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"3G-Regel? Ich habe es endgültig dicke!"

Mit einem provokanten Facebook-Beitrag erntet der Eibauer Gastronom Martin Weise viel Zustimmung. Welche Sorgen die Branche jetzt plagen.

Von Romy Altmann-Kuehr
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Endlich kann Martin Weise - hier mit Ehefrau Jana und Küchenchef Stephan Otto - im Eibauer Brauhaus wieder Feiern ausrichten. Doch nun drohen den Gastronomen wieder neue Einschränkungen.
Endlich kann Martin Weise - hier mit Ehefrau Jana und Küchenchef Stephan Otto - im Eibauer Brauhaus wieder Feiern ausrichten. Doch nun drohen den Gastronomen wieder neue Einschränkungen. © Bernd Gärtner

Eigentlich ist Gastwirt Martin Weise ein ruhiger Zeitgenosse mit entspanntem Gemüt. "Es dauert eine Weile, bis mir der Kragen platzt", sagt er über sich selbst. "Auch, wenn es einen innerlich aufregt - manches im Leben kann man nicht ändern, das schluckt man halt runter." Aber jetzt ist dem sonst so gemütlichen Inhaber des Eibauer Brauhauses im Faktorenhof doch der Kragen geplatzt. Bei Facebook machte er seinem Ärger Luft - und erntete damit schon tausendfache Reaktionen. Es geht um die Corona-Regeln.

Laut der aktuellen sächsischen Corona-Schutzverordnung gilt: Steigt die 7-Tage-Inzidenz in einem Landkreis über 35 gilt für Gaststätten, Friseurläden und viele andere Einrichtungen die sogenannte 3G-Regel. Das bedeutet, Zutritt bekommen nur Geimpfte, Genesene oder negativ Getestete. Oder anders ausgedrückt: Wer sich dem Impfangebot verweigert, für den besteht eine Testpflicht. Dabei werden keine Selbsttests mehr akzeptiert, sondern es ist die Bestätigung eines anerkannten Testzentrums nötig. Kontrollieren müsste das dann der jeweilige Inhaber.

Facebook-Beitrag erntet Hunderte Kommentare

"Ich habe es endgültig dicke", schreibt Martin Weise in seinem Facebook-Post. Und weiter: "Ich werde darum kämpfen, dass ein jeder - wirklich jeder in meinem Hause willkommen ist ... mein Anspruch an alle ist ein vernünftiges Benehmen." Am Schluss seines Beitrags wird er ganz deutlich: "Keine 3-G-Regeln!", schreibt Weise.

Mit diesen deutlichen Worten hat der Gastronom offenbar einen Nerv getroffen. Hunderte Kommentare von Nutzern, die ihm zustimmen, hat er bei Facebook dafür bekommen. Mehr als 1.700 Leute haben seinen Beitrag "gelikt". Viele haben ihn angerufen, geschrieben, gemailt und ihm beigepflichtet. "Darunter etliche, die selbst Geschäftsleute sind", sagt Weise. Andere Gastwirte hätten seinen Post gleich übernommen. Sogar ein Politiker habe sich bei ihm daraufhin gemeldet. "Mit ihm hatte ich einen konstruktiven und verständnisvollen Austausch", erzählt der Gastronom.

Natürlich, sagt er, sei sein Schreiben auf Facebook etwas überspitzt formuliert. Es gehe ihm nicht darum, das Virus zu leugnen oder sich gegen jegliche Vorsichtsmaßnahmen und Regeln zu stellen. Er kritisiert vielmehr, dass die Wirte oder auch andere Ladeninhaber völlig allein gelassen werden. "Es gibt nichts Offizielles. Wir müssen uns jeden Tag informieren, was jetzt gerade gilt und was wir zu tun haben." Zudem habe er ein Problem damit, seine Gäste zu kontrollieren, sagt Weise. "Darf ich das denn überhaupt? Ich bin doch keine Behörde. Und was ist mit dem Datenschutz? Ich kann doch nicht von meinen Kunden verlangen, dass sie mir Bescheide und Befunde vorzeigen."

Auf der einen Seite verbiete es ihm die Datenschutzgrundverordnung, Kunden anzurufen, um zum Beispiel für eine Veranstaltung in seinem Lokal zu werben. Und auf der anderen Seite solle er den Gesundheitsstatus jedes Einzelnen überprüfen.

Andere Geschäftsinhaber teilen diese Meinung gegenüber SZ, möchten aber lieber anonym bleiben.

Gastronomen haben in Hygiene investiert

Martin Weise wollte nun nicht länger still bleiben. Er befürchtet, dass den Gastwirten wieder Kunden verloren gehen, wenn die 3G-Regel kommt. Aktuell liegt der Inzidenzwert im Kreis Görlitz bei knapp unter 30. Er kann sich gut vorstellen, dass Gäste angesichts solcher Maßnahmen lieber auf den Restaurantbesuch verzichten.

Und das kann sich derzeit niemand in der Gastro-Branche und auch in anderen Bereichen, die vom Lockdown betroffen waren, leisten. "Wir haben ja auch investiert", erzählt Weise. So sei im Brauhaus eine neue Belüftungsanlage installiert worden. Auf den Toiletten funktionieren die Wasserhähne jetzt über einen Sensor, sodass niemand mehr die Armaturen anfassen muss.

Helfen könnte seiner Meinung nach etwas mehr Vertrauen in die Eigenverantwortung der Menschen. "Nach diesem ganzen Investitionsmarathon und anderthalb Jahren mit der Pandemie muss man doch auch einfach mal auf die Vernunft der Menschen setzen", sagt er. Abstand und Hygieneregeln einhalten, das sei doch inzwischen selbstverständlich geworden. Und: Anfangs ging es doch auch mit den sogenannten Selbsttests. Das sei viel unkomplizierter gewesen. "Aber wer bezahlt denn 20 Euro in einem Testzentrum, nur um dann ins Restaurant gehen zu können?"

"Ohne die Unterstützung hätten wir es nicht geschafft"

Dazu kommt das Problem, dass der Gastro-Branche die Mitarbeiter verloren gehen. Denn viele haben sich aufgrund der unsicheren Lage umorientiert und arbeiten nun in anderen Berufen. Weise selbst beschäftigt zehn Kollegen, alle haben ihm bisher die Treue gehalten. Aber neue sind nicht in Sicht. Auch Auszubildende haben sich bei ihm dieses Jahr nicht beworben.

"Ich will mich gar nicht beklagen. Seit wir wieder öffnen dürfen, haben wir gut zu tun", sagt er. Die Gäste kämen wieder, sie seien froh, dass sie wieder ausgehen können und wollten die hiesigen Lokale auch unterstützen.

Und auch die finanzielle Unterstützung des Staates in der Corona-Krise hätte geholfen. "Ohne diese Unterstützung hätten wir es nicht geschafft", sagt Weise, der außer dem Brauhaus im Faktorenhof auch noch das Restaurant "Im Stad'l" in Neugersdorf betreibt. "Wenn es aber jetzt wieder solche Einschränkungen gibt und womöglich Betriebe aufgeben müssen, dann war dieses Geld, das der Staat investiert hat, für die Katz'."