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So soll die Dresdner Augustusbrücke zur Karlsbrücke werden

Plätze für Maler, ein Festival für Street-Dance, ein Weihnachtsmarkt, Raum für das Stadtfest - mit einem neuen Konzept will Dresden die Augustusbrücke beleben. Die Prager Karlsbrücke dient erneut als Vorbild.

Von Kay Haufe & Dirk Hein
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Belebt wie selten zuvor während der Weihnachtszeit: Viele Passanten wechseln auf der Augustusbrücke die Elbseiten. Was noch fehlt, sind kulturelle Events auf der Brücke.
Belebt wie selten zuvor während der Weihnachtszeit: Viele Passanten wechseln auf der Augustusbrücke die Elbseiten. Was noch fehlt, sind kulturelle Events auf der Brücke. © Sven Ellger

Dresden. Sie ist voller Leben in diesen Tagen, die Augustusbrücke. Menschen strömen von der Alt- in die Neustadt und in die andere Richtung. Selten war Dresdens älteste Brücke so nah am gewünschten Ideal - der Prager Karlsbrücke. Was hier allerdings fehlt, ist Kultur. Spielt in Prag täglich eine Brückenband, verkaufen Künstler ihre Arbeiten und Straßenhändler ihre Produkte dort, ist die Augustusbrücke bisher lediglich eine Verbindungsroute.

Dabei sollte längst ein touristischen Nutzungskonzept erstellt werden, der entsprechende Stadtratsbeschluss stammt aus dem Jahr 2014, als auch entschieden wurde, dass die Brücke fast komplett autofrei wird. Das Konzept sollte unter anderem künstlerische Aktionen vorschlagen, mit denen die Brückenflächen belebt werden könnte.

Bisher warteten die Stadträte vergebens darauf. Doch nun, acht Jahre später, soll es endlich in den Ämterlauf gehen. Die Brücke zumindest ist mittlerweile weitgehend autofrei. Nach anfänglicher Kritik scheint das nach einiger Anlaufzeit akzeptiert.

Was unterscheidet die beiden Brücken?

Sorglos schlendern mit unverbautem Blick auf die Altstadt und den Burgberg: Dafür ist die Prager Karlsbrücke bei Einheimischen und Gästen beliebt. Denn im Gegensatz zu Dresden ist sie komplett verkehrsfrei und nur für Fußgänger geöffnet. Auf der Augustusbrücke dürfen jedoch Straßenbahnen, Ver- und Entsorgungsfahrzeuge sowie Taxis und Stadtrundfahrt-Busse fahren. Die Trams sind mit bis zu 50 Kilometern pro Stunde unterwegs, als Fußgänger fühlt man sich dabei unsicher auf der Fahrbahn. Zudem sind die Borde der Fußwege so hoch, dass sie als Barriere wirken.

Die Stadt hatte geprüft, sogenannte Shared Spaces einzuführen, also Bereiche, auf denen sich alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt und rücksichtsvoll auf der Brücke begegnen könnten. Doch dafür hätten Borde abgesenkt und die Brüstung für Radfahrer auf 1,30 Meter erhöht werden müssen. Dies hätte einen gravierenden Eingriff in das Kulturdenkmal bedeutet, auch der Denkmalschutz sprach dagegen.

Was plant die Stadt für die Augustusbrücke?

Das Rathaus will die Brücke in erster Linie für "anspruchsvolle Künstlerinnen und Künstler attraktiv gestalten. Als Vorbild dazu dient das Beispiel Prag." Die Stadt solle dafür einen Rahmen vorgeben und Gelder zuschießen. Ein Kurator soll ein hohes Niveau der Künstler sicherstellen und einzelne Projekte auf der Brücke koordinieren.

Denkbar sind auch spezielle Brückenfeste und die Vergabe einer "Konzession" an Veranstalter ähnlich dem Stadtfest und der thematischen Weihnachtsmärkte. Das Rathaus plant mit mehreren festen Ankerterminen pro Jahr. Anfang Januar wären Märkte und eine mehrtägige Lichtinstallation vorstellbar, im Mai eine Kooperation mit Dampferparade und Dixieland Festival. Im Juli könnte der Schaubudensommer die Brücke füllen, im August das Stadtfest, im Oktober ein Weinfest. Im Dezember könnte der Weihnachtsmarkt von der Hauptstraße auf die Brücke wachsen.

Welche weiteren Ideen liegen vor?

Das Citymanagement möchte ein "LED-Herztor" als Hotspot für Fotografen und als Bindeglied zwischen Altstadt und Neustadt einrichten. Die Dresdner Musikfestspiele wollen die Brücke mit kleinen Konzerten in den Kanzeln der Brücke zum Klingen bringen.

Stadtfest-Organisator Frank Schröder wäre bereit, die Brücke in das Stadtfest einzubeziehen, bräuchte dafür aber einen Zuschuss von der Stadt. Die Dresden Information schlägt ein Tanz-Event und eine Open-Air-Galerie vor. Die Rallye Elbflorenz könnte die Brücke zum Ausstellen der Oldtimer nutzen.

Könnte der Verkehr zeitweise runter von der Brücke?

Im Prinzip ja, sagt die Stadt, um sofort einzuschränken, dass Brückensperrungen nicht im Vordergrund stehen sollten. "Eine zusätzliche Sperrung für den Linien- und Fahrradverkehr und damit die Nutzung als reine Fußgängerzone ist in Ausnahmefällen auf Antrag möglich, bringt allerdings auch Einschränkungen des Charakters der Brücke als Verkehrsverbindung zwischen Alt- und Neustadt mit sich", heißt es aus dem Geschäftsbereich Kultur und Tourismus.

Aufgrund der Größe der Brücke könne die gewünschte belebte Wirkung vor allem im Rahmen von Großveranstaltungen erzielt werden - wie beispielsweise dieses Jahr im Rahmen des Festes "Dresden is(s)t bunt. Ein Gastmahl für Alle".

Welche Reaktionen gibt es auf das Konzept?

Viel Kritik kommt von Holger Zastrow, dem Vorsitzenden der FDP-Fraktion im Stadtrat. "Die zentrale Forderung wird nicht erfüllt, nämlich den Verkehr runterzunehmen und die Brücke für Fußgänger zu öffnen", sagt er mit Blick auf das Konzept, das gar keines sei, sondern lediglich eine Aneinanderreihung von Ideen.

"Wir brauchen eine komplett gesperrte Brücke an geeigneten Wochenenden, wenn viele Touristen da sind." Zastrow ärgert sich auch darüber, dass die Kunst kurartiert werden soll. "Genau das Gegenteil braucht die Brücke, ohne lange Antragsverfahren." Zudem sei gar kein Geld im Haushalt dafür eingestellt - "Also passiert da zwei Jahre lang nichts."

Auch Susanne Dagen (Freie Wähler/Freie Bürger) hat Bedenken: "Das Konzept spricht von 'kuratierter Kunst'. Kuratiert meint hier gelenkt eben wenig kreativ und frei, wie es auf der Prager Karlsbrücke, die hier als Ideengeber fungiert, praktiziert wird." Dresden würde "nur ein weiteres kulturpolitisches Subventionsloch finanzieren, ohne Überraschung für den Dresdner und ohne Mehrwert für den Tourismus in Dresden."

Lob dagegen kommt vom Grünen-Stadtrat und Landtagsabgeordneten Thomas Löser. "Es ist gut, dass endlich eine breit angelegte Ideensammlung vorliegt. Aber wir sollten uns auf einige Elemente konzentrieren und unkomplizierte Lösungen dafür finden. Es sollte geprüft werden, wie oft es möglich ist, den Verkehr zeitweise ganz von der Brücke runterzunehmen."