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Nach Polizeieinsatz: Demo-Studenten treffen Minister

22 Studenten wurden beim Gegenprotest am Uniklinikum von der Polizei festgesetzt. Nun ist die Aktion Thema im Innenministerium.

Von Christoph Springer
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Der Polizeieinsatz am vergangenen Donnerstag, der sich auch gegen Medizinstudenten richtete, ist Thema bei einem Gespräch im Innenministerium.
Der Polizeieinsatz am vergangenen Donnerstag, der sich auch gegen Medizinstudenten richtete, ist Thema bei einem Gespräch im Innenministerium. © Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild

Dresden. Genau eine Woche nach dem Demo-Abend in Dresden, bei dem die Polizei von rund 220 Menschen die Personalien aufgenommen hat, trifft eine Studentengruppe den sächsischen Innenminister Roland Wöller. 22 Gegner der sogenannten Spaziergänger hatte die Polizei am vergangenen Donnerstag festgesetzt, ihre Personalien aufgenommen und Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen sie eingeleitet. Sie waren einem Studentenaufruf gefolgt, und hatten sich nahe der Uniklinik postiert, um sie symbolisch vor Corona-Leugnern und Impfgegnern zu schützen. Der Vorwurf: Sie sollen gegen die damals aktuelle Corona-Not-Verordnung verstoßen haben. Nach ihr waren Kundgebungen mit maximal zehn Personen erlaubt.

Der Innenminister hat die Initiative der Studenten - laut Polizei waren es rund 500 - am Tag nach der Demonstration gelobt. "Die Zivilcourage der Studierenden gestern Abend am Universitätsklinikum in Dresden war definitiv das richtige Signal, klare Kante gegen das aktuelle Corona-Protestgeschehen zu zeigen", erklärte Wöller und bedankte sich bei den Studenten. Dass ein Teil von ihnen von der Polizei festgesetzt wurde und nun mit Ordnungswidrigkeitsverfahren rechnen muss, wusste er zu diesem Zeitpunkt. Er fügte hinzu, es werde geprüft, "wie sich die Situation für die Beamten vor Ort genau dargestellt hat".

Das will er auch mit den Studenten tun. Zwar habe die Polizei die Corona-Not-Verordnung "grundsätzlich ohne Ansehen der Person durchzusetzen". Er wolle aber mit den Studenten sprechen.

Vor und nach Wöllers Äußerungen im Kurznachrichtendienst Twitter gab es Kritik an dem Polizeieinsatz. Stadtrat Chris Colditz (Linke) sagt, die bereits vor dem Abend geäußerten Forderungen des Innenministers zu Zivilcourage gegen Querdenker-Demos wirkten rückblickend wie Hohn. Kaum schaffe es die sonst eher träge Dresdner Zivilgesellschaft, ein klares Zeichen gegen Querdenker zu setzen, werde dies „durch Wöllers Polizei verhindert und mit Repression überzogen.“

Vertreter der Uniklinik unterstützen die Initiative der Studenten. Der Arzt Ulrich Schuler, Leiter der Palliativmedizin des Klinikums, schrieb in einem Brief, allzu oft hätten in den vergangenen Wochen Polizeieinheiten im Katz- und Mausspiel mit den "Spaziergängern" nicht die beste Figur gemacht. Die Studenten hätten sich "schützend vor ihre Ausbildungsstätte gestellt, damit Ärzte ungestört ihre Arbeit tun können". Dieses ungestörte Arbeiten werde seit Monaten behindert, "weil völlig unnötige, durch Impfung vermeidbare Krankheitsfälle das Gesundheitswesen belasten und teilweise lahmlegen."

Die Polizei selbst begründete am Tag nach den Demonstrationen ihren Einsatz gegen die Medizinstudenten mit der Corona-Not-Verordnung. Allerdings widersprachen Betroffene den Beamten daraufhin. Polizisten hätten selbst erst mit ihren Anweisungen dafür gesorgt, dass zu viele Gegendemonstranten zusammengestanden hätten, und dann deren Personalien aufgenommen. "Wir sind in eine Falle getappt", sagte einer von ihnen.

Zugleich bemängelte die Polizei, dass die Studenten-Demo nicht zuvor angezeigt worden war. Der Pfleger Jonas Leuwer berichtete daraufhin, er habe eine Spontandemo angezeigt, sie sei genehmigt und ihm ein Platz für diese Demonstration zugewiesen worden. Die Polizei erklärte dazu auf SZ-Nachfrage, es sei keine Demo-Anmeldung bekannt.

Wöller trifft sich nun an diesem Donnerstag mit Vertretern des Medizin-Fachschaftsrates, der die Protestkundgebung maßgeblich mitorganisiert hat. Das Gespräch im Innenministerium "soll dazu beitragen, die Perspektiven der Studierenden und der Polizeiführung auszutauschen und gegenseitiges Verständnis für die jeweilige Situation vor Ort zu wecken", erklärt Ministeriumssprecherin Silvaine Reiche. Neben dem Minister und den Studenten sitzt dabei auch der Dresdner Polizeipräsident Jörg Kubiessa mit in der Runde. Als Chef der Beamten ist letztlich er für die Entscheidungen der Polizeiführung an diesem Abend und das Vorgehen der Einsatzbeamten vor Ort verantwortlich.

Für eventuell anfallende Kosten, zum Beispiel bei Gerichtsprozessen gegen die 22 Studenten, wird Geld gesammelt. 6.000 Euro wollte der Fachschaftsrat dafür zusammenbekommen, bis zum Mittwochnachmittag wurden aber bereits mehr als 23.000 Euro gespendet. Wer diese Aktion ebenfalls unterstützen möchte, findet die dafür nötigen Daten auf der Internetseite des Fachschaftsrates in einer Stellungnahme zu der Protestaktion am 13. Januar.