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Dresdner OB-Wahlkampf: "Ich will weitere Flaniermeilen prüfen und einrichten lassen"

Am 10. Juli entscheidet sich, wer bis 2029 Oberbürgermeister von Dresden sein wird. Was haben die beiden Spitzenkandidaten mit der Innenstadt vor? Werden Autos ausgesperrt?

Von Sandro Pohl-Rahrisch & Dirk Hein
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Bleibt die Innenstadt auch voll, falls Autos draußen bleiben müssen? Das Thema wird im OB-Wahlkampf diskutiert.
Bleibt die Innenstadt auch voll, falls Autos draußen bleiben müssen? Das Thema wird im OB-Wahlkampf diskutiert. © Christian Juppe

Dresden. Verkehr, Klima und Innenstadtentwicklung sind zentrale Punkte im OB-Wahlkampf, der am 10. Juli im zweiten Wahlgang entschieden wird. Doch was hilft der City mehr: günstige Parkplätze und viele Autos oder freie Straßen und volle Flaniermeilen? Und was sagen die drei verbliebenen wichtigsten Kandidaten? Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Zukunft der Autos in der Innenstadt:

Wie viele Autofahrer steuern das Zentrum an?

Die Innenstadt ist vergleichsweise häufig das Ziel von Autofahrern. Knapp 16 Prozent der insgesamt 146.000 erfassten Fahrten, die 2021 wochentags und tagsüber in Dresden endeten, hatten die Innere Altstadt oder die östliche Seevorstadt mit der Prager Straße zum Ziel. Das geht aus Verkehrsdaten des Navigationssoftware-Entwicklers Tomtom hervor. Erfasst wurden Fahrten zwischen dem 8. Januar und dem 8. Dezember des vergangenen Jahres, jeweils montags bis freitags von 9 bis 16 Uhr.

Woher kommen die Autofahrer?

Beispiel Innere Altstadt: Die überwiegende Mehrheit der Trips in die Altstadt, 83 Prozent der erfassten Fahrten, hat 2021 in Dresden begonnen. Wobei jede fünfte dieser Fahrten nicht nur in der Altstadt endete, sondern dort auch begann. Dabei kann es sich um die morgendliche Fahrt zum Bäcker handeln, wenngleich Autofahrer in diesem Fall zu Fuß wohl schneller am Ziel sein dürften als mit dem Pkw. Auch ambulante Pflegedienste, die von Patienten zu Patienten fahren und über ein Navigationsgerät Verkehrsdaten senden, werden hier mitgezählt.

Wie oft wird das Auto für Fahrten vom Stadtrand ins Zentrum genutzt?

Elf Prozent der innerstädtischen Altstadt-Fahrten begannen in Stadtteilen, deren Grenze gleichzeitig die Dresdner Stadtgrenze bildet. In einigen Fällen ist das ÖPNV-Angebot dort nicht mehr ganz so dicht, Fahrten mit dem Bus ins Zentrum dauern unter Umständen relativ lange. Besonders viele Fahrten ins Zentrum starteten in Lockwitz, gefolgt von Leubnitz-Neuostra, Kaditz und den Ortschaften Cossebaude/Mobschatz/Oberwartha.

Wie hat sich die Parksituation verändert?

In der Innenstadt (Tarifzone 1 und 2) sind in den letzten zehn Jahren rund 940 Pkw-Parkplätze weggefallen. Allein die Umgestaltung des Freiberger Platzes und des Terrassenufers haben 140 Stellflächen gekostet. Neue Abstellflächen (insgesamt 454) sind fast nur in Parkhäusern entstanden. Das ergab die Antwort auf eine Anfrage von AfD-Stadtrat Heiko Müller.

Aufgrund bestehender Stadtratsbeschlüsse werden in den nächsten Jahren weitere etwa 1.630 Stellplätze entfallen. Allein auf dem Ferdinandplatz werden 735 Stellflächen fehlen. Dort baut Dresden gerade ein neues Rathaus, ein weiteres ist in Planung. Im Gegenzug werden bei allen Projekten auch neue Stellflächen geschaffen. Wie viele genau, das ist laut Stadt aber noch unklar.

Was will OB Dirk Hilbert ändern?

Dirk Hilbert (FDP), der für die "Unabhängigen Bürger für Dresden" antritt, setzt große Hoffnung auf den technischen Fortschritt. "Vor 20 Jahren gab es noch keine Smartphones und heute sind sie aus unserem Lebensalltag nicht mehr wegzudenken", sagt er. "Die Entwicklung beim Autonomen Fahren wird in den nächsten Jahren genauso rasant verlaufen. Autos werden zukünftig zum Beispiel einfach abgestellt und fahren dann autonom in die Tiefgarage."

Immer dort, wo Straßen oder ganze Viertel neu gestaltet werden, müsse das bedacht werden. "Wir werden die neu entstehenden Stadtquartiere von Anfang an völlig anders aufbauen." Zudem solle vor allem dort neu gebaut werden, wo Dresden bereits über attraktive Verbindungen von Öffentlichen Verkehrsmitteln verfügt. Bei entsprechender ÖPNV-Infrastruktur könne man im Alltag auch weitgehend auf Autos verzichten.

Beispielsweise ein autofreies Terrassenufer auf Höhe der Brühlschen Terrasse lehnt Hilbert jedoch ab. "Es ist eine der Hauptverkehrsadern der Innenstadt und wird dies auch bleiben. Für große Festivitäten werden wir den Bereich aber auch in Zukunft autofrei gestalten." Kurzfristig soll der Verkehr in der Innenstadt ihm zufolge auf keiner weiteren Straße reduziert werden.

Das sind die Forderungen von Eva Jähnigen (Grüne)

Laut der OB-Kandidatin der Grünen sind zügige Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung und der Ausbau der Radinfrastruktur notwendig. Sie will bereits in den ersten 100 Tagen ihrer möglichen Amtszeit neue Radwege auf der Großen Meißner Straße veranlassen.

Zudem soll die St. Petersburger Straße aufgewertet und nicht mehr als reine Verkehrsachse betrachtet werden. "Durch die Reduzierung des Durchgangsverkehrs auf der Wilsdruffer Straße und dem Dr.-Külz-Ring entlasten wir die Innenstadt und schaffen mehr Raum für Begrünung und Aufenthaltsorte."

Jähnigen plant mehr autofreie Bereiche. Nach den guten Erfahrungen mit der nun autofreien Augustusbrücke wolle sie weitere Flaniermeilen prüfen und einrichten lassen – gegebenenfalls auch zeitweise. "Dazu bietet sich das Terrassenufer mit seiner wunderbaren Lage zwischen Neumarkt und Elbe als allererstes an."

So will Maximilian Krah (AfD) die City verändern

"Das Auto ist nach wie vor das wichtigste Fortbewegungsmittel der Dresdner. Eine autofreie Innenstadt erscheint nicht zuletzt wegen der Notwendigkeit von Lieferverkehr und dem Verkehrsbedürfnis der Anwohner vor Ort als unrealistisch", so der OB-Kandidat der AfD, der nach langem Zögern nun doch im zweiten Wahlgang antreten wird.

Dennoch solle in der Innenstadt "unnötiger Durchgangsverkehr auf ein Mindestmaß" reduziert werden. Ein autofreies Terrassenufer sei jedoch nicht realistisch. "Das Terrassenufer hat derzeit noch eine zu große Bedeutung für den Kfz-Verkehr, weshalb eine Sperrung länger als ein Wochenende mit der jetzigen Verkehrsinfrastruktur ohne Verkehrschaos nicht darstellbar ist."