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Hat Dynamo wieder ein Mentalitätsproblem?

Dass es bei Dynamo Dresden derzeit spielerisch nicht läuft, ist das eine. Schwerwiegender und auch nicht neu sind die Defizite in Sachen Einstellung und Biss.

Von Tino Meyer
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Dynamos Kapitän Tim Knipping (2. von rechts) schwört die Mannschaft ein. Die Mentalitätsfrage, meint er, stelle sich nicht.
Dynamos Kapitän Tim Knipping (2. von rechts) schwört die Mannschaft ein. Die Mentalitätsfrage, meint er, stelle sich nicht. © Picture Point / Gabor Krieg

Dresden. Vom Aufstieg will Dynamo Dresdens Trainer Markus Anfang nun endgültig nichts mehr hören. Gefallen hat ihm das in der Öffentlichkeit mit Leidenschaft diskutierte und auch im Mannschaftskreis präsente Thema ohnehin nie. Nur darüber reden, meint Anfang, habe noch nie geholfen. „Ich weiß nicht, warum das Thema Aufstieg permanent diskutiert wird“, sagte Anfang nach der 1:2-Heimniederlage gegen Saarbrücken daher einigermaßen gereizt – wobei die Frage einfach zu beantworten ist.

Dynamo zählt wirtschaftlich zu den absoluten Top-Vereinen in der 3. Liga, der Etat für die Mannschaft soll laut Bild-Zeitung bei knapp zehn Millionen Euro liegen. Und diese finanzielle Stärke haben die sportlich Verantwortlichen ausgenutzt: Kein Kader ist in der Breite so gut besetzt, zudem gibt es etliche Top-Spieler wie zum Beispiel Tim Knipping, Akaki Gogia, Niklas Hauptmann, Patrick Weihrauch, Stefan Kutschke und Manuel Schäffler.

Deutlich kniffliger gestaltet sich die Ursachensuche für den anhaltend zähen Saisonverlauf mit immer wieder neuen Defiziten in der Defensive und vor allem einer akuten Chancenarmut – was sich mittlerweile deutlich in der Tabelle niederschlägt. Auf Platz sieben ist Dynamo abgerutscht, schwerwiegender aber ist dabei der auf neun Punkte angewachsene Rückstand zu den Aufstiegsplätzen.

„Es ist nicht unser Anspruch, aber es ist nicht dahergewürfelt, dass wir dort stehen. Das ist unser Verschulden“, sagte Kutschke nach dem Saarbrücken-Spiel, und er betonte: „Der Trainer hat gesagt, dass er keinem den Willen absprechen kann. Man muss aber sagen, der Gegner will es in der einen oder anderen Situation mehr als wir.“

Bereits nach dem nicht minder enttäuschenden 1:1 in der Vorwoche bei Aufsteiger Essen mit einer unerwartet schlechten ersten Hälfte hatte der gebürtige Dresdner, als emotionaler Anführer im Sommer zu Dynamo zurückgeholt, Einstellung und Einsatzbereitschaft kritisiert. Jeder müsse sich fragen lassen, ob das alles war und ob er alles rausgeholt habe, so Kutschke.

Aufstieg? "Das ist kein Thema bei uns", sagt Dynamos Trainer Markus Anfang. Mit den Leistungen seiner Mannschaft war auch er zuletzt wenig einverstanden.
Aufstieg? "Das ist kein Thema bei uns", sagt Dynamos Trainer Markus Anfang. Mit den Leistungen seiner Mannschaft war auch er zuletzt wenig einverstanden. © dpa/Sebastian Kahnert

Die Frage liegt also nahe: Hat Dynamo ein Mentalitätsproblem? Die Art und Weise, wie die Mannschaft in Situationen wie in Essen oder auch davor beim 1:1 in Bayreuth, ebenfalls ein Aufsteiger, oder eben zuletzt gegen Saarbrücken auftritt, lässt den Schluss zu. Dass es spielerisch nicht läuft, erklärt der Trainer mit den vielen Neuzugängen und der langen Verletztenliste.

Wieso aber mangelt es regelmäßig an Engagement, Biss und einem erforderlichen Mindestmaß Aggressivität im Spiel? Wo sind diese sogenannten Grundtugenden, neudeutsch Basics? Kann das die Mannschaft nicht, weil es eben nicht der Mentalität, also den natürlichen Verhaltensweisen der Spieler entspricht? Es wäre nicht neu. Schon in den vergangenen Spielzeiten hatte man immer wieder den Eindruck, die Mannschaft nimmt in schwierigen Situationen zu selten den Kampf an.

Der Kapitän wollte dies auf Nachfrage von Sächsische.de so nicht gelten lassen. „Ich habe keine Antwort darauf, warum wir derzeit nicht die Leistung bringen, wie es sein sollte. Trotzdem würde ich keine Mentalitätsfrage stellen“, sagte Knipping und machte das an den Rückständen fest, die in dieser Saison nicht immer, aber schon öfter aufgeholt wurden.

Wie Kutschke appellierte aber auch er an seine Mitspieler, „sich selbst zu hinterfragen, ob er alles gegeben hat“. Und er bekräftigte: „Wenn man die Grundtugenden Zweikämpfe, Leidenschaft und Wille nicht an den Tag legt, wird es schwer, ein Spiel zu gewinnen.“ Schon in Bayreuth sagte Knipping: „Man kann Fehler machen, aber es darf nicht sein, dass die andere Mannschaft den Sieg mehr möchte als wir.“ Ein grundsätzliches Problem sieht auch der Trainer nicht. „Die Jungs sind selbstkritisch, viele vielleicht sogar so selbstkritisch“, sagt Anfang, „dass ihnen das Selbstvertrauen abhanden geht.“ Das müsse er ihnen wieder einhauchen.

Im Training vor dem Auswärtsspiel am Samstag beim Tabellenachten Mannheim will Anfang dennoch vorrangig auf fußballerische Inhalte setzen, psychologisch sieht er sich nicht gefordert. Schon gar nicht, wenn es um den Tabellenstand geht. „Mit Aussagen über den Aufstieg bist du überhaupt nicht aufgestiegen. Das ist kein Thema bei uns“, legte er fest.