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Jahresrückblick: Der außergewöhnliche Dresdner Sommer 2022

Temperaturrekorde, ausgetrocknete Bäche, abgestorbene Bäume und Brände: Die Sommermonate haben der Stadt Dresden und ihren Bewohnern heftig zugesetzt.

Von Kay Haufe
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Schon Mitte Mai dieses Jahres war der Pegelstand der Elbe aufgrund der Trockenheit extrem gesunken.
Schon Mitte Mai dieses Jahres war der Pegelstand der Elbe aufgrund der Trockenheit extrem gesunken. © Steffen Unger

Dresden. Er hatte einige Rekorde zu bieten, der Dresdner Sommer dieses Jahres. Auf die meisten davon hätten wir allerdings lieber verzichtet. Zum Beispiel auf den Titel des trockensten Halbjahres von Januar bis Juli seit 1961 oder den des heißesten Tages. So wurden am 19. Juni in Klotzsche 38,2 Grad Celsius gemessen, die höchste Temperatur seit Aufzeichnungsbeginn 1961. In Strehlen wurden sogar 39,2 Grad Celsius registriert, die Messstation steht dort auf freiem Feld, die Sonne brennt den ganzen Tag darauf.

Außerdem gab es gleich mehrere tropische Nächte, in denen die Dresdner kaum Schlaf fanden, weil die Temperatur nachts nicht unter 20 Grad Celsius fiel. Vor allem in den heißesten Stadtteilen mit dichter Bebauung wie der Alt- und Neustadt kühlte es kaum ab, die Luft stand zwischen den Häusern.

Dazu kommt ein weiterer Fakt: Die Anzahl der Sonnenstunden liegt dieses Jahr fast in allen Monaten über denen der Jahre von 1961 bis 1990 sowie 1991 bis 2020. Mit 235 Sonnenstunden war der März der sonnenscheinreichste März seit 1961.

Ein kurzer Blick auf den vergangenen Winter: Auch der fiel wenig winterlich aus, es gab im Januar und Februar keinen einzigen Eistag, an dem die Höchsttemperatur unter 0 Grad blieb. Eigentlich sollte es davon im Januar neun und im Februar sieben geben. An nur zwei Tagen schneite es im Januar, im Februar gar nicht. Dazu war der Januar 3,5 Grad wärmer als die Monatsmitteltemperaturen im Vergleich zur Klimareferenzperiode 1961 bis 1990, der Februar sogar 4,3 Grad wärmer.

Mit diesen "unrühmlichen" Abweichungen von der Monatsmitteltemperatur ging es munter weiter - sowohl Juni, August und Oktober waren mehr als drei Grad zu warm. Lediglich der April und der September waren 0,2 und 0,5 Grad kühler als das Mittel.

Viel zu wenig Regen: Bäche und Flüsse ausgetrocknet

Regen war in diesem Sommer Mangelware. Nach den Hitzesommern 2018 bis 2020 hat sich der Sommer dieses Jahr aufgeschwungen, noch heißer und trockener zu werden. Trockenster Monat war der Juli, in dem 80 Prozent weniger Regen fielen im Vergleich zur Klimareferenzperiode 1961 bis 1990. Auch im Mai kamen 66 Prozent weniger auf dem Boden an, im Oktober 57 Prozent zu wenig. Das wirkte sich auf die Grundwasserstände aus, die im Durchschnitt knapp 40 Zentimeter unter dem langjährigen Monatsmittel der letzten 15 Jahre liegen.

Besonders eindrücklich waren die Folgen des Klimawandels an den Dresdner Gewässern zu beobachten. Bis auf wenige Ausnahmen führten alle Bäche und Gräben im Juli und August extremes Niedrigwasser, viele waren abschnittsweise ausgetrocknet. Die Prießnitz lag im Oberlauf bis tief in die Heide hinein trocken. Ihre Situation war noch schlechter als in den Dürrejahren 2018 bis 2020.

Trockenheit war Stresstest für die Natur

Als es dann doch endlich im August und vor allem September regnete, war es für die meisten der laub- und nadelabwerfenden Gehölze schon zu spät, weil der Austrieb abgeschlossen und die Fotosynthese zurückgefahren waren. Die Folgen waren für die Dresdner Heide und auf den Äckern der Dresdner Bauern dramatisch.

Ein Drittel der frisch gepflanzten Setzlinge, die im Frühjahr in der Heide in den Boden kamen, sind eingegangen. Dazu haben weitere Fichten, aber auch alte Buchen den Kampf gegen Trockenheit und Borkenkäfer verloren. "Die Grundwassersituation im Waldboden ist nach wie vor enorm angespannt", sagt Heiko Müller von Sachsenforst.

Biolandwirt Bernhard Probst musste in Podemus seit Mai wochenlang ohne nennenswerten Regen auskommen, genau so wie sein konventionell arbeitender Kollege Maximilian Pass von der Gutsverwaltung Schönfelder Hochland. Die Pflanzen stellten auf den knochentrockenen Äckern das Wachstum ein, es gab Ernteausfälle von bis zu 40 Prozent.

Weil die Wiesen komplett vertrocknet waren, mussten Jungkühe und -bullen im Hochland deutlich früher abgegeben werden als sonst. Auch Probst schlachtete aufgrund von Futtermangel sechs seiner Milchkühe. Die Landwirte mussten zudem Heu extra zukaufen.

Brände mit riesigen Schäden für Bewohner und Kultur

In der Nacht vom 25. zum 26. Juni kommt es zu einem Großfeuer im Industriegelände. Eine Müll-Lagerhalle der Firma Nestler wird dabei nahezu vollständig zerstört. Betroffen vom Brand sind auch der beliebte Techno-Club Sektor Evolution sowie die Proberäume vieler Bands. Die Einsatzkräfte müssen schwere Technik einsetzen, um den Brand unter Kontrolle zu bringen, auch ein Wasserwerfer kommt zum Einsatz. Die Arbeiten haben mehrere Tage gedauert.

Selbst vier Tage nach Beginn des Feuers, das nach Angaben der Polizei nicht absichtlich gelegt wurde, müssen Feuerwehrleute immer noch wieder aufflammende Glutnester löschen. Heute sind die Ermittlungen zur Brandursache immer noch nicht abschließend geklärt. Der Club Sektor konnte aber wieder seine Türen öffnen. Es sind aber noch längst nicht alle Künstler wieder in ihren Räumen zurück.

Bei dem Brand im Industriegelände brannte eine Müll-Lagerhalle der Firma Nestler nahezu vollständig aus.
Bei dem Brand im Industriegelände brannte eine Müll-Lagerhalle der Firma Nestler nahezu vollständig aus. © Archivfoto: dpa/Christian Essler

Bereits eine Woche eher, in der Nacht vom 19. zum 20. Juni hat es einen weiteren folgeschweren Brand in der Stadt gegeben, auf dem Weißen Hirsch. Die Villa Urvasi am Lahmannring 17 steht in Flammen, 160 Einsatzkräfte sind mehrere Stunden im Einsatz, um das Feuer zu löschen. Die Flammen griffen vom Dachgeschoss bis in das zweite Obergeschoss über.

Alle Wohnungen darunter sind vom Löschwasser geflutet, das Haus ist unbewohnbar. Eine 92-jährige Bewohnerin kommt ins Krankenhaus, 17 der 27 evakuierten Bewohner mussten ärztlich versorgt werden, weil sie giftige Rauchgase eingeatmet hatten. Alle Mieter können nicht zurück in die Wohnungen, dann werden ihnen auch noch die Mietveträge gekündigt.

Brandgeruch zieht wochenlang über die Stadt

Am 19. Juni schnuppern viele Dresdner verdutzt in ihrer Wohnung, manche liegen schon im Bett, als ihnen der Brandgeruch in der Luft verdächtig vorkommt. Der Blick aus dem Fenster bringt keine Aufklärung, aber die Feuerwehr weiß mehr.

Zwar brennt es an diesem Abend auch an zwei Standorten in Dresden, darunter auf dem Weißen Hirsch, doch die Ursache des Brandgeruchs ist eine andere: Im brandenburgischen Treuenbrietzen kämpfen Einsatzkräfte gegen einen Waldbrand. Feuerwehrsprecher Michael Klare erklärte damals, dass die vorherrschende Wetterlage den Brandgeruch nach Dresden geweht hat. Es bestand jedoch keine Gefahr für die Bevölkerung.

Im Juli lag Dresden im Nebel, als der Waldbrand-Rauch aus der Sächsischen Schweiz ins Elbtal zog.
Im Juli lag Dresden im Nebel, als der Waldbrand-Rauch aus der Sächsischen Schweiz ins Elbtal zog. © Archivfoto: Sven Ellger

Gut einen Monat später, ab dem 25. Juli, liegt Dresden erneut in einem feinen Nebel aus Waldbrand-Rauch. Dieser ist allerdings nicht aus der Landeshauptstadt gekommen, wie die Feuerwehr mitteilt. Ein Waldbrand in der Böhmischen Schweiz transportierte den Brandgeruch entlang des Elbtales. Dann breitete sich der Brand auf die Sächsische Schweiz aus, erst am 26. August, nachdem tausende Helfer im Einsatz waren, wurde das Feuer vollständig gelöscht. In diesen Wochen roch es in Dresden abhängig von der Windrichtung immer wieder brenzlig.

Wegen anhaltender Brandgefahr wurde das für Ende August geplant Feuerwerk-Event Pyro Games in Dresden abgesagt. Um weiteren Bränden vorzubeugen, hatte die Stadt Dresden vom 2. August bis zum 30. September ein Feuerwerksverbot und Nutzungsverbot von Grill- und Lagerfeuerstellen ausgesprochen.