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"Ehrlichkeit ist mir wichtig"

Der Riesaer Uwe Enge will für die Liberalkonservativen Reformer in den Bundestag. In eine Schublade möchte er sich nicht einsortieren lassen.

Von Stefan Lehmann
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Uwe Enge in seinem Garten in Riesa. Die Gartenbahn im Hintergrund ist eins seiner großen Hobbys.
Uwe Enge in seinem Garten in Riesa. Die Gartenbahn im Hintergrund ist eins seiner großen Hobbys. © Sebastian Schultz

Riesa. Von der überdachten Terrasse hinter seinem Haus hat Uwe Enge die Gartenbahn im Blick. Seit 2002 wächst die Anlage, nimmt mittlerweile einen guten Teil seines Gartens im Riesaer Stadtteil Gröba ein. Die Bahn war so eine fixe Idee, erzählt Uwe Enge und schmunzelt. Seine beiden Töchter hätten, kurz bevor sie das Haus verließen, gesagt: Wir hatten eine schöne Kindheit, aber nie eine Modelleisenbahn. Die schaffte er kurzerhand fürs letzte Familien-Weihnachtsfest an, bevor beide ins Ausland gingen. "Daraus wurde ein Virus", sagt Uwe Enge.

In diesem Jahr wird es aber wohl keinen neuen Wagen für die Bahn geben. Das Geld fließt in den Wahlkampf. Vor Uwe Enge liegen die Flyer, der Riesaer tritt im Bundestagswahlkampf für die Liberalkonservativen Reformer (LKR) an. Die Partei war 2015 unter dem Namen Alfa von Bernd Lucke gegründet worden, nachdem er mit der AfD gebrochen hatte. In Sachsen hat die Partei etwa 30 Mitglieder, vier Kandidaten wollen für die LKR in den Bundestag.

Uwe Enges Entschluss, in der Politik mitzumischen, sei erst im Coronajahr gefallen, sagt er. "Ich war und bin der Meinung, dass diesbezüglich nicht ehrlich mit den Menschen umgegangen wird." Er meint damit nicht, dass es Corona nicht gibt, betont Enge. Seine Eltern, die direkt nebenan wohnen, seien erkrankt gewesen, auch durchaus schwer. Er selbst habe ebenfalls Antikörper gehabt, sei mittlerweile geimpft.

Was ihn ärgert, das ist die Art und Weise, wie politische Entscheidungen erklärt und gerechtfertigt werden. "Ich habe das Gefühl, die Politik hat sich verrannt und kommt da nicht mehr raus." Keiner traue sich, Fehler zuzugeben oder zu korrigieren. "Das Thema Ehrlichkeit ist mir wichtig. Warum sagt man nicht: Corona ist eine schwere Krankheit, aber ihr habt die Möglichkeit, euch impfen zu lassen?" Wer sich nicht selbst impfen lasse, der trage eben persönlich die Risiken.

"Wir brauchen doch jede grüne Wiese"

Mit der LKR habe er letztlich die größte Schnittmenge. "Ich bin liberaler Stammwähler", erklärt Uwe Enge. "Aber die FDP ist raus, seit der Sache in Thüringen." Er habe den Umgang mit Kemmerich damals nicht in Ordnung gefunden, sagt Enge. Die Freien Wähler wären auch infrage gekommen, "aber die gendern". Und die AfD stehe zu weit rechts. Das zeigt sich etwa deutlich in der Asylfrage. 2015 habe ihn noch nicht so polarisiert. Der 59-Jährige plädiert dafür, straffällige Asylbewerber strikt abzuschieben. Aber wer sich integrieren wolle, der könne doch bleiben. Ähnlich differenziert Uwe Enge in Fragen der Energiepolitik. Er hat eine Solaranlage auf dem Dach - wo sie seiner Ansicht nach hingehören. "Es kann nicht sein, dass für Solarparks Flächen versiegelt werden. Wir brauchen doch jede grüne Wiese!" Schwarz-Weiß-Denken ist ihm zuwider, das macht der Riesaer deutlich.

Beruflich war Uwe Enge längere Zeit für Renault Deutschland unterwegs, in erster Linie in den neuen Bundesländern. "Ich habe da die Händler betreut in Sachen Werkstätten und Qualität." Später wechselte der Verwaltungswirt (VWA) zur Stadt Dresden, für die er heute Prozessoptimierung betreibt. Womöglich denkt er deshalb auch darüber nach, wie die Bundespolitik Kosten vermeiden könnte: Der doppelte Regierungssitz Bonn-Berlin gehöre abgeschafft, der Bundestag sollte verkleinert werden, sagt Uwe Enge. "Deutschland hat kein Geld-, sondern ein Ausgabeproblem. Das ist zu viel Gießkanne, zu wenig zielgerichtet." Auch an die staatliche Parteienfinanzierung will er ran. Parteien sollten sich über Spenden und Mitglieder finanzieren, mehr nicht, sagt Uwe Enge.

Die LKR trat bei der jüngsten Bundestagswahl nicht an, bei der Europawahl kam sie auf 0,1 Prozent der Stimmen. Uwe Enge ficht das nicht an. Die nötigen 65 Unterschriften hatte er zügig beisammen. "In den Gesprächen bemerkt man: Einigen Leuten fehlt da was im politischen Spektrum." Wenn er 100, 200 Leute zum Nachdenken bekomme, sei das doch schon ein Gewinn für die Demokratie. Ein Platz im gesunden Mittelfeld würde ihm aber schon gefallen, sagt er.