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Sachsens Innenminister schockiert über AfD-Treffen mit Neonazis

Ein Treffen von AfD-Mitgliedern mit Rechtsextremen erinnert Sachsens Innenminister Armin Schuster an den "dunkelsten Teil" deutscher Geschichte. Ein AfD-Verbot sieht er dennoch skeptisch - und ist damit nicht allein.

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Sachsens Innenminister Armin Schuster
Sachsens Innenminister Armin Schuster © Archivbild: dpa/Hendrik Schmidt

Dresden. Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) zeigt sich nach dem mutmaßlichen Geheimtreffen von Neonazis, Unternehmern und AfD-Mitgliedern Ende 2023 schockiert. "Ich habe mich an den dunkelsten Teil unserer jüngeren Geschichte erinnert gefühlt", sagte Schuster am Donnerstag dem MDR. In der Runde seien "im Prinzip Deportationen nach Afrika" besprochen worden.

Dies sei zumindest der Plan derer, die da saßen, sagte der CDU-Politiker. Auch wenn es nur wenige AfD-Mitglieder sind, die beteiligt gewesen sein sollen, seien "solche Vorgänge extrem bedeutsam" und könnten Rückschlüsse auf die Partei geben.

Ende 2023 Jahres hatten sich nach Recherchen hochrangige Politiker der AfD, Unternehmer und Rechtsextreme im Potsdam getroffen, um die "Remigration" und damit die Vertreibung von Millionen Menschen aus Deutschland zu besprechen. Von dem Geheimplan hatte das Recherchenetzwerk "Correctiv" berichtet. Ein Konzept zur Vertreibung soll bei dem Treffen der österreichische Rechtsextremist Martin Sellner vorgestellt haben. An der Veranstaltung sollen auch zwei Vertreterinnen der CDU-nahen "Werteunion" teilgenommen haben, jener Vereinigung, aus der Ex-Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen eine Partei machen will.

SPD-Chef zu AfD-Treffen: "Das ist purer Faschismus"

Auch die sächsische SPD und die Grünen reagierten am Donnerstag auf die Recherchen. "Spätestens jetzt kann niemand mehr sagen, man hätte es nicht gewusst: die AfD steht nicht nur für rechtsextremes Gedankengut, sie will auch Taten folgen lassen", sagt Sachsen Grünen-Parteichefin Christin Furtenbacher laut einer Mitteilung. Neu an der Correctiv-Recherche sei die Klarheit, mit der sie die menschenverachtenden Pläne der AfD und ihrer Verbündeten benenne. Es gehe um nichts Geringeres, als die Vertreibung von Millionen von deutschen Staatsbürgern, die nicht in das Weltbild der Partei passten.

Sachsens SPD-Chef Henning Homann sagt: "Dieses Treffen von AfD-Funktionären und anderen Rechtsextremisten zeigt eines ganz deutlich: Die Gefahr von rechts ist real! Niemand kann mehr behaupten, er hätte es nicht gewusst. Die in dieser Brandenburger Runde besprochenen Inhalte sind nichts anderes als purer Faschismus." Homann verweist auch auf Verbindungen zur Sachsen-AfD. Die AfD-Landtagsfraktion hat demnach für Montag Ulrich Vosgerau als Sachverständigen zu einer Anhörung im Landtag eingeladen. Es geht dabei um das "Gesetz zur Förderung der Integration und Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund im Freistaat Sachsen". Vosgerau hat am Treffen der Rechtsextremisten in Brandenburg teilgenommen und einen Redebeitrag gehalten.

Mit Blick auf ein AfD-Verbotsverfahren ist Sachsens Innenminister Schuster allerdings zurückhaltend. Das sei eine Rechtsfrage, die konsequent abzuarbeiten sei, sagte er dem MDR. Er werde sich dazu öffentlich nicht äußern.

Umfrage: Im Osten weniger Befürworter für AfD-Verbot

Allein ist Schuster mit seiner Skepsis eines AfD-Verbots nicht, denn einer neuer Umfrage zufolge spaltet die Haltung zu einem solchen Verfahren die Deutschen: 42 Prozent würden eine Verfahrenseinleitung befürworten, 42 Prozent sprechen sich dagegen aus, wie das Markt- und Meinungsforschungsinstitut Ipsos am Donnerstag in Hamburg mitteilte. Deutliche Unterschiede existieren dabei zwischen West- und Ostdeutschland: Während im Westen 45 Prozent der Befragten für ein Verfahren und 40 Prozent dagegen sind, plädieren im Osten lediglich 32 Prozent für ein AfD-Verbotsverfahren, 51 Prozent sind dagegen.

Am größten ist der Zuspruch für ein AfD-Verbotsverfahren der Umfrage zufolge bei der Anhängerschaft der Grünen: 71 Prozent von ihnen sprechen sich für, 19 Prozent gegen ein Verfahren aus. Es folgen SPD-Anhänger (64 Prozent dafür, 26 Prozent dagegen) und Linke-Anhänger (63 Prozent dafür, 29 Prozent dagegen).

Auch innerhalb der CDU/CSU-Anhängerschaft sprechen sich mehr als die Hälfte der Befragten für ein Verbotsverfahren aus (53 Prozent dafür, 38 Prozent dagegen). Innerhalb der FDP-Anhängerschaft sind 46 Prozent für und 41 Prozent gegen ein Verfahren. Unter AfD-Anhängern sprechen sich drei Prozent für ein AfD-Verbotsverfahren aus, 95 Prozent sind dagegen.

Ipsos führte die quotierte Online-Befragung von 2.000 Wahlberechtigten zwischen 18 und 75 Jahren in Deutschland in der Zeit vom 5. bis 7. Januar 2024 und damit noch vor Bekanntwerden des Geheimtreffens der Rechten durch, repräsentativ gewichtet nach Alter, Geschlecht, Bildung, Region und Wahlverhalten bei der jüngsten Bundestagswahl. (SZ/epd)