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Politik in Sachsen – Die Morgenlage

+++ Kretschmer wehrt sich gegen Falschnachrichten +++ Schulen bekommen freie Hand +++ Hilbert teilt gegen Freistaat aus +++

Von Tobias Winzer
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Ministerpräsident Michael Kretschmer
Ministerpräsident Michael Kretschmer © dpa

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Guten Morgen,

ein bisschen wundert man sich, wie schnell die große, vielbeschworene Einigkeit von Bund und Ländern an der Virus-Front gerade vor sich hinbröckelt. Auch an diesem Mittwoch wird die Kanzlerin wieder per Video-Schalte die nächsten Schritte mit den Länder-Fürsten besprechen - und zumindest versuchen, sie auf eine nach außen hin irgendwie erkennbare Richtung zu bringen. In den vergangenen Wochen mit viel Ungewissheit war das Eins-Sein noch deutlich leichter gefallen. Doch jetzt, wo einige glauben, es hätte nie eine Krise gegeben und andere, sie wäre bereits völlig vorüber und der (Leidens-)Druck bei Familien und Wirtschaft steigt, wird der politische Zusammenhalt der Bundesländer eben brüchiger. Das ist so. Und das muss auch per se nicht nur etwas Schlimmes sein.

Nicht nur die Lage in Europa ist von Land zu Land extrem unterschiedlich, sondern auch innerhalb Deutschlands. Da wundert man sich über erste Landkreise, die sich bereits als "corona-frei" selbst bejubeln, während andere Bundesländer noch mehr zu kämpfen haben oder aus Angst vor einer zweiten Virus-Welle einfach noch vorsichtiger sein wollen. Da droht Nordrhein-Westfalen mit einem Alleingang bei der Kita-Öffnung. Und die Niedersachsen wollen die Gastronomie schon früher öffnen. Während in Sachsen-Anhalt sogar die strengen Kontaktbeschränkungen früher als überall sonst fallen sollen.

Die unterschiedliche Lage lässt jetzt eben auch wieder regional mehr Luft für Entscheidungen. Und das ist gut so. Nur eines sollte die Länder weiterhin verbinden: Jede Lockerung, jede Noch-Nicht-Lockerung muss in dieser Phase ebenso schlüssig und verständlich formuliert, begründet und vermittelt werden wie die Maßnahmen zum schrittweisen Herunterfahren vor anderthalb Monaten. Wer meint, darauf verzichten zu können, verspielt leichtfertig das Vertrauen in der Bevölkerung - und macht sie anfällig für Infektionen anderer Art.

Ihre Annette Binninger, Leiterin Politikredaktion sächsische.de

Die wichtigsten News am Morgen:

+++ Kretschmer: "Es wird keine Impfpflicht geben"

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat sich am Montagabend in einem Live-Gespräch auf Facebook gegen die Verbreitung von Falschnachrichten in der Coronakrise ausgesprochen. Beispielsweise würde sich das Gerücht halten, dass Menschen, die sich nicht gegen das Coronavirus impfen lassen werden, in ihren Grundrechten beschnitten werden. Das sei Unfug. "Es wird keine Impflicht geben, sollte ein Impfstoff gegen das Coronavirus entwickelt werden."

Kretschmer nannte außerdem Details zur Wiedereröffnung der Kitas. Man plädiere für Kleingruppen von maximal zehn Kindern und strikt voneinander getrennte Gruppen. Um alle Kinder aufnehmen zu können, sei eventuell ein Schichtsystem nötig. Das Konzept soll bis Mittwoch stehen und mit den anderen Länderchefs abgestimmt werden. Frühestens übernächste Woche könnten die Kitas dann schrittweise geöffnet werden.

In Sachen Tourismus machte sich Kretschmer für ein bundesweites Ampelsystem stark. Dies solle anzeigen, in welche Regionen man reisen könne und in welche nicht. Von Lockerungen profitieren würde auch Ex-Skispringer und Hotelier Jens Weißflog. Er beteuert: "Wir können alle Auflagen erfüllen." Gestern hat der sächsische Tourismusverband ein Konzept für den Neustart vorgelegt. Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit gibt es für einen Tourismuszweig die ersten Lockerungen, wie sächsische.de aus Niesky berichtet. Generell, so Kretschmer, wolle er von Einzellösungen bei den Lockerungen wegkommen. "Alles ist erlaubt, wenn es ein genehmigtes Hygienekonzept gibt. Das ist das Ziel." 

+++ Freistaat will Schulen selbst bestimmen lassen +++

Mit der Öffnung der Schulen für die Vorabschlussklassen geht der Freistaat morgen den zweiten Schritt Richtung Schulalltag. Wie Sachsens Kultusministerium gestern ankündigte, sollen die Schulen bei der Gestaltung des Unterricht in Corona-Zeiten weitgehend freie Hand bekommen. "Die Unterschiedlichkeit der konkreten Bedingungen an den Schulen ist so groß, dass letztlich nur vor Ort eine auf die Schule zugeschnittene Planung erfolgen kann", schrieb Ministeriumssprecher Dirk Reelfs am Montag im Blog des Kultusressorts. Die Anzahl und die Größe der zur Verfügung stehenden Räume gelte es ebenso zu beachten wie die Gegebenheiten der Schülerbeförderung, hieß es. Wie der Unterricht in Corona-Zeiten aussehen soll, hat Sächsische.de-Reporterin Andrea Schawe zusammengefasst.

Unterdessen hat sich ein Dresdner Väternetzwerk mit einem offenen Brief an die Stadt und das Land gewandt und gefordert, Familien stärker in den Mittelpunkt der Krisenbewältigung zu rücken. Ungerecht behandelt fühlen sich auch Lehramtsstudenten in Leipzig. Sie kritisieren, dass sie trotz geschlossener Bibliotheken nun ihre mündlichen Prüfungen ablegen müssen.

+++ Hilbert bleibt bei Kritik am Freistaat +++

Nachdem Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) die sachsenweiten Lockerungen der Corona-Regeln als "Harakiri" bezeichnet hat, wird der Rathauschef nun von der Dresdner CDU kritisiert. Dresdens CDU-Chef Markus Reichel sagte, Hilbert sei "offensichtlich überfordert". "Dass der Oberbürgermeister das Vorgehen des Freistaates als Harakiri bezeichnet, ist nicht nur eine unnötige verbale Entgleisung. Es zeigt zum wiederholten Mal, dass er sich in der aktuellen Krise nicht der Verantwortung seines Amtes bewusst ist." Reichel wirft Hilbert ein Handeln vor, das negative Auswirkungen auf den gesamten Freistaat hätten. Im Interview mit saechsische.de weist Hilbert die Vorwürfe zurück und sagt: "Ich habe der Landes-Koalition den Hintern gerettet."

Unterdessen hat Dresden eine erste Größenordnung genannt, was die Corona-Krise die Stadt kosten wird. Finanzbürgermeister Peter Lames (SPD) rechnet mit Einnahmeausfällen und Mehrausgaben von rund einer Milliarde Euro bis 2023. Wie er auf diese Zahl kommt, berichtet Sächsische.de-Reporter Andreas Weller.


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