Dresden
Merken

Diskussion um Haushaltssperre: Dresdner Stadtrat verärgert Sportler

Unter der Haushaltssperre leiden viele Bereiche in Dresden. Der Stadtrat wollte jetzt einen Teil des Geldes freigeben. Am Ende scheiterte das an einer Abstimmungspanne eines Stadtrates.

Von Andreas Weller
 5 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Der Kinder- und Jugendsport in Dresden leidet unter der Haushaltssperre. Wie ein Abhilfeversuch scheiterte.
Der Kinder- und Jugendsport in Dresden leidet unter der Haushaltssperre. Wie ein Abhilfeversuch scheiterte. © Matthias Rietschel (Symbolbild)

Dresden. Seit Juni hat die Stadtverwaltung eine Haushaltssperre verhängt. Das bedeutet, nur noch Pflichtaufgaben wie Bebauungspläne, Straßenerhalt inklusive Winterdienst und Beleuchtung, Schulen, Feuerwehr, Friedhöfe und sogenannte Weisungsaufgaben wie Denkmalschutz, Bauaufsicht, Polizeibehörde, Meldewesen und einiges mehr werden komplett abgedeckt.

Ein Drittel der freiwilligen Aufgaben ist hingegen gesperrt. Das bedeutet, das Geld für beispielsweise Jugendhilfe, Soziales und Sport muss jeweils einzeln beantragt werden. So will die Stadt 58 Millionen Euro sparen. Da bereits einiges davon tatsächlich nicht ausgegeben wurde, wollte die Stadträte nun eigentlich für einzelne Bereiche die Sperre aufheben.

Wofür sollte das Geld genau freigegeben werden?

Die Sparmaßnahmen der Stadt scheinen zu fruchten. Dadurch und weil die Steuereinnahmen steigen, geht die Stadt zum Jahresende nur noch von einem Minus von 2,3 Millionen Euro aus. Dazu gab es mehrere unterschiedliche Ansätze.

Der Ursprungsantrag stammt von der Fraktion die Linke, die fordert, die Sperre für die Freien Träger in den Bereichen Soziales, Jugendhilfe und die Sportvereine aufzuheben. Die SPD ergänzte dies, die Haushaltssperre solle komplett aufgehoben werden.

Dann gab es noch einen Antrag von CDU und Freien Wählern dazu, die die Sperre nur für den Sport aufheben wollen und 1,2 Millionen Euro, die für die Förderung von Bauprojekten der Dresdner Sportvereine vorgesehen waren und absehbar in diesem Jahr nicht ausgegeben werden können, in die Förderung insbesondere für die Jugendbereiche und Trainer umzuverteilen.

Wie wurde im Dresdner Stadtrat argumentiert?

"2,3 Millionen Euro Defizit sind kein Grund für so ein drastisches Mittel wie eine Haushaltssperre", so SPD-Stadtrat Magnus Hecht. Deshalb solle die Sperre für alle Bereiche aufgehoben werden. "Ohne die Sperre sehe es ganz anders aus", entgegnete FDP-Stadtrat Christoph Blödner. "Wir leben über unsere Verhältnisse und wenn wir die Sperre aufheben, fällt uns das noch heftiger auf die Füße."

Der Rat müsse verantwortungsvoll mit den Finanzen der Stadt umgehen, betonte Peter Krüger (CDU). "Die linke Seite will weitermachen, als ob es kein Morgen gäbe. Wir haben Aufgaben wie die DVB-Finanzierung und das Klinikum erst noch vor uns." Deshalb solle nur der Sport zusätzlich bedacht werden, da dort rund 113.000 Dresdnerinnen und Dresdner in dem knapp 400 Vereinen organisiert und auch dort die Kosten beispielsweise für Energie extrem gestiegen sind. Claus Lippmann (Freie Bürger) ergänzte, dass Sport präventiv wirke und deshalb die Ausnahme gemacht werden solle.

Tilo Kießling warnte, dass die Bereiche gegeneinander ausgespielt werden. "Warum für den Sport ja und die Jugendhilfe nicht?" Die Vereine der Freien Träger dort hätten auch höhere Sachkosten wie für Energie, keine personellen Kapazitäten, wenn Kinder besondere Unterstützung brauchen und der Bereich leiste ebenso Prävention.

Die Dissidenten betonten, dass der Rat ja auf rund 45 Millionen Euro verzichte, weil er nicht wie von Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) vorgeschlagen die Parkgebühren erhöhe. Johannes Lichdi bezeichnete die Sperre als "politischen Skandal". "Dem Rat wird damit die Macht genommen, das ist ein Ermächtigungsgesetz."

Wie wurde im Stadtrat Dresden abgestimmt?

Bevor es in die Abstimmung ging, machte OB Hilbert deutlich, dass er einen Widerspruch prüfen werde, wenn die Sperre aufgehoben wird. Dann kam es zu einem gigantischen Chaos: Der Antrag der SPD, dem sich die Linke anschloss - auf komplette Aufhebung der Sperre - wurde abgelehnt. Die Gelder nur für den Sport freizugeben, bekam mit 33 Stimmen dafür und 33 Stimmen dagegen keine Mehrheit, wurde damit genauso abgelehnt wie alle weiteren Punkte.

Nach fünf Abstimmungen schien klar: Die Sperre bleibt. Dann meldete die CDU eine Abstimmungspanne. In einer Auszeit wurde das überprüft, dann ging es in die Pause und erst deutlich später konnte das aufgeklärt werden.

CDU-Stadtrat Hans-Joachim Brauns hatte seine Karte falsch in die Abstimmungsanlage gesteckt, sein Votum wurde nicht gewertet. Das wäre die eine Stimme, die notwendig gewesen wäre, um zumindest für den Sport die Freigabe der Förderung zu beschließen. "Das ist so als wäre man nicht anwesend", erklärte Hilbert. "Ich sehe aber keine Möglichkeit, die Abstimmung zu wiederholen."

Wie sind die Reaktionen darauf?

Der Präsident des Stadtsportbunds Dresden ist entsetzt. "Die Vereine bekommen wegen der Entscheidung deutlich weniger Geld, als ihnen an Förderung gemäß Förderrichtlinie zusteht", so Lars Kluger. Geld sei trotz Haushaltssperre genug da - eben für die Förderung von Bauvorhaben - werde nun aber nicht ausgegeben.

"Besonders betroffen davon ist das Ehrenamt, Übungsleiter und der Kinder- und Jugendbereich. Das ist sehr bitter. In der Sache ist das völlig unverständlich, die Dresdner Sportvereine wurden hier zum parteipolitischer Spielball."

Auch der für Sport zuständige Bildungsbürgermeister Jan Donhauser (CDU) zeigte sich geknickt. "Es ist mir völlig unverständlich, dass der Sport hier unter die Räder kommt. Ich habe monatelang mit vielen Beteiligten an einer Lösung gearbeitet, die möglich gewesen wäre."

Den Grünen sei es um "soziale Ausgewogenheit" gegangen, sagt Stadtrat Torsten Hans. "Diese war mit dem Ursprungsantrag zur Befreiung für die Bereiche Sportförderung, Jugendhilfe und soziale Förderung von der Haushaltssperre sehr gut gegeben. Dass dieser Beschluss von einer Stadtratsmehrheit rechts der Mitte und dem Oberbürgermeister verhindert wurde, ist für uns enttäuschend. Die CDU hat sich dafür entschieden lieber gar kein zusätzliches Geld, auch nicht für den Sport, zur Verfügung zu stellen, als alle gesellschaftlichen Bereiche zu berücksichtigen."

Die vorgeschlagene Umschichtung von Sportmitteln in Höhe von 1,2 Millionen Euro sei auch ohne Beschluss des Rates möglich, so Hans. "Dies sollte von der Kämmerei und dem OB nicht länger verhindert werden. Damit liegt für den Sportbereich die Lösung auf der Hand. Im sozialen und Jugendbereich geht das nicht, da die CDU eine sozial ausgewogene Anpassung der Haushaltssperre verhinderte." Die CDU habe vor den interfraktionellen Änderungsantrag im Finanzausschuss noch zugestimmt, die Sperre für mehrere Bereiche aufzuheben und im Rat dann nicht mehr.