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Das fordert Heidenau von der Bahn

Die neue Strecke Dresden-Prag wird Heidenau verändern. Dagegen kann die Stadt nichts tun - aber sie will mitreden und hat konkrete Vorstellungen.

Von Heike Sabel
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Die Neubaustrecke Dresden-Prag wird Heidenau verändern. Deshalb fordert die Stadt von der Bahn Hilfe.
Die Neubaustrecke Dresden-Prag wird Heidenau verändern. Deshalb fordert die Stadt von der Bahn Hilfe. © Deutsche Bahn

Es ist ein gigantisches Vorhaben: Die Bahn will eine neue Strecke zwischen Dresden und Prag bauen. Sie soll das Elbtal entlasten, den Verkehr auf der Schiene schneller machen - und wird Heidenau grundlegend verändern. Hier nämlich beginnt der rund 30 Kilometer lange Tunnel bis zum tschechischen Verkehrsknoten Ústí nad Labem (Außig). Wird er so gebaut wie geplant, wäre er Deutschlands längster Eisenbahntunnel.

Die Heidenauer haben bis auf die, die es direkt betrifft, in den vergangenen Jahren kaum aufgeschrien. Während sich in Dohma eine Bürgerinitiative stark machte und Erfolg hatte, blieb es in Heidenau weitgehend still. Künftig wird es das Gegenteil sein, denn es wird geben: mehr Gleise, mehr Lärm trotz leiserer Züge und damit höheren Bedarf an Lärmschutz. Heidenau wird nicht mehr nur von den Bahngleisen, sondern von Lärmschutzwänden durchschnitten, das ist ein realistisches Szenario.

Heidenaus Maximal-Katalog

Die Auswirkungen und Veränderungen kann Heidenau nicht verhindern, muss sie aber auch nicht so hinnehmen. Deshalb hat die Stadt jetzt einen Katalog mit Forderungen aufgestellt. Den wird die Bahn nicht 1:1 erfüllen, das ist Verwaltung und Stadtrat klar. Es gehe erst einmal um ein Maximum, über das verhandelt werden müsse. "Und wir werden genau schauen, was in den Planungen berücksichtigt wird und im Notfall auch Stopp sagen", sagt Bürgermeister Jürgen Opitz (CDU). Welche Konsequenzen ein Heidenauer Stopp hat, ist eine andere Frage.

Heidenau drängt auf die Interessen der Einwohner und der Stadt. Das sind die aus derzeitiger Sicht sieben wichtigsten Forderungen, die mit Fortschreiten der Bahn-Planungen noch konkretisiert werden.

1. Ausgleich für benötigte Grundstücke

Die Bahn wird für ihr Vorhaben Grundstücke in Heidenau benötigen. Egal, ob privat oder kommunal, ob Wohn- oder Gewerbeflächen, die Stadt fordert einen Ausgleich in Geld und Flächen - und die Klärung dazu vor Beginn der Arbeiten. Damit soll vor allem verhindert werden, dass Einwohner und Firmen abwandern. Zu den Betrieben, die entlang der Bahnstrecke liegen, gehören unter anderem Entsorger Kühl, die Susa GmbH und das Reifenwerk. Mit denen sei die Bahn der Stadt zufolge schon im Gespräch.

2. Straßen nicht belasten

Die Heidenauer Straßen sollen nicht belastet werden. Das betrifft die Bauzeit für den Tunnel, in der schwere Baufahrzeuge unterwegs sein werden. Und die sollen nicht über Schulwege fahren. Das scheint einer der wohl am schwersten umsetzbaren Forderungen zu sein. Für Schäden an Straßen durch Baufahrzeuge sind in der Regel ohnehin die Bauherren zuständig. Doch man will zum Beispiel nicht jetzt die Dresdner Straße sanieren, damit sie dann beschädigt wird.

3. Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs

Wenn die Bahn baut, soll sie auch was für den öffentlichen Personennahverkehr in Heidenau tun. Inwiefern mehr Busse, P+R-Plätze sowie Car- und Bike-Sharing noch Aufgaben sind, die der Bahn im Zusammenhang mit dem Strecken- und Tunnelbau aufgetragen werden können, ist strittig.

4. Mindestens zwei freie Durchfahrten

Heidenau ist durch die Bahnstrecke gespalten. Die Folge sind mehrere Durchfahrten. Mindestens zwei davon sollen während der Bauzeit immer frei sein. Das sollen favorisiert die auf der Scholl- und auf der Bebelstraße sein. Wenn das nicht möglich ist, müssen sich Alternativen angesehen und entsprechend hergestellt werden.

5. Ersatz für den Niederhof

Die Stadt Heidenau hat schon Jahre vor Bekanntwerden der Bahn-Pläne versucht, den Niederhof zu verkaufen. Keiner wollte die Ruine direkt an der S172, die auch noch Denkmal ist. Nun aber sieht Heidenau doch noch eine Chance, etwas herauszuschlagen. Weil der Niederhof dem Tunnel bzw. dessen vorgelagertem Bereich weichen muss, will die Stadt einen "monetären Ersatz" bzw. eine entsprechende Investition in ein Denkmal an anderer Stelle, zum Beispiel im Barockgarten, zu dem der Niederhof einst gehörte. Denkbar wäre das Friedrichschlösschen.

6. Natur erhalten

Wanderwege werden gekappt, der Froschteich-Wald gefällt: Auch dafür will Heidenau Ersatz, und damit dürfte die Stadt gute Chancen haben. Auch die Klimafaktoren seien zu berücksichtigen. Für diese Auswirkungen gibt es ein spezielles Gutachten, in dem auch konkrete Ersatzmaßnahmen festgeschrieben werden.

7. Geld für Personal und Rechtsberatung

Außerdem will Heidenau Geld - für Fachpersonal, Gutachter und juristische Beratung. Damit soll einerseits die Mehrarbeit in der Verwaltung im Zusammenhang mit dem Bahn-Vorhaben ausgeglichen werden und andererseits für den Fall vorgesorgt werden, dass Heidenau rechtlichen Beistand braucht, um die Interessen der Stadt durchzusetzen.