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Nach der Pleite im Ostduell: Dynamos Kapitäne analysieren schonungslos

Dynamo Dresden verliert im Ostduell beim Halleschen FC knapp, aber verdient. Nach dem Spiel eskaliert die Situation auf den Rängen - und auch in der Kabine. Stefan Kutschke und Paul Will sprechen danach Klartext.

Von Timotheus Eimert
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Dynamo stolpert in Halle und steht nun nicht mehr auf einem direkten Aufstiegsplatz.
Dynamo stolpert in Halle und steht nun nicht mehr auf einem direkten Aufstiegsplatz. © Fotostand

Halle (Saale). Die Lage ist ernst bei Dynamo Dresden. Die Schwarz-Gelben verlieren 0:1 beim Halleschen FC und rutschen damit von einem direkten Aufstiegsplatz. Vor 13.114 Zuschauer im ausverkauften Leuna-Chemie-Stadion in Halle trifft kurz vor dem Ende der ehemalige Dresdner Dominic Baumann nach Vorlage von Ex-Dynamo Niklas Kreuzer. Beide stützen ihren früheren Verein in eine tiefe Krise. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur zehnten Saisonniederlage mit den wichtigsten Stimmen:

Wie ernst ist die Lage bei Dynamo nach der Niederlage?

Die Nerven bei den Schwarz-Gelben sind angespannt, vorsichtig formuliert. Nach dem Spiel dürfen nur Mitglieder des Mannschaftsrates mit Journalisten reden, es stellen sich die beiden Kapitäne Stefan Kutschke und Paul Will. "Wir schaffen es aktuell nicht, unser Selbstvertrauen an den Tag zu legen. Wir haben in der Hinrunde super Fußball gespielt, die Gegner dominiert. Jetzt hören wir uns jede Woche nach dem Spiel so eine Scheiße an. Das kotzt mich an", sagt Will.

Kutschke braucht gar keine richtige Frage für seine schonungslose Analyse. "Wir nehmen uns so viel vor für ein Spiel, unter der Woche ist Training – gut und schön. Aber dann geht das Spiel los, und in den ersten 15 Minuten brennt es lichterloh", sagt er und betont: "Ich habe dafür keine Erklärung mehr. Fakt ist: Vielleicht haben wir uns im Winter als zu gut gesehen. Vielleicht hat man uns zu gut gemacht. Das sind wir anscheinend doch nicht."

Deutlich wird die angespannte Situation auch in den Katakomben. Nach ein paar hämischen Bemerkungen der Halle-Spieler kommt zu einer kleinen verbalen Auseinandersetzung. "Seid ihr nicht ganz sauber oder was", ruft Dynamos Co-Trainer Heiko Scholz in Richtung der Halle-Kabine.

Der ehemalige Hallenser und jetzige Dresdner Tom Zimmerschied versucht die Lage zu beruhigen, indem er in die Kabine des Gegners gehen will. Doch er wird von Ahmet Arslan zurückgehalten. Niklas Kreuzer sagt zu Dynamo-Trainer Markus Anfang: "Bekomm mal deinen Kinderladen in den Griff!"

Wie fällt der Treffer des Tages?

Dynamo ist an diesem Samstag die schlechtere Mannschaft. Halle ist deutlich griffiger und energischer. Immer wieder unterlaufen einfache Fehler im Dresdner Aufbauspiel, die die Hausherren zunächst nicht nutzen können. "Jeder einzelne muss sich fragen, ob es heute gereicht hat. Ist da jeder klar? Sagt jeder heute, dass er alles dafür getan hat, dass er sich im Zweikampf durchsetzt? Das Gefühl habe ich nicht", bringt es Kutschke auf den Punkt.

Zusammenfassend verliert Dynamo einfach zu viele Zweikämpfe – vor allem die entscheidenden wie vor dem 0:1. Nach einem Freistoß aus dem rechten Halbfeld des langjährigen Dresdners Niklas Kreuzer kommt Halles Top-Torjäger Baumann, der von 2007 bis 2015 bei Dynamo spielte, völlig frei zum Kopfball. Der Ball geht an Schlussmann Kevin Broll vorbei ins Tor. Baumann erzielt seinen 14. Saisontreffer.

Der Treffer des Tages: Ex-Dynamo Dominic Baumann macht das Tor zum 1:0.
Der Treffer des Tages: Ex-Dynamo Dominic Baumann macht das Tor zum 1:0. © Fotostand

"Wenn bei einem Freistoß der Gegenspieler so frei steht, kann die Zuordnung nicht gestimmt haben", kritisiert Anfang nach dem Spiel. Genauer will der 49-Jährige nicht darauf eingehen. Er schützt sein Team: "Es gibt Situationen, über die ich mit den Jungs sprechen möchte, denn das geht so nicht. Das können wir wesentlich besser, aber wir müssen zuerst mit den Jungs darüber sprechen."

Hätte Ex-Dynamo Niklas Kreuzer Rot sehen müssen?

Es ist eine Szene dieses Spiel: Zehn Minuten vor dem Ende erwischt Kreuzer, der acht Minuten zuvor eingewechselt wird, den Dresdner Verteidiger Kyu-Hyun Park mit einer Grätsche am Standbein. Dabei spielt er den Ball, nimmt aber auch die Verletzung des Gegenspielers in Kauf. Schiedsrichter Florian Exner entscheidet sich aber nur für die Gelbe Karte statt für den Platzverweis. "Für mich ist es nicht einmal Gelb", meint Kreuzer anschließend. "Natürlich bin ich mit meinem gestreckten Bein da, treffe aber nur den Ball. In meinen Augen weit weg von Rot."

Vom Platz gestellt wird dagegen wenig später Dynamos Jakob Lemmer. Er zieht in der Nachspielzeit ein taktisches Foul und sieht dafür seine zweite Gelbe Karte. Fragwürdig ist vor allem das erste Foul, für das er nach 69 Minuten die erste Verwarnung kassiert. "Es ist bitter – wir haben eine Gelb-Rote Karte bekommen, der Spieler ist in der nächsten Woche nicht dabei", meint Anfang. Mehr mag er dazu nicht sagen.

Halles Kapitän Jonas Nietfeld verschießt in der Anfangsphase einen Elfmeter.
Halles Kapitän Jonas Nietfeld verschießt in der Anfangsphase einen Elfmeter. © Fotostand

Zu den anderen strittigen Situationen will er sich ebenfalls nicht äußern. "Ich habe letzte Woche etwas dazu gesagt. Das wird hochgekocht, dabei habe ich einfach nur meine Meinung gesagt", erklärt Anfang. Vor allem in der ersten Halbzeit gibt es noch weitere diskutable Situationen.

Nach sieben Minuten bekommt Halle einen Elfmeter zugesprochen. Nach einem Eckball fällt Baumann bei einem Zweikampf mit Kutschke im Strafraum, der am Boden liegende Dresdner trifft seinen Gegner beim Versuch den Ball aus der Gefahrenzone zu klären und kassiert dafür Gelb. Den anschließenden Elfmeter schießt Nietfeld an die Latte.

Nach einer halben Stunde bekommt Dynamo ein vermeintliches Tor aberkannt. Kutschke trifft per Kopfball nach einem Freistoß von Luca Herrmann zum 1:0. Doch Schiedsrichter Exner erkennt den Treffer nicht an. Abseits es Balls hat Claudio Kammerknecht seinen Gegenspieler zu Boden geschubst – eine Kann-Entscheidung.

Warum knallt es in der Schlussphase mehrmals?

Zum Ende der Partie knallt es im Stadion mehrfach. Nach dem Führungstreffer der Gastgeber werden im Dynamo-Fanblock zunächst Fan-Utensilien des Gegners verbrannt, wenig später durchbrechen einige Dresdner Anhänger die Absperrung und versuchen in den Heim-Zuschauerbereich vorzudringen.

Ordner und Polizisten verhindern dies aber. Anschließend geht ein Böller im Dresdner Block hoch, wenig später knallt es auch im Halle-Fanblock der Hausherren. Die Partie ist für wenige Minuten unterbrochen. Nach dem Spiel beruhigt sich die Lage wieder.

Was bedeutet die Niederlage für die Tabelle?

Dynamo steht erstmals seit dem dritten Spieltag nicht mehr auf einem direkten Aufstiegsplatz. Nach dem Sieg des SSV Ulm gegen 1860 München, bei dem ausgerechnet Ex-Dynamo Lucas Röser zwei Minuten nach seiner Einwechslung in der Nachspielzeit das entscheidende 1:0 erzielt, sind die Dresdner jetzt Tabellendritter und müssten so im Fall der Fälle in die Relegation. Auf die Nicht-Aufstiegsplätze hat die SGD nun nur noch vier Punkte Vorsprung.

"Vielleicht ist Ulm jetzt der Top-Favorit auf den Aufstieg", sagt Anfang sichtlich genervt beim Fernsehsender Magenta. Will meint: "Jeder sollte sich jetzt persönlich hinterfragen, ob die Herangehensweise an die ganzen Spiele die richtige ist. So wird es nicht reichen – wir brauchen eine Leistungssteigerung im Training."