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Misthaufen vor Grundstück einer Bürgermeisterin in Sachsen - geht der Protest zu weit?

Unbekannte kippen Mist vor das Haus einer Bürgermeisterin im Landkreis Zwickau. Die Politikerin weigert sich, eine Petition des Bauernvereins "Land schafft Verbindung" zu unterschreiben. Die Bauern verurteilen die Aktion.

Von Ulrich Wolf
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Unbekannte haben in Kirchberg vor dem Rathaus und der Einfahrt zum Grundstück der Bürgermeisterin Mist abgeladen.
Unbekannte haben in Kirchberg vor dem Rathaus und der Einfahrt zum Grundstück der Bürgermeisterin Mist abgeladen. © Symbolfoto: dpa

Kirchberg/Dresden. In Sachsen ist erneut eine Lokalpolitikerin eingeschüchtert worden. Unbekannte kippten am frühen Freitagmorgen in Kirchberg im Landkreis Zwickau Mist vor das Privathaus der Bürgermeisterin Dorothee Obst. Der Fraktionschef der Linken im sächsischen Landtag, Rico Gebhardt, teilte in Dresden mit, der Misthaufen sei dort platziert worden, "um sie zu nötigen, eine teils rechtswidrige Petition zu unterschreiben".

Dies sei inakzeptabel, erklärte Gebhardt. Im Misthaufen steckten in Klarsichtfolien gepackte Schilder mit dem Text: "Bitte unterschreiben Sie die Resolution. Ihre Partei steht doch dahinter. Warum Sie nicht?" Obst gehört den Freien Wählern an. Gebhardt betonte, möglicherweise gebe es Gründe, die vom Bauernverein "Land schafft Verbindung" vorgelegte Resolution zu unterzeichnen. "Ich kann aber auch Gründe finden, warum jemand diese Resolution nicht unterzeichnen möchte."

Der Vorsitzende der Freien Wähler im Landkreis Zwickau, Anselm Meyer, rief die Bürger auf, solcher Art von Radikalisierung Einhalt zu gebieten. Bei Angriffen auf das Privateigentum von Politikern werde eine Grenze überschritten, sagte er. Nach seinen Angaben soll die Bürgermeisterin mit der Aktion gedrängt werden, die Resolution, die von anderen Kommunalpolitikern befürwortet wird, zu unterschreiben. Darin wird unter anderem eine Ablehnung des Bundeshaushalts im Bundesrat gefordert.

Vereinsvize Georg Stiegler von "Land schafft Verbindung" verurteilte die Aktion. "Es ist völlig gegen unsere demokratischen Grundsätze, jemanden zu erpressen." Der Verein habe nichts mit der Aktion zu tun, Mitglieder hätten am Vormittag den Misthaufen weggeräumt. Leider beteiligten sich an den Protesten der Bauern auch Menschen, "die die demokratischen Spielregeln nicht achten", sagte Stiegler dem Online-Portal der Freien Presse. Die Bürgermeisterin hatte zuvor angekündigt, den Misthaufen vor ihrem Haus "als Zeichen der Verrohung der politischen Kultur" zunächst liegen lassen zu wollen.

Der Polizei zufolge war in Kirchberg nicht nur vor dem Grundstück der Politikerin Mist abgeladen worden, sondern auch an einer wichtigen Kreuzung und vor dem Rathaus. Bereits in der Nacht zum Mittwoch war im Landkreis Zwickau in Hartenstein eine Fuhre Mist vor zwei Supermärkte gekippt worden.

Im vorigen Jahr registrierte das Landeskriminalamt 17 Bedrohungen gegen Amtsträger, drei gegen Mandatsträger und sieben gegen Mitglieder und Repräsentanten von Parteien. So gab es Proteste gegen die Flüchtlingspolitik unter anderem vor dem Wohnhaus von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). Menschen, die mit den Maßnahmen gegen Corona nicht einverstanden waren, tauchten mit Fackeln und Parolen vor dem Wohnhaus von Sozialministerin Petra Köpping (SPD) auf. 2019 gab die SPD-Bürgermeisterin von Arnsdorf im Kreis Bautzen ihr Amt nach zahlreichen Anfeindungen auf. 2021 stand der Bürgermeister von Altenberg vorübergehend unter Polizeischutz. Auch der Kamenzer Oberbürgermeister Roland Dantz (parteilos) erhielt Bedrohungen via Mail. (mit dpa)