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Rechte Störer: Auseinandersetzung am Rande der Heibo-Demonstration in Ottendorf-Okrilla

Etwa 230 Menschen hatten sich am Sonntag in Ottendorf-Okrilla versammelt, um für den Erhalt des Heidebogens zu demonstrieren. Wie die Demo ablief, wie groß die rechte Gegendemo war und was einige Ottendorfer sagen.

Von Verena Belzer
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Etwa 230 Frauen und Männer demonstrierten am Sonntag in Ottendorf-Okrilla für den Erhalt des Heidebogens in der Laußnitzer Heide.
Etwa 230 Frauen und Männer demonstrierten am Sonntag in Ottendorf-Okrilla für den Erhalt des Heidebogens in der Laußnitzer Heide. © www.loesel-photographie.de

Ottendorf-Okrilla. Schon seit über eineinhalb Jahren haben sich Aktivisten im Waldgebiet "Würschnitz" in der Laußnitzer Heide versammelt, um gegen den geplanten Kiesabbau und die damit verbundene Rodung der Bäume zu protestieren, und haben Baumhäuser errichtet - doch bis März muss die Rodung beendet sein, danach beginnt die sogenannte Schonzeit, in der keine Bäume mehr gefällt werden dürfen. Sächsische.de hat alle Fragen und Antworten rund um den "Heibo"-Protest hier beantwortet.

Und weil bis März nicht mehr viel Zeit ist, gehen die Waldbesetzer davon aus, dass die Räumung ihres Camps kurz bevorsteht - sie selbst vermuten, dass es sich nur noch um wenige Tage handelt.

Nun haben die Heibo-Aktivisten zu einer letzten Großdemo "gegen die Erweiterung des Kieswerkes Ottendorf-Orkrilla und für den Erhalt des Heidebogens" eingeladen - angemeldet hat die Demo die Linken-Abgeordnete im Sächsischen Landtag, Juliane Nagel.

Chemnitzer Rechtsextremist bei Gegendemo

Nach Polizeiangaben versammelten sich etwa 230 Frauen und Männer, die vom Bahnhof Ottendorf-Okrilla Nord ausgehend in Richtung des "Heibos" marschierten. Unter ihnen unter anderem Vertreter der Bürgerinitiative Würschnitz, die schon seit über 20 Jahren gegen den Kiesabbau in der Laußnitzer Heide protestieren und Mitglieder von "Parents for future" Dresden - aber auch viele junge Leute aus der Region, aus Leipzig oder aus Berlin.

Eine spontan angemeldete Versammlung aus dem rechten Milieu umfasste unterdessen etwa 15 Männer und Frauen, die auf derselben Route und unter dem Namen "Anti-Antifa" marschierten. Sie skandierten rechte Parolen und stammten eigenen Angaben zufolge aus "Ottendorf und Umgebung." Das jedenfalls traf jedoch nicht auf Michael Brück zu. Der bekannte Rechtsextremist kommt ursprünglich aus Düsseldorf, wohnt zwischenzeitlich aber in Chemnitz.

Seine Präsenz auf der Gegendemo sorgte dann auch für einigen Tumult am Rande des Demonstrationszuges. Nach Angaben der Polizei filmte oder fotografierte "ein 33-Jähriger" mehrere Teilnehmer der Heibo-Kundgebung. "Daraufhin kam es zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen dem 33-Jährigen und einigen Mitgliedern der Mahnwache, in dessen Mittelpunkt das Handy stand." Die Polizei habe Anzeige wegen versuchten Diebstahls gestellt, alles Weitere gelte es zu klären.

Die beiden Gruppen wurden nach dem Vorfall durch zwei Polizeibusse getrennt - die "Anti-Antifa"-Gegendemo beendete kurz darauf ihre Versammlung und machte sich zurück auf den Weg nach Ottendorf.

Start in Ottendorf-Okrilla Nord. Von hier aus liefen die Demonstranten in den Wald bis zum Camp der Waldbesetzer.
Start in Ottendorf-Okrilla Nord. Von hier aus liefen die Demonstranten in den Wald bis zum Camp der Waldbesetzer. © www.loesel-photographie.de
Heibo bleibt - diesen Slogan sah man auf der Demo vielfach. Die Waldbesetzer gehen davon aus, dass ihr Camp dennoch in den nächsten Tagen von der Polizei geräumt wird.
Heibo bleibt - diesen Slogan sah man auf der Demo vielfach. Die Waldbesetzer gehen davon aus, dass ihr Camp dennoch in den nächsten Tagen von der Polizei geräumt wird. © Matthias Rietschel/dpa
Etwa 120 Polizisten waren am Rande der Demo im Einsatz. Vor Ort hatte sich am Sonntag auch eine spontane Gegendemo aus dem rechten Milieu angemeldet, sie lief unter dem Namen "Anti-Antifa" die selbe Route.
Etwa 120 Polizisten waren am Rande der Demo im Einsatz. Vor Ort hatte sich am Sonntag auch eine spontane Gegendemo aus dem rechten Milieu angemeldet, sie lief unter dem Namen "Anti-Antifa" die selbe Route. © Matthias Rietschel/dpa

Demonstranten drücken Solidarität mit Waldbesetzern aus

Ansonsten blieb die Demonstration friedlich. Die Frauen und Männer brachten durch zahlreiche Banner und Rufe ihre Solidarität mit den Waldbesetzern zum Ausdruck. "Wir haben am Samstag in Dresden demonstriert und sind heute nach Ottendorf gekommen, um wenigstens einen Tag unsere Solidarität mit den Aktivisten im Wald zu zeigen", sagte eine junge Frau aus Leipzig, die mit ihren Freunden zur Demo gekommen war. Es sei einfach "krass", dass Konzerne über die Umwelt bestimmen dürften, "da herrscht ein so großes Ungleichgewicht".

Elisabeth Lesche und Stephan Fleischer von der Bürgerinitiative Würschnitz waren ebenfalls gekommen, um gegen die geplante Rodung zu demonstrieren. "Dem Camp im Heidebogen gebührt große Anerkennung", sagte Lesche. "Die mediale Aufmerksamkeit ist durch das Camp enorm gesteigert worden." Mittlerweile sähen sich Politiker dazu gezwungen sich zum Kiesabbau zu äußern - während das Thema früher jahrelang unter den Teppich gekehrt worden sei. "Wir hoffen natürlich, dass diese Aufmerksamkeit jetzt auch einen Einfluss auf das geplante Abbaugebiet Würschnitz West hat, das sich noch im Genehmigungsverfahren befindet", sagte Fleischer.

Der Widerstand dürfe mit der Räumung nicht beendet werden, rief auch Elisabeth Lesche den Demonstranten zu. "Baut die Camps wieder auf!" Für den Erhalt der Laußnitzer Heide zu sein, sei "keine Ideologie, das ist Geologie."

Abholzung in diesen Zeiten, das sei einfach indiskutabel, meinte eine andere Demo-Teilnehmerin aus Dresden. "Es geht hier um den Erhalt des Biotops und der Moore, deswegen bin ich hier."

Eine andere Demonstrantin sprach indes noch ein anderes Thema an: Die Versammlung am Sonntag wurde von rund 120 Polizisten begleitet - manche von ihnen werden vielleicht in den nächsten Tagen nochmal zum Heibo geschickt, zur Räumung. "Warum machen so wenige Polizisten von ihrem Recht Gebrauch, so einen Einsatz zu verweigern?" Aus Gewissensgründen könne man doch nicht dafür sein, Partikularinteressen über die Interessen der Allgemeinheit zu stellen.

Ottendorfer Anwohner: "Irgendwo im Kleinen muss man anfangen"

Und die Ottendorfer? Am Rande der Demo waren auch einige Passanten, die das Geschehen aus der Entfernung beobachteten. "Das ist in Ottendorf momentan schon ein großes Thema, aber Ottendorfer sind da bei der Demo keine dabei", sagte eine Frau. Sie fände das auch wirklich schlimm. "Alles junge Leute, die sollten besser etwas Nützliches tun. Den Wald aufräumen zum Beispiel." Sie habe kein Verständnis für die Waldbesetzer. Wobei sie auch anmerkte, dass die jungen Leute im Ort wohl eine andere Meinung hätten. "Die sagen, dass der Wald erhalten bleiben muss."

Und auch eine andere Frau widersprach: "Wofür diese Leute stehen, das finde ich gut. Es kann nicht sein, dass immer nur die Großkonzerne Profit machen." Ob Barrikaden im Wald allerdings der richtige Weg des Protests seien, das bezweifle sie. "Aber irgendwo im Kleinen muss man ja anfangen."