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Warum die Augustusbrücke keine zweite Karlsbrücke wird

Ein Boulevard, der die Dresdner Altstadt mit der Neustadt verbindet - das war einmal die Idee. Warum dieser Plan nicht zur Wirklichkeit wird.

Von Kay Haufe
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Die Dresdner Augustusbrücke ist bald fertig saniert. Aus der Idee eines reinen Fußgänger-Boulevards wird jedoch nichts.
Die Dresdner Augustusbrücke ist bald fertig saniert. Aus der Idee eines reinen Fußgänger-Boulevards wird jedoch nichts. © René Meinig

Dresden. Sorglos schlendern mit unverbautem Blick auf die Altstadt und den Burgberg: Dafür ist die Prager Karlsbrücke bei Einheimischen und Gästen beliebt. An ihr haben sich die Dresdner Stadträte orientiert, als sie 2014 den Beschluss für eine autofreie Augustusbrücke gefasst haben. Ganz ähnlich sollte die älteste Dresdner Elbbrücke nach der Sanierung genutzt werden. Eine Straße, nur für Fußgänger, Radfahrer, Straßenbahnen, Taxis und Rettungsfahrzeuge.

Inzwischen sind es nur noch sechs Wochen, bis die Brücke für Fußgänger und Radfahrer am 16. September wieder geöffnet wird. Voraussichtlich im Dezember können die Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) wieder Trams über die Brücke rollen lassen. Dann werden die Linien 4, 8 und 9 keine Umleitung mehr über die Marien- beziehungsweise die Carolabrücke fahren.

Bordsteine, Straßenbahnen, Taxis

Doch schon jetzt ist klar, dass die sanierte Augustusbrücke längst nicht so nutzbar sein wird, wie viele es sich wünschen. Allein schon der Straßenbahnbetrieb, die Trams sind mit bis zu 50 Kilometern pro Stunde unterwegs, wird dafür sorgen, dass man sich als Fußgänger unsicher auf der Fahrbahn fühlt. Die Borde der Fußwege sind so hoch, dass sie als Barriere wirken. Wer auf breitere Fußwege gehofft hatte, wird enttäuscht. Warum hat die Stadt daran nichts verändert, um der Karlsbrücken-Atmosphäre näherzukommen? Diese Frage hatten zuletzt FDP-Fraktionschef Holger Zastrow und Grünen-Stadtrat und Landtagsabgeordneter Thomas Löser gestellt.

Dresdens Kultur- und Tourismus-Bürgermeisterin Annekatrin Klepsch (Die Linke) sagt, dass man es vonseiten der Stadt durchaus versucht hätte. So wurden sogenannte Shared-Spaces-Konzepte geprüft, nach denen sich alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt und rücksichtsvoll auf der Brücke begegnen könnten. Doch das habe man aus verschiedenen Gründen verworfen. "Hauptursache war das denkmalpflegerische Anliegen, die Originalität der Brücke zu erhalten", sagt Klepsch.

Für die Shared Spaces hätte man die Borde absenken, aber auch für Radfahrer die Brüstung auf 1,30 Meter erhöhen müssen. "Dies hätte einen gravierenden Eingriff in das Kulturdenkmal bedeutet." Um die auf der Gesamtfläche passierenden Radfahrer beim Shared Space zu schützen, hätte die Brüstung um eine ganze Steinreihe erhöht oder mit einem Aufsatzgeländer ähnlich wie bei der Albertbrücke versehen werden müssen.

Die bundesweiten Reaktionen auf das Doppelgeländer an der Albertbrücke sind allen noch gut im Gedächtnis. Die Stadtverwaltung wollte offenbar nicht noch einmal zum Gespött werden.

Touristisches Nutzungskonzept derzeit nicht machbar

Doch was ist mit dem touristischen Nutzungskonzept, das laut Beschluss von 2014 erstellt werden sollte? Es sollte unter anderem künstlerische Aktionen vorschlagen, mit denen die Brückenflächen belebt werden könnte. Doch bisher warteten die Stadträte vergebens darauf.

"Bislang wurde durch die Verwaltung kein touristisches Nutzungskonzept für das Areal auf und um die Augustusbrücke vorgelegt, da sich das Gebiet in einem umfassenden Umbruch befindet und sich dort begonnene Baumaßnahmen und noch nicht abgeschlossene Planungen beziehungsweise nicht absehbare Veränderungen kreuzen", sagt Annekatrin Klepsch. Als Beispiel nennt sie die erst vor Kurzem getroffene Entscheidung des Landesamtes für Denkmalschutz, das Areal um den Neustädter Markt unter Denkmalschutz zu stellen. Hinsichtlich der Stadtplanung sei vieles von dem offen, worauf ein langfristiges touristisches Nutzungskonzept aufbauen sollte.

Zastrow: "Dresdner Karlsbrücke ist gescheitert"

Solange dieser Schwebezustand anhält, wolle man die Brücke und die Umgebung mit Kunst- und Kultur im öffentlichen Raum für Einheimische und Gäste temporär beleben. Dafür könnten sich Künstler für eine Projektförderung kultureller und künstlerischer Interventionen beim Kulturamt oder dem Stadtbezirksbeirat Neustadt bewerben, schlägt die Kulturbürgermeisterin vor.

Holger Zastrow hatte sich sehr viele konkrete Vorschläge erwartet, auch dazu, wie die Aufenthaltsqualität auf der Brücke besser werden könnte. Mit Bänken zum Beispiel. Er hatte regelmäßig bei der Stadt nach dem Nutzungskonzept nachgefragt. Für ihn ist die Umsetzung der Idee Karlsbrücke gescheitert. "Denn es ist alles so wie vorher."