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Werden die Pläne für den Leipziger Bahnhof in Dresden jemals umgesetzt?

Der Siegerentwurf für das letzte große Entwicklungsgebiet im Zentrum Dresdens wurde vor kurzem feierlich gekürt. Doch es gibt Zweifel, dass dort überhaupt gebaut wird. Diese werden durch eine politische Entscheidung bestärkt.

Von Andreas Weller
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Das ist der Siegerentwurf für den Alten Leipziger Bahnhof, an der Umsetzung wird gezweifelt.
Das ist der Siegerentwurf für den Alten Leipziger Bahnhof, an der Umsetzung wird gezweifelt. © Architekturbüro "Kopperroth Architektur & Stadtumbau"

Dresden. Die Pläne mit dem 27 Hektar großen Areal sind groß, in einem aufwendigen Verfahren wurde der Entwurf gekürt, wie es rund um den Alten Leipziger Bahnhof in Dresden bald aussehen soll.

Noch kurz nach der Verkündung des Siegerentwurfs wird nun klar: Dieser könnte womöglich nie umgesetzt werden. Woran das liegt und weshalb eine Stadtratsentscheidung dazu beiträgt, dass die Hoffnung sinkt.

Wie ist die Ausgangssituation?

In einem bisher einzigartigen Verfahren hat die Stadt den Siegerentwurf für das Gebiet gefunden, das entscheidend für die Stadtentwicklung in Dresden ist. Es ist das größte zusammenhängende Areal im Stadtzentrum, das noch entwickelt werden kann und damit prägend für Dresdens Zukunft ist.

Rund um den Alten Leipziger Bahnhof soll der Spagat geschafft werden, neue Wohnungen, möglichst auch Sozialwohnungen, mit Grünflächen eine Aufenthaltsqualität für alle Dresdnerinnen und Dresdner, eine Erinnerung für den Bahnhof als erste Dresdner Ferneisenbahnstrecke, einen Gedenkort, weil im Zweiten Weltkrieg von dort jüdische Menschen deportiert wurden, einen Ort für Jüdisches Leben in Dresden zu schaffen und alles andere, was bereits vorhanden ist, zu erhalten, inklusive der Denkmale.

All das hat nach Auffassung der Preisrichter der Entwurf "Urbanität und Wildnis" vom Berliner Architekturbüro "Kopperroth Architektur & Stadtumbau", in Zusammenarbeit mit den Büros "Fabulism" - ebenfalls aus Berlin - und "Station C23" aus Leipzig, am besten umgesetzt.

Anhand dieses Entwurfs wird nun weiter geplant. Baubürgermeister Stephan Kühn (Grüne) sagte, die ersten Baumaßnahmen, für die kein Bebauungsplanverfahren notwendig sind, können 2025 beginnen. Auch künftig solle keine der bisherigen Nutzungen verdrängt werden - von Clubs und andere Kultureinrichtungen, Kreative, über die Synagoge bis hin zum Wagenplatz, auf dem einige wohnungslose Menschen in Wohnwagen leben.

Was ist nun das Problem?

Das zentrale Problem sind die Eigentumsverhältnisse. Es gibt zwölf unterschiedliche Eigentümer der Grundstücke auf dem Areal, darunter auch Handelsunternehmen wie Globus, aber kein einziges Grundstück gehört der Stadt.

Große Teile der Flächen sollen nach den Plänen nicht bebaut werden, sondern als Grünflächen, Skateanlagen und so weiter allen zur Verfügung stehen. Dazu kommen die Kultureinrichtungen, Denkmale, ein geplantes Jüdisches Begegnungszentrum, mit denen aus Sicht der Eigentümer ebenso kein Profit gemacht werden kann. Mit Wohnungen bebaut - und damit zu einer Einnahmequelle gemacht - werden können nur wenige Flächen. Das bedeutet, es muss ein sogenanntes Umlegungsverfahren durchgeführt werden, in dem die Flächen im Einvernehmen mit den Eigentümern so aufgeteilt werden, dass jeder damit Geld verdient. Die Stadt hat darauf wenig Einfluss, weil sie kein Stück des Areals besitzt.

Wie sollte das geändert werden?

Die Geschäftsführerin vom Bauforum Dresden, Marion Kempe, war in der Gruppe zur Planung des Alten Leipziger Bahnhofs und hat in Dresden bereits 32 Baugemeinschaftsprojekte initiiert und begleitet. "Die Umsetzung ist ein langer Weg", sagt sie voraus. "Nur wer Flächen hat, bestimmt auch Entwicklung mit. Wer nicht, ist Moderator - diese Position ist schwächer."

Sie erinnert daran, dass 2018 für das Areal das Ziel ausgegeben wurde, preisgünstigen, behindertengerechten und familienfreundlichen Wohnraum zu schaffen. "In der Hafencity werden Wohnungen für 6.300 und über 8.000 Euro pro Quadratmeter angeboten – da gibt es keine soziale Durchmischung. Dafür werden auch Bauherrengemeinschaften benötigt." Da die entgegen der Baukosten die Grundstückpreise derzeit sinken, sei jetzt ein guter Zeitpunkt für die Stadt, Flächen zu kaufen. "Es wäre gut, über städtische Flächen Baugemeinschaften dort einzubringen." Und diesen schnelles Baurecht in Aussicht zu stellen.

Die SPD hat einen entsprechenden Antrag in den Stadtrat eingebracht. "Für den Bereich, in dem ein großer Teil Wohnungen entstehen kann, gibt es derzeit keine Ambitionen der Stadt zum Erwerb", so Stadtrat Stefan Engel. "Aber wir müssen da mit kommunalem Wohnungsbau in die Spur gehen. Das hat der Rat 2018 beschlossen. Wir haben als Stadt eine Entwicklungsfunktion. Deshalb wollen wir einen Grundsatzbeschluss, an die Eigentümer heranzutreten, um über einen Teilankauf zu sprechen und in eine aktive Rolle zu kommen." Es müsse nicht sofort gekauft werden, aber es brauche das Signal an die Eigentümer, dass die Stadt mit entscheiden will und bereit ist, Geld in die Hand zu nehmen. Das gelte auch für die Bereiche, für die eine kulturelle Nutzung vorgesehen ist, damit diese nicht von den Eigentümern zur Disposition gestellt wird.

Wie wurde dazu entschieden?

Auch dieser Punkt spaltete den Dresdner Stadtrat. Stadt solle Flächen kaufen, wo noch gar nicht klar sei, was dort passiert, monierte CDU-Stadtrat Mario Schmidt. "Der Siegerentwurf hat keine guten Aussichten, so realisiert zu werden. Es gibt zwölf Eigentümer."

Die Einsicht, Grundstücke kaufen zu wollen, komme zu spät, so Torsten Nitzsche (Freie Wähler). "Ist es sinnvoll, unsere Steuergelder dafür auszugeben, weitere Grünflächen zu schaffen oder Schuttberge zu sichern oder Geld in Bau von Wohnungen investieren? Wir denken, dass wir unsere Steuergelder in Dresden sinnvoller ausgeben sollten."

Auch die AfD sieht den Ankauf kritisch und sagt, die Stadt solle so "spekulativ" in den Grundstücksmarkt eingreifen.

Thomas Löser (Grüne) warnte noch: "Ich hoffe nicht, dass der Stadtrat dieses tolle Projekt wieder zerquatscht. Stadt könnte auch andere Grundstücke tauschen." Johannes Lichdi (fraktionslos) fügte an: "Es wäre sehr schade, wenn dieses sehr wichtige Projekt scheitern würde."

Am Ende wurde der Antrag, als Stadt in Grundstücksverhandlungen zu gehen und damit mehr Einfluss auf die Umsetzung zu bekommen, mit einer Stimme Mehrheit abgelehnt - dagegen stimmten CDU, AfD, freie Wähler und FDP.