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"Wir erleben große Offenheit für nachhaltige Geldanlagen"

Die Deutsche Bank hat bundesweit vier grüne Filialen, zwei davon in Sachsen. Was es damit auf sich hat, erklärt Niederlassungschef Jan Böttger.

Von Nora Miethke
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Jan Böttger, Niederlassungsleiter der Deutschen Bank in Dresden, liegt Nachhaltigkeit am Herzen.
Jan Böttger, Niederlassungsleiter der Deutschen Bank in Dresden, liegt Nachhaltigkeit am Herzen. © kairospress

Herr Böttger, die Deutsche Bank hat aktuell drei grüne Filialen in Deutschland, eine davon in Dresden und eine weitere ab Mitte März in Zittau. Was bedeutet das?

Im Foyer der grünen Filiale in der Prager Straße haben wir eine große Echt-Moos-Wand aufgestellt als Blickfang, um mit unseren Gästen ins Gespräch über Nachhaltigkeit zu kommen. In der Wertpapierberatung haben wir die Chance, nicht nur darüber zu reden, sondern es auszuprobieren und zu sehen, wie unsere Kunden reagieren. Die Deutsche Bank will niemanden belehren. Doch mehr Kunden als man glaubt, ist es wichtig, ihre Ersparnisse so zu investieren, dass dabei auch auf soziale Aspekte und Umweltschutz Wert gelegt wird. Wir erleben beim Thema nachhaltiges Investieren und Finanzieren sehr große Offenheit.

Warum fiel die Wahl auf Dresden als grüne Filiale? Gibt es hier mehr Nachfrage?

Ich kann jetzt leider nicht sagen, ob die Kunden hier bewusster in Sachen Nachhaltigkeit sind als in anderen Teilen Deutschlands. Die Bank hat gefragt, wer den ersten Schritt gehen will und Lust darauf hat. Der Filialleiter in der Prager Straße und ich denken schon länger immer wieder darüber nach, wie wir Papier einsparen können und die Menschen dazu bewegen können, ein elektronisches Postfach zu nutzen, statt sich jedes Jahr am Kontoauszugsdrucker 70 Seiten Kontoauszüge auszudrucken. Wir waren dem Thema schon sehr nahe und haben uns daher gemeldet. Als die Wahl im vergangenen Frühsommer auf uns fiel, hat uns das sehr gefreut. Es kommt vor allem erst einmal auf die Mitarbeiter an, die dafür eine große Leidenschaft haben und denen das persönlich wichtig ist.

Was sind typische nachhaltige Geldanlagen, die auch für Kunden hier in der Region relevant sind?

Eine noch weit verbreitete Meinung ist: Gutes Tun und Geld verdienen, das passt nicht zusammen. Wenn man manche Ökofonds der Vergangenheit anschaut, ist dies auch gar nicht so falsch. Oft haben damals Anleger mit ihrem Geld Risiken als Investoren getragen. Das hat sich gewandelt, seit die Vereinten Nationen die Ziele für eine nachhaltige Entwicklung festgelegt haben (SDG). Seitdem spielen die sogenannten ESG-Faktoren für die Bereiche Umwelt (Environment), gesellschaftliche Aspekte (Social) und verantwortungsvolle Unternehmensführung (Governance) eine immer größere Rolle bei der Geldanlage. Die Auswirkungen von Deep Water Horizon auf BP seiner Zeit waren ein einschneidendes Ereignis, das die großen Umweltrisiken durch Erdölförderung im Meer gezeigt hat. Unternehmen, die Erdölförderung im Meer oder Fracking für sich ausschließen, vermeiden schon mal solch einen Vorfall. Unternehmen, die in einem Nachhaltigkeitsindex ganz weit oben stehen, haben weniger Risiken, dadurch weniger Schwankungen, gewinnen mehr Investorenvertrauen und können über die längere Frist auch eine höhere Performance erzielen. Das kann man mittlerweile nachweisen.

Gutes tun und Geld verdienen, passt das auch für Kleinanleger?

Wir haben uns in der Bank selbstverpflichtet, mit jedem neuen Kunden das Thema Nachhaltigkeit anzusprechen. Ich wurde in einem Beratungsgespräch schon gefragt, was denn mit der Deutschen Bank los sei, warum ich jetzt das anspreche, das sei doch Aufgabe von politischen Parteien und hätte nichts im Business zu tun.

Und was haben Sie da geantwortet?

Dass das eine mögliche Sichtweise ist, wir aber eine andere haben. Wenn der Beratungsprozess in die konkrete Umsetzung geht, kann der Kunde uns sagen, ob nachhaltige Geldanlagen für ihn eine Rolle spielen oder nicht. Da gibt es zwei Kategorien. Die einen Kunden sagen: Endlich, ich will mit meinem Geld das Richtige tun, auch im Hinblick auf Nachhaltigkeit. Die anderen sagen, den angenehmen Effekt, etwas Gutes zu tun, nehme ich einfach mit, aber Rendite und Performance sind weiter die Kernziele meiner Vermögensanlage. Bei erneuerbaren Energien fällt es leicht, beide Ziele zu verbinden – Gutes tun und Rendite erzielen. Bei Künstlicher Intelligenz und Robotics liegt das nicht so einfach auf der Hand: Dort gibt es viele Bereiche, die zum Beispiel auch mit Rüstung zu tun haben können. Einen KI-Fonds, der nachhaltig ist – ich glaube nicht, dass der heute zu machen ist.

Wie schlägt sich Nachhaltigkeit auf der Kreditseite nieder? Gibt es Regeln, was nicht mehr finanziert wird?

Ja, die finden Sie gut im sogenannten nichtfinanziellen Bericht der Deutschen Bank, der jährlich veröffentlicht wird. Da spielt das Thema Nachhaltigkeit eine große Rolle. Es gibt Bereiche, wo wir explizit unseren Ausstieg erklärt haben, etwa bei der Finanzierung neuer Kohlekraftwerke. Für mich als Person ist es wichtig, dass sich die Bank klar positioniert. Aber nicht nur sagt, was sie nicht will, sondern sich nach vorn entwickelt, was sie in diesem Bereich anstrebt. Die Bank hat sich vorgenommen, das bis Ende 2025 das Volumen an nachhaltigen Finanzierungen sowie der Bestand an verwaltetem Vermögen in ESG-Anlagen auf insgesamt mehr als 200 Milliarden Euro steigen soll. Ein Beispiel ist die erste eigene grüne Anleihe, die im Frühjahr 2020 mit einem Emissionsvolumen von 500 Millionen Euro platziert werden konnte.

Und auch hier nachgefragt, was heißt das für Kreditkunden in Sachsen?

Wenn sie heute ein Haus bauen wollen, gibt es KfW-Förderprogramme für energieeffiziente Bauweise und alternative Beheizungssysteme zur herkömmlichen Ölheizung. Wir zählen zu den größten Partnern der KfW in diesem Segment. Meine Tochter ist 27, hat eine kleine Familie, steigt nach dem Studium in den Job ein und kann sich den Erwerb einer Immobilie vorstellen, die jedoch nachhaltig sein muss. Für uns als Bank muss klar sein, wenn diese Immobilie in fünf Jahren gebaut und in 30 Jahren vielleicht weiterverkauft wird, dann werden Käufer auf das Thema Nachhaltigkeit achten. Das ist eine Chance für uns zu sagen, wir haben nur Objekte in unseren Büchern, die auch Kriterien künftiger Generationen standhalten.

Bei Unternehmensfinanzierungen kann es Auswirkungen auf die Konditionen geben, weil ein nachhaltiges Unternehmen in seinem Geschäftsmodell solider ist und so in der Bonitätsprüfung Vorteile haben kann.

Und wie stark ist das Bewusstsein für nachhaltiges Wirtschaften in der hiesigen Unternehmerschaft verankert im Vergleich zu anderen Regionen. Wie ist ihr Eindruck?

Meine persönliche Wahrnehmung ist: 80 Prozent der Unternehmer setzen sich ernsthaft damit auseinander, auch deshalb, weil die Wahrnehmung zunehmend ist: Wenn dein Geschäftsmodell nicht nachhaltig ist, musst du überlegen, wie es perspektivisch überhaupt finanzierbar bleiben soll, wenn Banken es nicht mehr tun. Aber auch viele Endverbraucher fordern das stärker von den Firmen ein.

Was sind ihre drei Ratschläge für Anleger, die ihr Geld künftig mehr nachhaltig investieren wollen?

Der erste Schritt ist: Werde dir selbst darüber klar, warum du Geld anlegen willst? Auf diese Frage kann nicht jeder sofort drei Motive benennen, sondern oft wird ein Gefühl ausgedrückt, sich damit Sicherheit aufzubauen. Schritt Nummer zwei: Grundsätzlich Nachhaltigkeit in die Überlegungen mit einbeziehen, weil es für die Risikoreduzierung und die Ertragschancen eine positive Perspektive gibt. Schritt drei wäre zu überlegen: Bin ich überzeugt davon, dass derjenige, der mir Nachhaltigkeit verspricht, diese dann auch umsetzt und belegen kann? Dazu muss man sich mit dem Thema auseinandersetzen, damit man auch die richtigen Fragen zum Managementprozess der betreffenden Anlage stellen kann. Gerade beim letzten Punkt, wo es in die Tiefe geht, haben wir als Deutsche Bank überhaupt keine Berührungsängste. Jeder kann uns kritisch hinterfragen. Wir sind da aussagefähig und auch aussagewillig. Eine klare Position ist hier noch einmal wichtiger als in vielen anderen Dingen, weil es unmittelbar etwas mit Glaubwürdigkeit zu tun hat.

Unter diesem Link findet sich der aktuelle Nichtfinanzielle Bericht der Deutschen Bank, in dem die Nachhaltigkeitsstrategie erläutert ist.