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Dresdner Gedenken: Entfernte Mahnmal-Inschrift auf dem Altmarkt wird nicht erneuert

Mitte Januar ließ Dresden ein Mahnmal an den 13. Februar auf dem Altmarkt entfernen. Obwohl es daran im Rat erneut Kritik gab, wird die Inschrift nicht erneuert.

Von Dirk Hein
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Mitte Januar entfernte die Stadt die Gedenk-Inschrift auf dem Altmarkt. Im Rat wurde jetzt beschlossen, dass der Schriftzug nicht wieder angebracht werden soll.
Mitte Januar entfernte die Stadt die Gedenk-Inschrift auf dem Altmarkt. Im Rat wurde jetzt beschlossen, dass der Schriftzug nicht wieder angebracht werden soll. © Sven Ellger

Dresden. Wenige Wochen vor dem eigentlichen Gedenken an den 13. Februar stand das Mahnmal an die Opfer des Bombenangriffs auf dem Altmarkt bereits im unrühmlichen Zentrum einer emotionalen Debatte. Im Auftrag der Stadt war die Gedenk-Inschrift aus dem Sandstein des Tiefgaragen-Zuganges entfernt worden. Die Verwaltung gestand Fehler ein. Im Rat wurde dennoch erneut hitzig über die Konsequenzen daraus diskutiert.

Mitte Januar verschwand die Inschrift

Auf dem Altmarkt erinnert Dresden an den Ort der Verbrennung von Toten der Luftangriffe 1945. Doch die Inschrift am Rand der Tiefgaragen-Einfahrt war Mitte Januar entfernt worden. Tagelang wusste niemand in der Stadt, wer dies in Auftrag gegeben hatte.

Rechtsextreme wie "Ein Prozent" nutzen dies, um Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Auch der Chef der rechtsextremen Freien Sachsen in Pirna, Max Schreiber, machte Stimmung gegen die Aktion der Stadt.

Erst Tage später war klar: Im Straßen- und Tiefbauamt sowie im Amt für Wirtschaftsförderung war, im Zusammenhang mit der Altmarkt-Sanierung, der Beschluss gefasst worden, die Gedenkschrift "auf eigene Kosten fachgerecht entfernen zu lassen". Die Kosten dafür liegen bei etwa 2.500 Euro.

So wurde bisher diskutiert

"Es ist ein Fehler gemacht worden von Menschen, die zuallererst die Aufgabe hatten, die technischen Voraussetzungen zu schaffen, dass der Altmarkt nach der Sanierung wieder genutzt wird. Dort sind Fragen der Erinnerungskultur nicht zuerst auf dem Tisch", sagte Baubürgermeister Stephan Kühn (Grüne) im Nachgang.

Ein Hintergrund war, dass die Inschrift als unwürdig empfunden wurde. Menschen nutzen die Bank zum Sitzen und Essen, verdeckten somit die Aussagen. Immer wieder kam es zu Verschmutzungen, auch durch Graffiti.

Aktuell sollen eine Metallspur im Boden und die wieder neu aufgestellte Erklär-Stele zusammen ausreichen, um ein würdiges Gedenken auf dem Altmarkt zu ermöglichen. Doch auch der Text der Stele wurde abgeändert. All das sorgte für viel Ärger, auch in der Politik.

Keine Mehrheit für Anträge

Im Stadtrat wurden nun am Donnerstag zwei Anträge behandelt, welche die Wiederherstellung der Inschrift forderten. Konkret wollte die AfD erreichen, dass die entfernte Gravur in der Lehne der Sitzbank "unverzüglich" wieder hergestellt wird. Zudem solle über einen Ideenwettbewerb ein "würdiges Gedenken an die Bombardierung Dresdens" sichergestellt werden.

"Der Antrag ist eine Art Schadensbegrenzung. Dresden braucht ein würdiges, ein anderes Gedenken an den 13. Februar", sagt AfD-Fraktionschef Thomas Ladzinski. Der Antrag wurde allerdings mit großer Mehrheit abgelehnt.

CDU und FDP hingegen wollten mit einem gemeinsamen Antrag zumindest erreichen, dass die in den Sandstein eingesetzte und nun entfernte Inschrift "in exakt gleicher textlicher Fassung" auf der nebenan stehenden Stele ergänzt wird. Dieser Antrag wurde mit knapper Mehrheit mit den Stimmen von Grünen, Linken, SPD und Dissidenten ebenfalls abgelehnt.

Was beschlossen wurde: Der neu gegründete Beirat für Erinnerungskulturen soll noch in diesem Sommer ein Konzept zur Neugestaltung des Erinnerungsortes zu erarbeiten. Das hat die Stadt jedoch ohnehin vor. Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch (Linke) sagte zu, ein Ergebnis in der zweiten Jahreshälfte zur Diskussion zu stellen.

Abrechnung mit dem Agieren der Stadt

Im Rahmen einer Aktuellen Stunde wurde im Rat nochmals über das Agieren der Stadt diskutiert. "Mitten aus der Innenstadt verschwand in Dresden ein Denkmal. Dieses Problem ist zu politisch, als dass man die Verwaltung aus der Verantwortung lassen kann", sagte FDP-Stadtrat Holger Hase. Die Stadt habe "unsensibel und politisch blind" gehandelt, auch noch den Text der Erinnerungstafel in einer Hauruckaktion zu ändern.

"Was im Januar geschehen ist, ist ein Skandal. Was die Verwaltung getan hat, geschah ohne Legitimierung durch den Rat", sagte CDU-Stadtrat Mario Schmidt. Der Gedenkort auf dem Altmarkt müsse umgestaltet werden. Dies dürfe aber nicht durch ein "Wegflexen in einer Nacht- und Nebelaktion" geschehen.

SPD-Rat Magnus Hecht warnte hingegen "vor dem Wettbewerb, wer am tollsten gedenken kann. Ich respektiere die Trauer um Verstorbene. Bei diesem Thema herrscht jedoch Hektik auf allen Seiten."

Für die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Agnes Scharnetzky beschäftigen Denkmäler vor allem dann, wenn sie aufgestellt, verändert oder entfernt werden. "Es braucht Veränderung an Denkmalen um neue Impulse zu setzen." Auf der Bank vor der Inschrift seien Bockwurst und Cola konsumiert worden. "Es ist widersinnig, die Inschrift einfach wieder anzubringen."

Gedenk-Text dennoch wieder angebracht

Obwohl der Rat es anders entschieden hat: Momentan ist der entfernte Text der Gedenk-Inschrift, offenbar ohne das Wissen der Stadt, auf der Infotafel wieder angebracht worden. Laut dem Fraktionschef der Freien Wähler/Freien Bürger Jens Genschmar sei dies durch einen "Aktionskünstler" geschehen. Die Verwaltung konnte sich dazu während der Ratssitzung nicht äußern.