschworene Zusammenhalt stimmt also auch in der Mannschaft, aber das war sowieso nicht das Problem. Zumindest meint Horvath, die Stimmung sei auch im tristen Herbst gut gewesen, nur eben mit den Negativerlebnissen immer mehr das Selbstvertrauen flöten gegangen. "Das ist schwer für den Kopf." Und das galt auch für ihn, zumal er sich im DFB-Pokalspiel gegen Hertha BSC einen knöchernen Strecksehnenausriss im linken Zeigefinger zugezogen hatte. Das ist so schmerzhaft, wie es klingt. Als er wieder einsatzbereit war, war ein neuer Trainer da.

Markus Kauczinski ist bereits sein vierter Chefcoach bei Dynamo. Zur Saison 2017/18 kam Horvath vom österreichischen Erstligisten Sturm Graz nach Dresden: als hochveranlagter Juniorennationalspieler mit großem Entwicklungspotenzial. Das bescheinigte Sportgeschäftsführer Ralf Minge dem damals 20-Jährigen, und der damalige Trainer Uwe Neuhaus prophezeite, man werde noch viel Freude an ihm haben. Trotzdem zweifelte mancher daran, dass sich der nur 1,67 Meter kleine Dribbler in der zweiten Liga in Deutschland durchsetzen kann, darunter auch sein zweiter Trainer. Bei Maik Walpurgis war Horvath außen vor, es habe "halt nicht gepasst", hakt er diese Zeit ab.

Gestärkt zurück aus der Heimat

Er ließ sich deshalb für die Rückrunde 2019 in die Heimat nach Innsbruck ausleihen, ein Schritt zurück, der ihn entscheidend nach vorn bringen sollte. "Dort hatte ich einen anderen Stellenwert, war einer, der führen musste", sagt Horvath. Mit dieser Erfahrung sowie einem Tor und zwei Vorlagen bei der U21-EM kam er vorigen Sommer gestärkt zurück, war bei Cristian Fiel gesetzt. Der nächste Trainer, die nächste Spielidee. Er sieht das nicht negativ. "Als  junger Spieler kann man eine Menge lernen, verschiedene Systeme, mal offensiver, mal defensiver. Das bringt einen weiter."

Doch es scheint, so weit, wie jetzt unter Kauczinski, hat er es bisher nicht gebracht. Es sind eben nicht nur die Neuzugänge, die für den ersten Aufschwung stehen, sondern auch Spieler wie Horvath. Für einen kommt dessen Leistungssteigerung nicht überraschend: den Trainer. "Das habe ich vorher gesehen, dass er ein richtiges Talent ist", sagt Kauczinski. Das war, was Horvaths offensive Qualitäten betrifft, unbestritten. Was ihm jedoch bisher zu fehlen schien, war die nötige Robustheit im Zweikampf.

Sascha Horvath scheut keinen Zweikampf - wie hier in Osnabrück gegen Kevin Wolze (l.)
Sascha Horvath scheut keinen Zweikampf - wie hier in Osnabrück gegen Kevin Wolze (l.) © dpa/Friso Gentsch

Die Arbeit im Kraftraum zahlt sich aus, aber allein die Muskelmasse ist es nicht. Vielmehr ein Paket: das System, die Position, die Aufgabe. "Jede Balleroberung gibt Selbstvertrauen, weil man merkt, man ist drin im Spiel. Das macht schon Spaß." Verbunden mit einem hohen Laufaufwand, aber der juckt den Tempomacher nicht. "Laufen konnte ich schon immer", meint er. "Das habe ich anscheinend von meinem Vater mitbekommen. Der geht jeden Tag in der Früh joggen, ist eine kleine Maschine. Wenn ich mit ihm laufen würde, rennt er mir davon."

Roman Horvath hat einst beim SV Matersburg gespielt, wenngleich nicht in der ersten Liga. "Eines meiner ersten Wörter war ,Ball‘. Ich habe immer ‚Ball, Ball‘ geschrien, und mein Vater hat sich mit mir hingesetzt und mir den Ball zugeworfen, bis ich müde geworden bin", erzählte Sascha Horvath im Interview mit dem Stadionmagazin Kreisel. Doch was er vor Weihnachten bei Dynamo erlebte, war kein Kinderspiel. Die Fans wandten sich ab, beschimpften die Profis.

Ein "geiles Erlebnis" im K-Block

Vor dem Neustart Ende Januar kamen dann rund 3.000 Fans zum Training, um sich mit der Mannschaft auf das gemeinsame Motto einzuschwören: Wir. Zusammen. Jetzt. Horvath hat mit den emotionalen Ausschlägen kein Problem. "Das ist der Fußball, das macht ihn aus." Im K-Block zu stehen, das Spielfeld mal aus der anderen Perspektive zu sehen und die Atmosphäre zumindest ansatzweise zu spüren, sei "ein geiles Erlebnis" gewesen. "Es hat uns einen Schub gegeben." Als Druck empfindet er diese besonders demonstrative Unterstützung nicht, beteuert er: "Es ist ein gutes Gefühl, zu sehen: Okay, die Fans stehen weiter hinter uns, wollen das Ziel mit uns gemeinsam schaffen."

Mit 1,67 Meter ist Sascha Horvath (r.) eher klein, aber er fürchtet sich nicht vor den größeren Gegenspielern wie den 1,86 Meter großen Dirk Carlson vom Karlsruher SC. 
Mit 1,67 Meter ist Sascha Horvath (r.) eher klein, aber er fürchtet sich nicht vor den größeren Gegenspielern wie den 1,86 Meter großen Dirk Carlson vom Karlsruher SC.  ©  dpa/Robert Michael

Mit dem 1:0-Heimsieg gegen Karlsruhe direkt danach und dem torlosen Unentschieden in Heidenheim ist ein Anfang gemacht. Horvath hält den Ball flach: "Nur, weil wir vier Punkte geholt haben aus den ersten beiden Spielen, sind wir nicht gleich die Überflieger. Wir stehen weiter ganz unten und wissen, dass wir noch harte Arbeit vor uns haben." Die nächste Herausforderung ist das Heimspiel am Freitagabend gegen Darmstadt, einen Gegner, der nach zuletzt fünf Unentschieden in Folge zu den erreichbaren Konkurrenten im Kampf um den Klassenerhalt zählt.

Horvath gehört zu den Spielern, die für die nächste Saison auch einen gültigen Drittliga-Vertrag haben. "Meine Zukunft ist bei Dynamo Dresden", sagt er - und die ist ihm erst einmal auch wichtiger als eine Karriere in der Nationalmannschaft. Seine Zeit in der Nachwuchsauswahl ist vorbei, bisher hat ihn Bundestrainer Franco Foda nicht kontaktiert. "Es ist mir nicht egal", meint Horvath, "aber ich will hier das Ziel schaffen, über alles andere mache ich mir keine Gedanken."

Ein möglicher Abstieg kommt in seinen Überlegungen jedenfalls nicht vor. "Ich glaube fest daran, dass wir es schaffen. Die Mannschaft hat - auch durch die Neuzugänge - absolut die Qualität." Seinen Kumpel Möschl würde er schon gerne wiedersehen, aber eben nicht in der nächsten Saison als Gegenspieler bei Magdeburg. "Es sei denn, sie steigen auf. Wir gehen auf keinen Fall runter." Das ist nicht nur eine Ansage, sondern die Überzeugung - widerbelebt durch mutige Auftritte wie die von Sascha Horvath.