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Dynamos Favorit als Born-Nachfolger: Ein Dresdner

Jürgen Wehlend soll neuer Geschäftsführer werden, er hat gute Kontakte zu Ralf Minge. Problem dabei: Er steht in Osnabrück unter Vertrag.

Von Sven Geisler
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Jürgen Wehlend ist Dresdner und Geschäftsführer, allerdings beim VfL Osnabrück. Wechselt er zu Dynamo?
Jürgen Wehlend ist Dresdner und Geschäftsführer, allerdings beim VfL Osnabrück. Wechselt er zu Dynamo? © dpa/Guido Kirchner

Dresden. Klappt es im zweiten Anlauf? Jürgen Wehlend stand schon einmal ganz oben auf der Kandidatenliste bei Dynamo. Bereits im April 2016 sollte der Wirtschaftsfachmann Geschäftsführer bei den Dresdnern werden, allerdings sagte er letztlich ab. „Die Aufgabe dort wäre sicher eine reizvolle Herausforderung gewesen“, meinte er damals. Allerdings war er seit Januar 2013 beim VfL Osnabrück in gleicher Position tätig. Dafür seien „Integrität und Kontinuität unabdingbar“.

So bekam Michael Born die Stelle – und behielt sie mehr als vier Jahre, was für eine Führungskraft bei der SGD eine kleine Ewigkeit ist. Vor zwei Wochen wurde er jedoch freigestellt, sein Vertrag läuft offiziell bis Juni 2021. Genauso lange ist auch Wehlend noch gebunden – eben beim VfL. Er bestätigte der Neuen Osnabrücker Zeitung, von Dynamo angesprochen worden zu sein. „Ja, das stimmt. Das Interesse ist da, wie schon 2016.“ Er habe die Gremien beim VfL informiert, was der Verein wiederum auf SZ-Nachfrage bestätigte. Der Kicker hatte zuerst berichtet, der 54-Jährige sei ein aussichtsreicher Kandidat als Born-Nachfolger.

Das deckt sich mit Informationen der SZ, allerdings gibt es weitere interessante Bewerber. Insgesamt haben sich letztlich sogar mehr als 40 Interessenten auf die Ausschreibung gemeldet oder sind – wie Wehlend – kontaktiert worden. Mit ihm soll der Aufsichtsrat bereits gesprochen haben. 

Es seien jedoch weitere interessante Leute dabei, heißt es aus dem Vereinsumfeld, drei, vier kämen demnach in die engere Auswahl. Dazu gehört auch ein Geschäftsführer eines Drittligisten, also von Dynamos direkter Konkurrenz. Laut NOZ, die sich auf „unbestätigte Branchengerüchte“ beruft, soll es sich um Ralf Heskamp vom Halleschen FC handeln, der allerdings dort einen Vertrag bis Ende 2022 besitzt.

Als Geschäftsführer ein Unternehmen gegründet

Die Suche sei „von hoher Priorität“, hatte Aufsichtsratschef Jens Heinig nach der Trennung von Born erklärt. Man werde sich aber die notwendige Zeit nehmen, „um die im Sinne des Vereins bestmögliche Wahl bei der Neubesetzung des Postens zu treffen“. Derzeit übernimmt der Leiter Finanzen, Enrico Kabus, interimsweise die Verantwortung des kaufmännischen Geschäftsführers. Der neue Mann, eine Frau wird es wohl nicht, soll jedoch möglichst schnell übernehmen.

Ob Wehlend dazu diesmal bereit ist, lässt sich derzeit schwer einschätzen. Beim VfL stand er 2016 unter dem Druck einer wirtschaftlich bedrohlichen Situation, mindestens ein wichtiger Geldgeber soll seine Unterstützung von ihm abhängig gemacht haben. Seit etwa 30 Jahren hat der gebürtige Dresdner in Osnabrück seinen Lebensmittelpunkt, er war noch vor dem Fall der Mauer in den Westen gegangen. Von 1998 bis 2008 war Wehlend Gründungsgeschäftsführer des regionalen Telekommunikationsunternehmens osnatel, das 2004 als Namenssponsor für das Stadion an der Bremer Brücke einstieg. Der Vertrag lief vor knapp vier Jahren aus.

Er habe „immer die richtigen und ausgetüftelten Konzepte“ gehabt, sagte Geschäftsführer Hans-Joachim Iken über Wehlend zu dessen Abschied bei osnatel. Ähnlich äußerte sich der VfL-Präsident zur Vertragsverlängerung mit ihm im September 2018. Er habe die nötigen Grundlagen geschaffen, um in die Erfolgsspur zurückzufinden. „Eine neue strategische Ausrichtung und Strukturen, die auf langfristig sportlichen und dadurch möglichen wirtschaftlichen Erfolg einzahlen“, sagte Manfred Hülsmann.

Wehlend hatte die kurz vor seinem Amtsantritt beschlossene Ausgliederung der Profi-Abteilung umgesetzt und einen für den Verein überlebenswichtigen Schuldenschnitt erreicht. Dynamo hatte die Trennung von Born unter anderem mit einer „strategischen Neuausrichtung“ begründet. „Veränderungen bieten auch im Fußballgeschäft immer die Möglichkeit, Prozesse und Abläufe für die Zukunft neu zu gestalten und zu optimieren“, erklärte Heinig in einer Pressemitteilung.

Gute Kontakte zu Ralf Minge gepflegt

Mit Wehlend, der 2011 in der Schweiz einen Studiengang für Top-Führungskräfte mit dem „Master of Management“ abschloss, käme einer zu dem Verein zurück, bei dem er einst selbst als Fan im Stadion war. Die Verbindung in die Heimat ist nie abgerissen, seine Mutter lebt nach wie vor hier. Außerdem soll er gute Kontakte zu Ralf Minge gepflegt und sich speziell für die Planung und Realisierung von Dynamos neuem Trainingszentrum interessiert haben. Laut NOZ war er bei der Eröffnung mit Vertretern der Stadt in Dresden.

In Osnabrück ist das Stadion ein Problemfall, die Ausnahmeregelung für den Zweitligisten wurde gerade um ein weiteres Jahr bis 2021 verlängert. „Das heißt aber nicht, dass wir uns in Sachen Stadion und Trainingszentrum zurücklehnen dürfen“, sagte Wehlend dazu. Zudem hatte er der NOZ bestätigt, dass der Klub auch wegen der Folgen der Corona-Krise einen neuen Kredit in einstelliger Millionenhöhe aufnehmen müsse. Die Lage sei sehr ernst.

Bei Dynamo müsste Wehlend – oder ein anderer – unter anderem das Betriebsklima in der Geschäftsstelle verbessern, effiziente Arbeitsstrukturen schaffen und einen neuen Vertrag für die Nutzung des Stadions aushandeln. Außerdem braucht auch Dynamo ein Konzept, wie die Einnahmeverluste nach dem Abstieg und wegen der Corona-Krise aufzufangen sind. Born war das nicht mehr zugetraut worden.