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Kretschmer will eine Chipakademie in Sachsen

Bei seiner USA-Reise besucht Michael Kretschmer auch die Firmenzentrale von Globalfoundries. Dort kündigt er den Aufbau einer Chipakademie in Sachsen an. Was es damit auf sich hat.

Von Nora Miethke
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Im Gespräch: Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer mit Globalfoundries-Chef Thomas Caulfield im Chipwerk in Malta im US-Bundesstaat New York.
Im Gespräch: Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer mit Globalfoundries-Chef Thomas Caulfield im Chipwerk in Malta im US-Bundesstaat New York. © Pawel Sosnowski

It’s all about people. Dieser eher abgedroschene Spruch beschreibt die Herausforderungen Sachsens beim Ausbau des Dresdner Chipstandort bestens. Am zweiten Tag der USA-Reise besuchte die sächsische Delegation um Ministerpräsident Michael Kretschmer die Unternehmenszentrale von Globalfoundries in Malta im Bundesstaat New York – drei Stunden Busfahrt entfernt von New York.

Zuletzt war sein Amtsvorgänger Stanislaw Tillich im April 2013 da. Während Kretschmer mit Globalfoundries-Chef Thomas Caulfield unter fast vier Augen über die Fachkräftesituation und die hohen Energiepreise in Deutschland sprach, wurde den mitreisenden Journalisten das Versorgungssystem für Wasser und Chemikalien im Keller gezeigt. Tiefere Einblicke gar in den Reinraum wollte der Chiphersteller nicht gewähren.

Das Werk in Malta ist groß, 2.500 Menschen arbeiten hier, Dresden ist mit über 3.000 Beschäftigten größer – noch. Globalfoundries will den Standort in Malta stark erweitern. Laut Medienberichten will das Unternehmen mit Partner Qualcomm umgerechnet fast vier Milliarden Euro investieren. Genauere Angaben zu seinen Plänen wollte Caulfield sich im Pressegespräch nicht entlocken lassen.

Dresdner Globalfoundries-Azubis sollen regelmäßig in die USA

Dort stand die Personallage im Vordergrund. Um zu unterstreichen, was für ein attraktiver Arbeitgeber Globalfoundries ist, saßen der Ministerpräsident und der Vorstandschef nicht allein auf dem Podium, sondern neben ihnen Lilli Neswadba (20) und Ewen Kujat (25), Auszubildende im ersten Lehrjahr mit ihrer Ausbildungsleiterin Cornelia Löwe, die extra aus Dresden angereist waren. „Ist das nicht aufregend, hier zu sein“, fragt Caulfield sie. Beide nicken.

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Auf die Frage, warum sie sich für eine Ausbildung zur Mikrotechnologin entschieden hat, erzählt Lilli, wie sie Globalfoundries auf einer Messe kennengelernt hat und wie fasziniert sie war, aus wie viel Schichten ein Mikrochip besteht. „Ich habe nicht lange gezögert und habe mich beworben“, so Lilli. Ihr bisheriger Höhepunkt sei es gewesen, als sie das erste Mal im Reinraum stand und dieses vollautomatische Transportsystem sah, mit dem die Chips transportiert werden. Den Reinraum fand Ewen Kujat auch beeindruckend. Aber für den 25-jährigen angehenden Chemielaboranten ist eindeutig „die Reise hierher das Highlight meiner Karriere“.

Ausbildungsleiterin Cornelia Löwe will das mehr Lehrlingen ermöglichen. Sie arbeite gerade an einem Konzept für einen regelmäßigen Austausch von Auszubildenden, kündigt sie an. Das würde die Attraktivität einer Lehre bei Globalfoundries erheblich steigern, vielleicht auch für Mädchen. Im Lehrjahr von Lilli sind von den 35 Azubis nur vier Mädchen, im nächsten Lehrjahr werden es von 36 nur drei sein. Der Chiphersteller ist darauf bedacht, die „Talentepipeline“ mit Karriereentwicklungsprogrammen und anderen Angeboten gut gefüllt zu halten. Denn der schon jetzt starke Wettbewerb um Talente für die Chipindustrie im Dresdner Norden wird durch die Erweiterung des Werks von Infineon und die mögliche Ansiedlung von TSMC noch härter werden.

Training im Reinraum soll auf Chipakademie ausgelagert werden

Das beschäftigt auch die Landesregierung, die für gute Rahmenbedingungen für die Investoren sorgen muss. Michael Kretschmer kündigt in Malta den Aufbau einer Chipakademie an. Später stellt sich heraus, dass die Überlegungen zum Aufbau eines sächsischen Ausbildungszentrums Mikroelektronik noch relativ am Anfang sind. Kern der Idee ist, das Training im Reinraum, welches die Chiphersteller bislang in betrieblicher Eigenregie verfolgen, auszulagern auf die Chipakademie.

Hintergrund sind das Beschäftigungswachstum und die häufigen Personalwechsel, die Schulungen im Reinraum allerdings zu stark die betrieblichen Abläufe stören. Die Landesregierung hat dafür und für die Ertüchtigung des Berufsschulzentrums Mikroelektronik bereits Finanzmittel in dreistelliger Millionen Euro Höhe im laufenden Haushalt reserviert. Auch wird auf eine Pilotförderung des Bundesforschungsministeriums gehofft.

Im Laufe des Jahres sollen die offenen Fragen geklärt werden, damit die Chipakademie auch umgesetzt werden kann. Während Kretschmer noch bis Donnerstag seine Reise in New York fortsetzt, wird Globalfoundries-Chef Thomas Caulfield schon vor ihm in der Landeshaupt eintreffen – um die besten Teams in Dresden auszuzeichnen. It’s all about people.