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Politik in Sachsen – Die Morgenlage

Kretschmer will so viel Atomstrom wie möglich + Teile von CDU und SPD stellen Sachsen-Koalition infrage + Erneut Tausende Teilnehmer bei Demo in Plauen

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Bundeskanzler Olaf Scholz und Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer - hier bei einem Termin Anfang September in der Lausitz - treffen am Mittwoch aufeinander. Dann wird das Entlastungspaket der Bundesregierung nachverhandelt.
Bundeskanzler Olaf Scholz und Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer - hier bei einem Termin Anfang September in der Lausitz - treffen am Mittwoch aufeinander. Dann wird das Entlastungspaket der Bundesregierung nachverhandelt. © dpa

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Guten Morgen,

was muss zusätzlich mit rein ins Entlastungspaket? Wieviel Geld ist noch übrig? Was sind die Bundesländer bereit, zu geben? Gut möglich, dass es am Mittwoch mal wieder ein sehr langer Arbeitstag für die führenden politischen Entscheider in Deutschland wird. Dann treffen die Ministerpräsidenten mit Bundeskanzler Olaf Scholz zusammen, um über das von der Bundesregierung angekündigte dritte Entlastungspaket nachzuverhandeln.

Wir kennen das ja bereits aus der Corona-Krise: Die Tage vor solchen entscheidenden Verhandlungsrunden werden von den Beteiligten genutzt, um das ja immer zu knapp bemessene Tischtuch ein Stück in die eigene Richtung zu ziehen - gern auch mit medialer Unterstützung. Und so ist es wohl auch kein Zufall, dass Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer die Zeit nutzt, um in seine Bundes-Rolle als CDU-Vizechef und damit Oppositionspolitiker zu schlüpfen und den Druck auf die Bundesregierung zu erhöhen.

Am Freitag unterstützte er demonstrativ eine Licht-aus-Aktion der Bäcker - und verbreitete Bilder davon auf Facebook. Am Samstag nutzte er die Plattform erneut, um zu bekräftigen, dass er die bislang im Entlastungspaket veranschlagten 65 Milliarden Euro für nicht ausreichend empfindet. Und brachte in dem Zusammenhang auch noch seine Forderung unter, alle reaktivierbaren Atomkraftwerke noch "5,10 oder 15 Jahre" am Netz zu halten.

Am Mittwoch aber wird Kretschmer eher wieder als Regierungsvertreter gefragt sein. Was Sachsen bereit ist, in den Topf des Entlastungspakets zu werfen und wie Sachsens Beitrag zur Alternativen-Suche für russisches Gas aussehen kann, das könnte dann entscheidend sein.

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die neue Woche.

Ihr Tobias Winzer, Politikredakteur sächsische.de

Die wichtigsten News am Morgen

Kretschmer: Reaktivierbare AKW am Netz halten

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hält angesichts der Energiekrise eine deutliche Verlängerung der Atomlaufzeiten für nötig. "Wenn wir den Zeitraum für die Endlagersuche betrachten, ist es doch nicht entscheidend, ob die deutschen Atomkraftwerke 5, 10 oder 15 Jahre länger am Netz bleiben", sagte der stellvertretende CDU-Vorsitzende den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Damit meine ich nicht nur die drei verbliebenen Meiler, sondern alle, die sich reaktivieren lassen. Ideologie können wir uns in der jetzigen Lage nicht leisten." Kretschmer sagte, es gehe um eine "neue Energiewende". Dafür müsse eine Expertenkommission eingesetzt werden. Unter anderem die Leipziger Volkszeitung berichtet. Das Wichtigste zur Energiekrise gibt es in unserem Newsblog.

Teile von SPD und CDU stellen Koalition infrage

Nachdem Sachsens CDU die Grünen im Energie-Streit öffentlich im Landtag angegriffen hat, herrscht zwischen den Koalitionspartnern erst einmal Funkstille. Selbst Routinetermine wie eine wöchentliche 6er-Runde, bei der sich jeweils zwei Spitzen von CDU, Grünen und SPD treffen, fallen zurzeit aus. Statt miteinander wird lieber übereinander gesprochen. Dabei hält man den Grünen fehlendes Finanzwissen vor. Der Vorwurf der Grünen wiederum: Teile der CDU handeln fahrlässig, indem sie nichts tun statt beispielsweise endlich die Schuldenbremse in der Landesverfassung zu lockern. Glaubt man jedoch etlichen Koalitionären von CDU und SPD, hoffen in ihren Reihen viele darauf, dass man die Grünen nach der Landtagswahl 2024 nicht mehr zum Regieren braucht. Saechsische.de-Reporter Gunnar Saft analysiert die derzeitige Regierungskrise in Sachsen.

Erneut Tausende Demonstranten in Plauen

Organisiert unter dem Namen "Forum für Demokratie und Freiheit" haben am Sonntag mehr als 4.000 Menschen in Plauen wegen der deutschen Politik in der Energiekrise demonstriert. "Die Veranstaltung verlief friedlich, die Demonstranten haben sich kooperativ gezeigt und haben sich an die nochmal nachgeschärften Auflagen gehalten", sagte ein Sprecher der Landkreisamtes. Es aber auch werde geprüft, ob gegen einzelne der rund 4.250 Teilnehmer Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten eingeleitet werden müssten.

Derweil hat Plauens Oberbürgermeister Steffen Zenner (CDU) Verständnis für demonstrierende Bürger geäußert. "Wir haben eine völlig neue Qualität von Sorgen, Nöten und Ängsten in unserer Bürgerschaft." Es sei richtig, dass die Bürger diese auch auf die Straße tragen. Das "Forum für Demokratie und Freiheit" steht nach seiner Einschätzung jedoch nicht "auf dem Boden unseres demokratischen Grundverständnisses". Der Präsident des sächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV), Dirk-Martin Christian, warnt unterdessen davor, die Energiepreis-Proteste pauschal als rechtsextrem zu kritisieren. "Wenn Menschen mit den Freien Sachsen laufen, sollte man sie dafür nicht gleich verurteilen, denn gleichzeitig unterbreiten die demokratischen Kräfte in unserer Gesellschaft diesen Menschen momentan keine politische Plattform", sagt er im Interview mit der Leipziger Volkszeitung.

Sachsen stockt Corona-Impfstellen auf

Sachsen bereitet sich mit einer Ausweitung der Kapazitäten in den staatlichen Impfstellen auf eine höhere Nachfrage nach Corona-Schutzimpfungen vor. Impftermine könnten online auch sehr kurzfristig vereinbart werden, heißt es. Die Zahl der Impfungen ist in den vergangenen Wochen wieder angestiegen. Laut Gesundheitsministerium wurden in der Woche vom 12. bis 18. September 7.242 Impfungen verteilt - 2.493 Impfungen mehr als in der Vorwoche. Das Rote Kreuz geht davon aus, dass der an die BA.4/BA.5-Variante angepasste neue Impfstoff ab 4. Oktober angeboten werden kann. Auch personell richten sich die Impfstellen auf steigenden Bedarf ein. Derweil deuten mehrere Kennzahlen auf ein wieder leicht zunehmendes Corona-Infektionsgeschehen in Deutschland hin.

Derweil hat die Grippe-Impfmüdigkeit in Sachsen in den vergangenen Jahren zugenommen. Wurden 2009/2010 noch über 1,5 Millionen Dosen Grippe-Impfstoff verabreicht, waren es nach Angaben der Landesuntersuchungsanstalt im vergangenen Winter bis Ende 2021 nur knapp 966.000. Die Impfquote ging von 41,8 Prozent auf 26,5 Prozent zurück, das war der niedrigste Wert der letzten zehn Jahre. Die niedrigen Quoten seien "besorgniserregend", deswegen sei es dieser Saison um so nötiger, sich zu schützen, sagte Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD). Grippe sei keine harmlose Erkrankung, die Impfung sicher und verträglich.


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