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Görlitzer Tänzer sind mit der Welt verbunden

Sie sind in den USA, Japan und vielen anderen Ländern zu Hause. Für sie ist die Trennung von ihren Familien jetzt besonders schwer.

Von Ines Eifler
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Bereits vor einiger Zeit inszenierte das Görlitzer Tanztheater ein Stück mit Mundschutz. In der nächsten Spielzeit wird es in einem Stück um soziale Distanz gehen.
Bereits vor einiger Zeit inszenierte das Görlitzer Tanztheater ein Stück mit Mundschutz. In der nächsten Spielzeit wird es in einem Stück um soziale Distanz gehen. © Pawel Sosnowski

Am 29. April steht die Tanzcompany des Gerhart-Hauptmann-Theaters normalerweise auf der Bühne. Denn dann ist Welttag des Tanzes, dann geben die Tänzer eine Vorstellung oder eine Kostprobe der nächsten Inszenierung für den Theater- und Musikverein. In diesem Jahr aber haben sie wegen der Corona-Pandemie genau wie die Musiker, Schauspieler und Sänger des Theaters nichts zu tun. Und genau wie ihre Kollegen aus den anderen Sparten sind auch alle aktiven Tänzer in Görlitz geblieben. 

Täglich telefonieren in die Heimat

Vielleicht keine Görlitzer Gruppe ist zurzeit so mit der ganzen Welt verbunden wie die Tanzcompany, deren Mitglieder neben Deutschland aus den USA, aus Japan, Israel, Italien, Frankreich, Spanien, Großbritannien und Griechenland kommen. „Ich fühle mich meinen Freunden und meiner Familie jetzt so nahe wie noch nie und telefoniere täglich mit ihnen“, sagt Nami Miwa, die in Japan und in den USA zu Hause ist. „Beide Länder gehen mit Corona sehr anders um als Deutschland, und in beiden Ländern läuft es nicht gut.“ Sie könne sich deshalb sehr glücklich schätzen, in Deutschland zu sein. 

Kontakt nach Italien

Auch der Tänzer Lorenzo Rispolano sagt, dass es ihm jetzt noch wichtiger sei als sonst, Kontakt zu seinen Verwandten in Italien zu halten. „Das ändert zwar nichts am Gefühl der Hilflosigkeit, aber man weiß, dass sie nicht allein sind und Verlass auf die Menschen in ihrer Nähe ist."

Bei den meisten Tänzern ist auch die Sorge um die Zukunft groß. „Viele kommen aus der freien Szene“, sagt Marko E. Weigert, der mit Dan Pelleg die Tanzcompany leitet, „und werden irgendwann auch wieder dahin zurückgehen.“ Die Festanstellung am Görlitzer Theater sei für die meisten nur eine Station auf ihrem beruflichen Weg. 

Vortanzen braucht Reisefreiheit

So sagt der britische Tänzer Harrison Claxton, er sei gelegentlich niedergeschlagen, wenn er an die Zukunft der freischaffenden Künstler denke, zu denen er bald wieder gehören könnte. „Für ein Vortanzen braucht es internationale Reisefreiheit“, sagt er. Und welche Nachwirkungen die soziale Distanz zwischen den Menschen in der Zukunft auf kulturelle Veranstaltungen haben werde, sei noch ungewiss. 

Fit durch Online-Tanztrainings

Trotz mancher Sorge nutzen die Görlitzer Tänzer die Corona-Zeit aber auch zur Selbstbesinnung, sind kreativ, halten sich mit Online-Tanztrainings fit oder verbessern ihre Deutschkenntnisse. Mehrere Tänzerinnen haben kleine Kinder. So sagt Mami Kawabata aus Japan, sie genieße es sehr, jetzt viel Zeit mit ihrem zweijährigen Sohn verbringen zu können. 

Mehr Zeit zum Dokumentieren

Die beiden Choreografen der Tanzcompany arbeiten genau wie bisher an Ideen für neue Produktionen oder dokumentieren bisherige Inszenierungen. "Aber wir können uns mehr Zeit dafür nehmen", sagt Marko E. Weigert. "Endlich komme ich dazu, die ganzen Videoaufnahmen unserer Company aus den vergangenen Jahren zu schneiden und zu archivieren." 

Stück über soziale Distanz

Die Idee, ein Tanzstück zum Thema soziale Distanz zu inszenieren, gebe es schon lange, sie sei nicht erst durch Corona entstanden. Bereits in „Ego versum“, das die letzte Tanzinszenierung in dieser Spielzeit gewesen wäre, sollte das Thema Abstand eine Rolle spielen.

„Aber nicht in Bezug auf Ansteckung“, sagt Dan Pelleg, „sondern auf die Vereinsamung der Menschen durch die Verlagerung ihrer Kontakte in die sozialen Netzwerke.“ Dieses Stück ist nun auf Oktober verschoben. Insgesamt sei die Stimmung in der Company gut. "Wir sind trotz Corona zuversichtlich", sagt Dan Pelleg. "Tänzer sind schließlich Frohnaturen."

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