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Loschwitz: Ort der Reichen und der Schönen

Dresden-Loschwitz war früher der Top-Wohnort reicher Bürger und Adliger. Vor 100 Jahren wurde er eingemeindet.

Von Ralf Hübner
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Der Körnerplatz ist der nördliche Teil des ehemaligen Loschwitzer Dorfkerns. Die Ansicht zeigt ihn um 1908. Im Hintergrund die Loschwitzer Kirche.
Der Körnerplatz ist der nördliche Teil des ehemaligen Loschwitzer Dorfkerns. Die Ansicht zeigt ihn um 1908. Im Hintergrund die Loschwitzer Kirche. © - keine Angabe im huGO-Archivsys

Es ist eine begehrte Wohngegend. Wohlhabende Bürger, Adlige, aber auch Künstler ließen sich schon früher gern dort nieder. Vor 100 Jahren wurde am 21. Januar 1921 Loschwitz nach Dresden eingemeindet. Doch so ganz freiwillig sind die Loschwitzer nicht zu Dresdnern geworden. Bei einer Abstimmung hatten sich 2.900 von ihnen gegen und nur 142 für die Eingemeindung entschieden. Doch das Innenministerium entschied mit einer Verordnung. Minister Richard Lipinski musste vor dem Landtag Rede und Antwort stehen. „Die Zwangseinverleibung vor dem Landtage“, titelten die „Dresdner Nachrichten“. Die Deutschnationalen legten „schärfsten Protest“ ein. Die drei Ortschaften Blasewitz, Loschwitz und Weißer Hirsch dürften nicht gegen ihren Willen nach Dresden eingemeindet werden. Kritik kam auch von der Fraktion der Demokratischen Partei. Die Entscheidung sei aus fachlichen Gründen getroffen worden, rechtfertigte sich der Minister. Die Großstadt müsse sich ausdehnen können.

Blick auf die Loschwitzer Kirche
Blick auf die Loschwitzer Kirche © Christian Juppe

Loschwitzer Tinte und "Barock" in der DDR

Viel früher war Loschwitz aus einer Slawen-Siedlung entstanden. Die Hausbesitzer bauten im Nebenerwerb Obst, Feldfrüchte und Wein an. 1818 bis 1855 stieg die Einwohnerzahl 700 auf 2079. Zudem wurden 29 Pferde, 188 Rinder, 1 Schaf, 59 Schweine und 80 Ziegen gezählt.Mit Einführung Dampfmaschine im 19. Jahrhundert entstanden Fabriken. Das Sägewerk von Ernst Weigelt brannte 1925 ab und wurde nicht wieder aufgebaut. 1845 errichtete der Chemiker August Leonhardi, „die Tinte“, die er in alle Welt exportierte. Die DDR enteignete die Leonhardis, aus der „Alizarin Schreib- und Kopiertinte“ wurde die Dresdner Tinten-Marke „Barock“. Der Sohn des Tintenfabrikanten, der damals bekannte Maler Eduard Leonardi, ließ die ehemaligen Henschelmühle zu einem Ateliergebäude und Künstlerhaus umbauen. Auch wenn dessen Pläne nicht aufgingen, das Leonhardi-Museum ist geblieben.

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Entlang der Dresdner Schlösser

So ließ unter anderen der im Dienst für den russischen Zaren wohlhabend gewordene Bildhauer Joseph Herrmann im einstigen Roos‘schen Weinberg im italienischen Stil die „Villa Throwald“ errichten, benannt nach seinem Lehrer Berthel Thorwaldsen. Dort wohnte von 1926 bis 1935 Wilhelm Kreis, der Erbauer des Hygienemuseums. Im Auftrag des im Dienst des sächsischen Königs stehenden italienische Graf Orlando baute Hugo Erhardt auf den Mauern eines einstigen Weinberghauses ein Haus im gotischen Stil mit Turm und Zinnen wie ein Kastell. 1847 kaufte der Verleger Heinrich Brockhaus am westlichen Rand von Loschwitz einen Weinberg mit Gartenvilla als Ruhesitz. Er ließ ein zweites Haus bauen und einen Park anlegen.

Der schottische Graf von Findlater hatte im 19. Jahrhundert die Gegend für sich entdeckt und ließ in den Weinbergen ein Palais im Klassizistischen Stil errichten. Er starb nach der Fertigstellung 1811. Später erwarb Hohenzollernprinz Albrecht von Preußen das Anwesen, das heute an der Bautzner Straße liegt, und ließ es zu seinem Wohnsitz ausbauen. Der Prinz war wegen einer nicht standesgemäßen Beziehung in Berlin nicht mehr gerngesehen.

Sein Sohn verkaufte das Schloss 1925 schließlich an die Stadt, und 1951 zogen die Jungen Pioniere ein, der Palast bekam den Namen von SED-Chef Walter Ulbricht verpasst. Im Nachbarweinberg hatte Albrecht für die Familie des Hofmarschalls von Stockhausen die „Villa Stockhausen“ als Dienstwohnung erbaut. Ein späterer Besitzer war Odol-Erfinder Karl August Lingner der das Innere umgestalten ließ. Er vererbte Schloss und Park der Stadt.Schloss Eckberg im Stil englischer Burgen, das dritte der drei Elbschösser, geht auf den Großkaufmann Johann Souchay zurück. Der wohl prominenteste Eigentümer war ab 1925 der Pharmazeut und Industrielle Heinsius von Mayenburg, der als der Erfinder Zahnpasta und der Mark Chlorodont gilt.