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Darum schließt die Wein- und Tapas-Bar Barceloneta in der Dresdner Neustadt

Das Barceloneta ist ein Garant für hervorragende Weine im Herzen der Dresdner Neustadt. Doch Ende Juni ist Schluss. Warum Inhaber Michael "Miguel" Matthes die beliebte Wein- und Tapas-Bar aufgibt.

Von Juliane Just
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Hat sich den Weinen verschrieben: Michael "Miguel" Matthes hat die Wein- und Tapas-Bar Barceloneta in der Dresdner Neustadt neun Jahre geführt. Nun gibt er das Lokal auf.
Hat sich den Weinen verschrieben: Michael "Miguel" Matthes hat die Wein- und Tapas-Bar Barceloneta in der Dresdner Neustadt neun Jahre geführt. Nun gibt er das Lokal auf. © René Meinig

Dresden. Es gibt Aussagen, die ihn aufregen. Wenn ein Gast einen "schönen Wein" bestellt oder das "leckere Essen" lobt, dann stellen sich bei Michael "Miguel" Matthes die Nackenhaare auf. Das passt so gar nicht zu seiner Idee, den Dresdnern Genuss zu vermitteln - und gerade das hat er sich im Barceloneta vorgenommen. Zumindest bis Ende Juni, dann ist Schluss.

Dabei ist die Wein- und Tapas-Bar inzwischen eine feste Instanz auf der Alaunstraße, sozusagen im Epizentrum der Neustadt. Der kleine Laden wirkt von außen unscheinbar, wartet aber innen mit einer liebevollen Einrichtung, warmen Farben und unzähligen Weinsorten auf. Das Lokal ist jeden Abend gut besucht.

Und trotzdem sagt Inhaber Matthes: "Neun Jahre sind genug." Er übernahm die Bar 2013 von seinem Vorgänger Steffen Zuber, den er als Gast kennenlernte. In dem kleinen Lokal ließ er fast alles in seinem Urzustand. Viele neue Weinsorten zogen mit ein, die Speisekarte wurde spanischer. "Mir gefiel die Kombination von Tapas und Wein, ein sehr interessantes Konzept. Mir ging es hier darum, einen persönlichen Ausdruck zu finden." Das gelang ihm. Einige Stammgäste mussten sich umgewöhnen, kamen vielleicht nicht wieder. Dafür kamen andere - und blieben.

Die Wein- und Tapas-Bar Barcelonetta, über Jahre zu einer festen Instanz in der Alaunstraße in der Dresdner Neustadt geworden, schließt Ende Juni.
Die Wein- und Tapas-Bar Barcelonetta, über Jahre zu einer festen Instanz in der Alaunstraße in der Dresdner Neustadt geworden, schließt Ende Juni. © René Meinig

Barceloneta wandelt sich vom Fastfood-Laden in eine Tapas-Bar

Als er anfing, erzählt er, kannte man das Barceloneta im Kiez als Fastfood-Laden. Heute gibt es bei Matthes moderne spanische Küche, verbunden mit "einer Leidenschaft und dem Wissen für Wein". Er ist nicht nur Sommelier, sondern kennt sich auch mit Sensorik und Weinanbau bestens aus. "Ich habe viele Gespräche geführt, viel Literatur gelesen, bin viel gereist, alles fürs Thema Wein", sagt er. Im Barceloneta stehe eine "herausragende Weinbibliothek", die die Gäste zu schätzen wüssten. Warum also schließen?

"Ich bin 63 Jahre alt und das ist ein Knochenjob, körperlich als auch geistig", sagt Miguel Matthes. Er sei im Dauereinsatz und wolle nicht mehr 365 Tage an einen Standort gebunden sein. Das Alter lasse sich nicht wegreden und er wolle über die Zeit, die ihm noch bleibe, frei entscheiden können. "Das ist hier ein schönes Hamsterrad, aber es bleibt ein Hamsterrad."

Die Schließung des Lokals schmerze ihn nicht, seine Entscheidung sei begründet. Überhaupt habe er im Schnitt alle zehn Jahre einen Tapetenwechsel in seinem Leben gehabt, nun sei es wieder Zeit. Mit acht Jahren zog der gebürtige Berliner mit seiner Familie nach Spanien. Zwar zog Matthes zwischenzeitlich in seine Heimatstadt zurück, eröffnete dort ein spanisches Restaurant. Doch 1999 zog es ihn wieder nach Valencia. Er wurde Sommelier und führte eine Weinschule. 13 Jahre lebte er dort, bis er nach Deutschland zurückkam. Dresden war damals sein erstes Ziel, nun ist er neun Jahre hier.

Seine langjährigen Spanien-Aufenthalte erklären auch das Spiel mit seinem Namen. Den Namen Michael, sein eigentlicher Vorname, möchte Matthes nicht mehr hören. Er nennt sich seit Jahren "Miguel". Und das nicht nur, weil das besser zum Barceloneta passt, sondern auch, weil der 63-Jährige eben fast sein ganzes Leben in Valencia gewohnt hat. Dort kann mit dem Namen Michael niemand etwas anfangen.

"Das Barceloneta ist dann Geschichte"

Doch in Dresden ist der Name bekannt, inzwischen untrennbar mit dem Barceloneta. Wer nun hofft, dass die Wein- und Tapas-Bar einen dritten Nachfolger findet, wird enttäuscht - dieser wird gar nicht erst gesucht. "Das Barceloneta ist dann Geschichte", sagt Matthes. Der Nachbar, das asiatische Restaurant Pho Viet, übernimmt die Räume und baut sie aus, um künftig mehr Gäste zu bedienen.

Wo es Miguel Matthes nun hin verschlagen wird, weiß er noch nicht. "Ich war schon immer ein Reise-Onkel", sagt er. Klar ist: Er bleibt seiner Leidenschaft, dem Wein, treu. Hinter dem Barceloneta steht sein Unternehmen Winehead, das er nun weiterführen will. Dort geht es - wenig überraschend - um den Genuss.

"Wir essen dreimal am Tag, aber keiner macht sich Gedanken darüber", sagt Matthes. Er habe schon viele Genuss-Seminare gegeben - mal über Wein, mal zu spanischem Schinken. Das wolle er nun weiterführen, in sanfterem Tempo. Er hat ein Bildungskonzept erarbeitet, das sich mit der Entstehung von Wein und dem Geschmack beschäftigt. Das will er Interessierten beibringen, die einen Wein wirklich schmecken und nicht nur nebenbei trinken wollen. Und Fragen wie "Haben sie einen schönen Wein?" will er nie wieder hören.