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Eines der modernsten Polizeigebäude im Reich

Das Polizeigebäude an der Dresdner Schießgasse setzte einst Maßstäbe. Vor 120 Jahren wurde es in Betrieb genommen.

Von Ralf Hübner
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Das Königliche Stadtgendarmerie-Korps vor dem 1901 eingeweihten Polizeipräsidium auf der Schießgasse. Es bestand damals aus 227 Mann, vor allem ehemaligen Unteroffizieren, die aus der Armee ausgeschieden waren.
Das Königliche Stadtgendarmerie-Korps vor dem 1901 eingeweihten Polizeipräsidium auf der Schießgasse. Es bestand damals aus 227 Mann, vor allem ehemaligen Unteroffizieren, die aus der Armee ausgeschieden waren. © Foto: Archiv Polizeidirektion Dresden

Es ist eines der größten Gebäudekomplexe in der Innenstadt. Allein die Hauptfront des Polizeigebäudes an der Schießgasse misst 134 Meter. Als es die Dresdner Polizisten vor 120 Jahren am 17. Februar 1901 offiziell in Besitz nahmen, war vom „Palast des Polizeipräsidiums“ die Rede. Für andere war sie die „Polizeiburg in der Schießgasse“. Es war damals eines der modernsten Polizeigebäude im Reich.Zuvor hatte das Coselpalais an der Frauenkirche den Beamten als Quartier gedient. Als die Einwohnerzahl vor allem in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts immer mehr anstieg, wurde es für die auf rund 1.000 Mann angewachsene Polizeibehörde jedoch zu klein. Ursprünglich wollte die Stadt deshalb auf dem Grundstück einer ehemaligen Reiterkaserne an der Reitbahnstraße ein neues Polizeigebäude errichten, entschied sich aber 1889 für die Schießgasse, wo das Land Grundstücke für ein geplantes Gerichtsgebäude erworben hatte. Planung und Bau dauerten rund zwölf Jahre. Die Kosten beliefen sich auf gut 2,48 Millionen Mark. Für den Neubau der Polizeidirektion fielen zwölf Barockhäuser der Abrissbirne zum Opfer, die Schießgasse wurde von neun auf 18 Meter verbreitert. Dazu musste ein weiteres Gebäude fallen.

"Ein Hort der Sicherheit"

Die Bauausführung lag in Händen von Landbaumeister Julius Eduard Temper, der 1894 mit den Planungen beauftragt wurde. Er galt als ein Vertreter der „Spätphase des Historismus“. Die Arbeiten des heute nahezu unbekannten Architekten waren mehrfach preisgekrönt. Von ihm stammte unter anderem das ehemalige erste Fernheiz- und Elektrizitätswerk Europas an der Semperoper. Die Architektur des Polizeipräsidiums beschrieb er als eine „Verschmelzung“ von Gerichtsgebäuden, Kasernen und Festung: „Die hohen Eck- und Mitteltürme sollten dabei über die Nachbargebäude reichen und damit aussagen: Hier steht ein öffentliches Gebäude, ein Hort der Sicherheit.“

Das Gebäude verbindet Elemente der Neurenaissance und des Barock. Besonders auffällig sind die runden Türme über den Seitenbauten, die das Bauwerk um ein Stockwerk überragen und mit Zinnenkranz und Schießscharten den Eindruck einer Burg vermitteln. Die Schlusssteine über den Portalen des Haupteingangs tragen die Köpfe eines Schutzmannes, der Gerechtigkeit und eines gefesselten Verbrechers.

Temper war für technische Neuerungen aufgeschlossen. Im neuen Polizeipräsidium gab es neben den Umkleideräumen auch einen Haftflügel mit 150 Zellen für Frauen und Männer. Dazu Warte- und Untersuchungsräume der Sittenpolizei, einen Betsaal, einen Rapport- und einen Instruktionssaal, einen Reitplatz im Innenhof, Ställe für die berittene Polizei, ein Kriminalmuseum und 16 Dienstwohnungen. Im mittlerweile abgerissenen Hafthaus wurden die damals modernsten Erkenntnisse im Gefängnisbau verwirklicht.

Wechselnde Zeiten, wechselnde Uniformen

Eine reguläre Polizei gibt es in Sachsen seit 1765, als gegen Ende des Siebenjährigen Krieges eine modernisierte Verwaltung das ruinierte Land wieder in Gang bringen sollte und Prinzregent Xaver die Gründung einer „Kurfürstlichen Polizeykommission“ verfügte. Zuvor hatten der Stadtrichter, dessen Knechte sowie weitere Büttel, Henker, Stadtknechte, Marktmeister, Flurschützen und Turmwächter für Sicherheit gesorgt. Die Kommission bescherte Dresden eine Behörde mit zunächst vier, später 20 Polizeiaufsehern, die sich von 1813 an als Stadtpolizeigendarmen bezeichneten. Nach den napoleonischen Kriegen wuchs die uniformierte Stadtgendarmerie auf 60 Mann an.

Erster Dienstsitz der Dresdner Polizei war das Theilmann‘sche Haus oder auch Pagenhaus in der Töpfergasse 7 am Neumarkt, das bald zu eng wurde. Die Polizei zog in ein Haus in der Scheffelgasse, das 1830 von Einwohnern gestürmt und in Brand gesetzt wurde, als es nach der französischen Julirevolution auch in Dresden zu Unruhen kam. Die Stadt baute das Haus für 5.000 Taler wieder auf. Die Polizei war provisorisch in einem Haus in der Frauengasse untergekommen. 1853 wurden die Polizisten dem Land unterstellt und weiter aufgestockt. Die „Königliche Polizeidirektion Dresden“ erhielt bis zum Umzug in die Schießgasse 1901 das Coselpalais als Amtssitz.Aus der „Königlichen Polizeidirektion“ wurde nach dem Ende der Monarchie 1918 das Polizeipräsidium. Unter der Herrschaft der Nationalsozialisten ab 1933 zog auch die berüchtigte Gestapo in das Gebäude ein. In der DDR wurde es zum Volkspolizei-Kreisamt. Jetzt ist es wieder die Polizeidirektion Dresden.

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