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Sächsischer Landtagspolitiker Roland Ulbrich tritt aus der AfD-Fraktion aus

Der Leipziger AfD-Landtagsabgeordnete Roland Ulbrich verabschiedet sich aus der Fraktion. Angeblich freiwillig. Tatsächlich? Zu den Details des Austritts schweigt die Partei.

Von Annette Binninger & Ulrich Wolf
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Der sächsische Politiker Roland Ulbrich ist "aus eigenem Entschluss" aus der AfD-Fraktion ausgetreten.
Der sächsische Politiker Roland Ulbrich ist "aus eigenem Entschluss" aus der AfD-Fraktion ausgetreten. ©   dpa/Robert Michael

Dresden/Leipzig. Der sächsische Landtagsabgeordnete Roland Ulbrich ist "aus eigenem Entschluss" aus der AfD-Fraktion ausgeschieden. Das teilte die Partei am Mittwoch mit. Zuvor war er von seinem Amt als Vizepräsident des AfD-Bundesschiedsgerichtes, das er seit 2022 innehatte, zurückgetreten. Der Bundesverband der Partei teilte mit, er übernehme damit die "Verantwortung für den Inhalt eines Eilbeschlusses" des Gremiums. Aus diesem könne sich der Eindruck ergeben, er "mache sich mit seiner Rechtsprechung eine Begrifflichkeit und einen Rechtssatz des Nationalsozialismus zu eigen".

Zu den genauen Hintergründen äußerte sich die AfD weder in Dresden noch in Berlin näher. Man sei zum Handeln gezwungen, hieß es lediglich. Sachsens AfD-Generalsekretär Jan Zwerg mit. teilte mit, die AfD stehe fest auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Jeder, der sich extremistisch äußere "– ganz gleich, ob rechts- oder linksextremistisch –", schade der AfD massiv.

Nach übereinstimmenden Medienberichten soll Ulbrich sich bei einem Schiedsspruch auf die Nürnberger Rassegesetze bezogen haben. So heißt es bei Tag24, eine polnisch-stämmige AfD-Politikerin habe ihre digitale Urlaubskarte mit #arisch gekennzeichnet, sei aber trotzdem nicht aus der Partei ausgeschlossen worden, da der Jurist Ulbrich im Schiedsgericht dem widersprochen habe.

Ulbrich soll sogar aus der Partei geworfen werden

Die Absicht, den Leipziger Rechtsanwalt aus der Landtagsfraktion ausschließen zu wollen, hatte die AfD bereits am Montag bekanntgegeben. Ulbrich habe "in schwerwiegender Weise gegen die Parteigrundsätze verstoßen", hieß es. Dem kam er mit seinem Austritt zuvor. Sachsens AfD-Fraktions- und Parteichef Jörg Urban ergänzte, man habe sich zudem mit dem Bundesvorstand geeinigt, ein Parteiausschluss-Verfahren gegen Ulbrich zu beantragen. Sollten sich die Vorwürfe gegen ihn bestätigen, werde das AfD-Schiedsgericht diesem Antrag sicherlich folgen.

Auf seiner Facebook-Seite teilt Ulbrich einen Post, der auf einen parteiinternen Streit hinweist. Der Post nimmt Bezug auf die Aufforderung des AfD-Bundesvorstands an den Landesvorstand in Bayern, ein Parteiausschluss-Verfahren gegen den ebenfalls umstrittenen Landtagsabgeordneten Daniel Halemba einzuleiten. Der Verfasser des von Ulbrich geteilten Posts wertet dieses Ansinnen als "Kriegserklärung gegen den gesamten rechten Flügel" in der AfD.

Ulbrich, Jahrgang 1961, ist Fachanwalt für Strafrecht und sitzt seit 2019 für die AfD im Landtag. Der gebürtige Düsseldorfer hat seit 1992 eine Kanzlei in Leipzig hat und ist seit 2013 Mitglied der AfD ist. Er war Vorsitzender der aufgelösten Patriotischen Plattform, aus der später die Bewegung "Der Flügel" um Thüringens AfD-Chef Björn Höcke wurde. Der Leitspruch auf Ulbrichs Facebook-Seite lautet: "Wir Deutsche fürchten Gott, aber sonst nichts in der Welt."

Der Jurist sitzt für die AfD im Stadtrat von Leipzig und will dort zur Kommunalwahl im Juni auch wieder dort antreten. Besonders problematisch für die Partei: Ulbrich war bereits Ende November 2023 im nordsächsischen Wahlkreis 33 einstimmig zum Direktkandidaten für die kommende Landtagswahl gewählt worden. Dabei hatte er einen Gesetzentwurf angekündigt, nachdem nur Deutsche in Sachsen ein umfassendes Demonstrationsrecht haben sollten. Denn laut Grundgesetz sei die Versammlungsfreiheit ein "Deutschengrundrecht". Ob Ulbrich Anfang September noch auf dem Wahlzettel stehen wird, ist derzeit unklar.

Urban beschreibt die Personalie Ulbrich als einen Einzelfall. "Wir haben keine Extremisten in unseren Reihen. Und wenn der Verdacht besteht, dann setzen wir uns damit auseinander. Das machen wir gerade in dem Fall Roland Ulbrich sehr intensiv", sagte er. Das sächsische Landesamt für Verfassungsschutz hat den Landesverband der Partei als "gesichert rechtsextremistisch" eingestuft.

Der Parteichef sah auch keinen Bedarf, das Prozedere für eine Aufnahme in die AfD zu ändern. "Ich glaube, wir prüfen unsere Mitgliederaufnahme viel intensiver als andere Parteien, gerade was die vorherige Mitgliedschaft in gewissen Vereinigungen anbelangt." Es ließe sich aber nie ganz verhindern, dass man erst hinterher merke, wenn jemand nicht mit den Parteigrundsätzen einhergehende Ansichten vertrete. "Wichtig ist, dass man dann eben reagiert, wenn so etwas auftaucht."

Ulbrich fällt nicht erstmals als Extremist auf

Die sächsische AfD-Spitze hatte bereits im Herbst 2019 mögliche parteirechtliche Schritte gegen Ulbrich geprüft. Anlass war damals ein Tweet des Anwalts nach dem Anschlag auf die Synagoge in Halle. Damals hatte die Eingangstür an der Synagoge ein Massaker an der dort versammelten jüdischen Gemeinde verhindert. Zwei Menschen wurden außerhalb erschossen. "Was ist schlimmer, eine beschädigte Synagogentür oder zwei getötete Deutsche?", hatte Ulbrich damals zynisch gefragt.

Die Linksfraktion im Landtag reagierte zurückhaltend auf den geplanten Ausschluss: "Die Hintergründe sind noch unbekannt, aber klar ist: Roland Ulbrich durfte sehr lange Teil der AfD sein, obwohl er sein Weltbild schon lange mit vielen widerlichen Äußerungen gezeigt hat." Linken-Fraktionschef Rico Gebhardt betonte, noch vor einer Woche sei Ulbrich als Ausschussvorsitzender für einen Untersuchungsausschuss vorgeschlagen worden. "Es gibt vielfältige rechtsextreme Aussagen, die man seit Jahren von ihm liest oder hört. Hat die AfD jetzt doch Angst vor einem Verbotsverfahren?"

SPD-Fraktionschef Dirk Panter kritisierte auf X , die AfD versuche, "mit einem Bauernopfer davon abzulenken, wie sehr sie mit Nazis durchsetzt ist". Ulbrich sei für seine rechtsextremen Äußerungen bekannt. "Und jahrelang war das für die AfD kein Problem. Im Gegenteil." (mit dpa)