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Morgenlage in Sachsen: Asyl-Unterkünfte, Kirchen-Zuschuss, Fachkräftemangel

Flüchtlinge: OB verteidigt Bau von Container-Dörfern + Millionen-Zuschuss für Kirchen soll beendet werden + Kretschmer will mehr Schüler in Betriebe schicken

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Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert verteidigt die Pläne der Stadt zum Bau neuer Container-Asylunterkünfte.
Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert verteidigt die Pläne der Stadt zum Bau neuer Container-Asylunterkünfte. © Sven Ellger

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Guten Morgen,

vielleicht haben Sie das lange Osterwochenende ja auch für einen ausgedehnten Ausflug genutzt. Und falls Sie sich über die ehemalige deutsch-deutsche Grenze in den Westteil des Landes "gewagt" haben, haben Sie vielleicht auch einmal kurz darüber nachgedacht, was Ostdeutschland und Westdeutschland, was Ostdeutsche und Westdeutsche eigentlich heute noch unterscheidet und was sie verbindet. Hier in Dresden sind mir in den vergangenen Tagen jedenfalls immer wieder Besucher aus dem "Westen" aufgefallen, die beim Anblick der Stadt offenbar sehr angetan waren, was in den vergangenen 33 Jahren geschafft worden ist.

Wie ist heute das Verhältnis der beiden Landesteile? Darüber streiten der Leipziger Professor Dirk Oschmann und der ehemalige Bürgerrechtler und SPD-Landtagsabgeordnete Frank Richter in unserem Podcast "Debatte in Sachsen", den ich Ihnen heute Morgen empfehlen möchte. "Der Osten ist eine Erfindung des Westens", sagt Oschmann. "Unsere Medien, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft werden von westdeutschen Perspektiven dominiert", so Oschmann. "Wir haben es hier mit einer nach Herkunft organisierten Klassengesellschaft zu tun".

"'Den Westen' gibt es nicht", hält Richter dagegen. "Wir können daher nicht beklagen, dass 'der Westen' manchmal 'den Osten' pauschal abqualifiziert, wenn wir umgekehrt das Gleiche tun." Außerdem gebe es "sehr viele Menschen, die aus Westdeutschland hierhergekommen sind und hier sehr qualifiziert ostdeutsche Interessen vertreten", so Richter. "Da geht es nicht darum, woher Sie kommen, sondern darum, was Sie tun." Doch trotz aller Differenzen sind sich Oschmann und Richter in einem einig: Deutschland braucht eine Ost-Quote. Aber hören Sie selbst.

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die neue Woche.

Ihr Tobias Winzer, Politikredakteur Sächsische.de

Die wichtigsten News am Morgen

Hilbert verteidigt Planung für Asylunterkünfte

Der Dresdner Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) verteidigt die Pläne der Stadt, Flüchtlinge in mehreren kleineren Containerdörfern unterzubringen. "Wir haben uns dafür entschieden, Asylbewerber so dezentral wie möglich unterzubringen. Wenn wir eine Massenunterkunft mit 1.000 Geflüchteten errichten würden, dann hätten wir nur an dieser Stelle eine Betroffenheit", sagt Hilbert im Interview mit Sächsische.de. Zugleich äußert er sich zu den Protesten vor Ort. "Wenn eine Flüchtlingsunterkunft in der eigenen Nachbarschaft geplant ist, dann gibt es immer Widerstände", so Hilbert. Es werde außerdem versucht, "Kampagne gegen mich zu fahren – in Briefwechseln und aus Social Media. Aber das schreckt mich nicht ab, sondern motiviert mich erst recht." Ende der vergangenen Woche waren von Asylgegnern zwei Plakate am Wohnhaus Hilberts angebracht worden. Welche Containerstandorte sind geplant? Welche Probleme gibt es? Saechsische.de mit einem Überblick.

Derweil fordert ein breites Parteienbündnis in Zittau nach dem Sturm auf den Stadtrat einen respektvollen Umgang und einen sachlichen Dialog über die geplante Unterkunft für Asylbewerber im Ortsteil Hirschfelde. CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke und die Wählergemeinschaft "Zittau kann mehr" haben einen Offenen Brief an die Stadtgesellschaft gerichtet. Im Interview mit der Zeit spricht Zittaus Oberbürgermeister Thomas Zenker über die Stürmung des Stadtrats. "Ich hatte Sorge, dass die Situation kippt", sagt er.

Millionen-Zuschuss für Kirchen soll enden

Die Berliner Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP will die jährlichen Zahlungen von Staatsleistungen an die Kirchen stoppen und stattdessen eine Milliarden-Ablösesumme zahlen. Allein Sachsen zahlt im laufenden Jahr insgesamt rund 30 Millionen Euro an die Kirche. Sachsens Staatskanzlei hält sich bei dem Thema noch bedeckt. Die Gespräche zwischen Bund und Ländern hätten gerade erst begonnen. Vor einer Bewertung müsse die Bundesregierung einen Gesetzentwurf vorlegen, teilt ein Sprecher mit. Grüne und SPD in Sachsen unterstützen derweil grundsätzlich die Absicht, die Staatsleistungen abzulösen. Die CDU ist zurückhaltender und will sich zunächst mit den Kirchen beraten.

Kretschmer will Schüler in Betriebe schicken

Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) will künftig mehr Schüler in Betriebe bringen. Bei einem Besuch bei Siemens Energy in Dresden forderte er "eine qualitativ hochwertige, verbindliche Art der Berufsorientierung" für Sachsens Schülerinnen und Schüler. Kretschmer könne sich beispielsweise vorstellen, Schüler der neunten, zehnten und elften Klasse, die sich in der Berufsorientierung befinden, ab dem nächsten Schuljahr alle zwei bis drei Wochen in Betriebe zu schicken, um Berufserfahrung zu sammeln. Der Freistaat führe über mögliche Lösungsansätze bereits Gespräche. Kretschmer nannte auch Ansätze, wie der Unterrichtsausfall verringert werden soll.

Fachkräftemangel: Landrat plant Willkommenszentren

Die Industrie- und Handelskammer Sachsens sieht die eigenen Fachkräfte-Reserven erschöpft. "Die inländischen Reserven sind aufgebraucht. Wir sind auf qualifizierte Fachkräfteeinwanderung angewiesen", sagt der Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Dresden, Andreas Sperl. Weder Deutschland insgesamt noch Sachsen gelinge es momentan, genügend qualifizierte Zuwanderer anzulocken und zu halten. Die IHK fordert eine "konzertierte Aktion". Der Görlitzer Landrat Stephan Meyer (CDU) plant derweil insgesamt fünf Willkommenszentren im Landkreis. Damit will er die gezielte Anwerbung von Arbeitskräften aus dem Ausland oder Rückkehrern erleichtern.

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