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Globalfoundries schafft in Dresden 250 neue Jobs

Dresdens größte Fabrik wächst stark: Der Mikrochiphersteller Globalfoundries erhöht die Kapazität. Minister Altmaier verspricht neue Subventionen, auch für Infineon.

Von Georg Moeritz
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Nachschub an Mikrochips aus Sachsen in Sicht: In der Globalfoundries-Fabrik zeigt eine Mitarbeiterin in Reinraumkleidung eine Siliziumscheibe, auf der durch Belichten und Ätzen viele Mikrochips entstanden sind.
Nachschub an Mikrochips aus Sachsen in Sicht: In der Globalfoundries-Fabrik zeigt eine Mitarbeiterin in Reinraumkleidung eine Siliziumscheibe, auf der durch Belichten und Ätzen viele Mikrochips entstanden sind. © dpa/Matthias Rietschel

Dresden. Nächste Woche hat Clara Rost ihre mündliche Abschlussprüfung. Die 22-jährige Auszubildende weiß aber schon, dass ihr Betrieb sie nach der Lehre übernimmt: Bei Infineon wird sie künftig als Mikrotechnologin im Reinraum arbeiten. Dort überwacht sie Anlagen, damit beim Belichten und Ätzen der Siliziumscheiben keine Fehler passieren.

Ihren Schichtplan kennt Clara Rost schon: zwei Tage Frühschicht, zwei Tage Spätschicht, zwei Nachtschichten – dann vier Tage frei. Die Auszubildende durfte gestern dem Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) beim Firmenbesuch in Dresden eine Scheibe mit Chips zeigen und erklären.

Altmaier sprach gut gelaunt mehrere Lehrlinge an. Den Firmenchefs von Infineon und Globalfoundries versprach er neue Milliarden-Subventionen – damit Europa in dieser „strategisch wichtigen“ Branche nicht weiter von Asien und den USA abgehängt werde. Die Versorgungssicherheit sei wichtig, das habe sich jüngst beim Chip-Nachschubmangel etwa in der Autoindustrie gezeigt.

Reinraum reicht nicht für eine Million Scheiben

Die Chipproduzenten revanchierten sich bei Altmaier mit Wachstumsversprechen: Globalfoundries will in den nächsten zwei Jahren umgerechnet etwa 840 Millionen Euro für neue Maschinen in Dresden ausgeben. Damit soll die Kapazität der Fabrik rasch ausgebaut werden: Voriges Jahr verarbeitete sie 330.000 Scheiben zu Mikrochips, für dieses Jahr sind 530.000 vorgesehen. Im Jahr 2023 will Globalfoundries in Dresden dann eine Jahreskapazität von 850.000 Scheiben schaffen.

Allerdings hatte der Konzern schon einmal für das Jahr 2012 das Ziel eine Million Scheiben genannt und dieses Ziel später immer mal wiederholt. Konzernchef Tom Caulfield sagte dazu am Donnerstag auf Nachfrage, für eine Million sei der vorhandene Reinraum in Dresden gar nicht groß genug. Laut Firmensprecher Jens Drews sind aber „durch geschicktes Optimieren“ auch 900.000 zu schaffen.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU, im Bild links) lässt sich von Globalfoundries-Konzernchef Tom Caulfield aus den USA in Dresden die Technologie erklären.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU, im Bild links) lässt sich von Globalfoundries-Konzernchef Tom Caulfield aus den USA in Dresden die Technologie erklären. ©  Archivbild: dpa/Matthias Rietschel

Konzernchef: Subventionen lieber Investitionen nennen

Dresdens größte Fabrik Globalfoundries hat jetzt rund 3.300 Beschäftigte. Personalchef Olaf Drillisch-Saathoff begrüßte am Donnerstag 22 neue zum Halbjahresbeginn. Er sagte der SZ, dass dieses Jahr die Belegschaft um etwa 100 Mitarbeiter wachse, nächstes Jahr kämen 100 bis 150 hinzu.

Nachbar Bosch hat gerade seine Chipfabrik mit 250 Beschäftigten eröffnet und angekündigt, dass es bis zu 700 werden können. Bei Infineon mit 2.800 Beschäftigten kommen in diesem Jahr ebenfalls rund 100 hinzu, sagte Sprecher Christoph Schumacher. Zum Juli fingen dort rund 30 Neue an.

Die Firmenchefs wiesen Altmaier allerdings darauf hin, dass sie auch anderswo investieren und dass auch in den USA und Asien hohe Zuschüsse geboten werden. Caulfield sagte, er spreche nicht gerne von Subventionen – vielmehr seien es „Investitionen“ des Staates, die sich lohnten. Die nächsten Schritte des Globalfoundries-Konzerns hingen daher auch davon ab, wie hoch das geplante europäische Förderprogramm Ipcei 2 und die amerikanische US Chips Bill ausfielen.

Globalfoundries will nicht mehr in China produzieren

Erst im März hatte Caulfield angekündigt, in diesem Jahr gleich viel Geld in die Standorte in Dresden, in den USA und in Singapur zu investieren – je 400 Millionen Euro. Vor wenigen Tagen aber gab er bekannt, in Singapur 3,4 Milliarden Euro in einen Neubau zu stecken. Dort reiche der Platz in den vorhandenen Reinräumen nicht mehr aus, sagte er auf Nachfrage.

Der Globalfoundries-Standort Singapur soll 1.000 neue Arbeitsplätze bekommen und künftig 1,5 Millionen Scheiben pro Jahr bearbeiten. An der Finanzierung beteiligen sich laut Caulfield auch andere Firmen – Kunden, für die Globalfoundries Chips herstellt. Das Unternehmen ist ein reiner Auftragsfertiger, liefert Chips also nach den Plänen der Elektronikfirmen.

Gescheitert ist dagegen der Versuch, eine Globalfoundries-Fabrik in China aufzubauen. Das Gebäude in Chengdu wurde zwar fertig, aber nie mit Anlagen bestückt. Caulfield sagte auf Nachfrage, es gebe keine Pläne zur Produktion in China. Erst einmal würden die vorhandenen Flächen genutzt. Die Branche rechne damit, dass der Bedarf an neuen Mikrochips sich innerhalb der nächsten acht Jahre verdopple.

Coronagerechte, aber freundliche Begrüßung: Infineon-Vorstand Jochen Hanebeck (rechts) Faust an Faust mit Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) vor der Infineon-Fabrik in Dresden.
Coronagerechte, aber freundliche Begrüßung: Infineon-Vorstand Jochen Hanebeck (rechts) Faust an Faust mit Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) vor der Infineon-Fabrik in Dresden. © dpa-Zentralbild/Matthias Rietschel

Förderprogramm Ipcei: Drei Milliarden Euro reichen nicht

Infineon-Vorstand Jochen Hanebeck versicherte, der Standort Dresden werde „weiter eine wichtige Rolle in den strategischen Überlegungen“ seines Konzerns spielen. 1,1 Milliarden Euro für die nächsten fünf Jahre sind bereits angekündigt. Doch auch in Villach in Österreich werde weiter investiert.

Die Mikrochip-Industrie sei die wohl wichtigste „Schlüsselindustrie“ in Europa und auch entscheidend für „nachgelagerte Industrien“ wie die Automobilbranche. In Autos stecken immer mehr Mikrochips, auch für elektrischen Antrieb und autonomes Fahren.

Hanebeck erinnerte Altmaier daran, dass Europas Chip-Industrie nicht einmal mehr zehn Prozent der weltweit produzierten Menge herstelle. Der Minister sagte, er wolle Europas Weltmarktanteil bei zehn Prozent stabilisieren und in Richtung 15 Prozent erweitern. Über das nächste EU-Förderprogramm Ipcei 2 werde daher in Brüssel verhandelt. Im Entwurf für den Bundeshaushalt stünden rund drei Milliarden Euro dafür. Doch es gebe schon Firmenanträge für die dreifache Summe.

Falls Intel investiert, soll noch Geld für andere bleiben

Die Förderung werde wohl „auf knapp zehn Milliarden“ aufgestockt werden müssen. Mit Milliarden würden auch Batteriezell-Produktion und Wasserstoff gefördert. Auch das sind Ipcei-Projekte. Die Abkürzung steht für Important Projects of Common European Interest, also: wichtige Projekte von gemeinsamem europäischen Interesse. Die Experten waren am Donnerstag noch uneins, wie die Abkürzung auszusprechen ist - die Süddeutschen sagten lieber "Ipkei", die anderen "Ipzei". Altmaier schien das zu merken und sprach schließlich die fünf Buchstaben einzeln.

Laut Sachsens Staatskanzleichef Oliver Schenk soll das Förderprogramm Ipcei 2 den Chipherstellern 20 bis 25 Prozent Zuschüsse zu deren künftigen Investitionen bieten. Bosch hatte für seine Investition von einer Milliarde Euro für die jüngste Fabrik in Dresden eine Zusage von 20 Prozent Subventionen bekommen.

Die EU hofft auch darauf, dass ein Weltkonzern wie Intel in Europa für viele Milliarden eine Fabrik für Chips mit besonders kleinen Strukturen baut. Globalfoundries hatte sich aus dem Wettrennen um immer weniger Nanometer verabschiedet. Altmaier sagte, er habe in Gesprächen mit Intel Offenheit signalisiert. Falls ein solcher Investor Unterstützung vom Staat bekomme, sollten andere nicht leer ausgehen. Wörtlich sagte Altmaier in Dresden: "Wenn es neue Investoren von außerhalb Europas gibt, wird es nicht zulasten von Unternehmen gehen, denen wir unsere Unterstützung bereits zugesagt haben."