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Tiefschlag für weitere Sanierung des Blauen Wunders in Dresden

Seit dem Frühjahr liegen die Sanierungsarbeiten am Blauen Wunder in Dresden auf Eis. Jetzt ist klar: So bald geht es hier nicht weiter. Warum das so ist und was das für Verkehrsteilnehmer bedeutet.

Von Peter Hilbert
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Einen idyllischen Anblick bietet das Blaue Wunder im Dresdner  Elbtal. Doch völlig unklar ist, wann dort wieder Gerüste für die weitere Sanierung aufgebaut werden können. Denn die Stadt muss jetzt die Auftragsvergabe noch einmal prüfen.
Einen idyllischen Anblick bietet das Blaue Wunder im Dresdner Elbtal. Doch völlig unklar ist, wann dort wieder Gerüste für die weitere Sanierung aufgebaut werden können. Denn die Stadt muss jetzt die Auftragsvergabe noch einmal prüfen. © Sven Ellger

Dresden. Der erste Wintereinbruch ist angekündigt. Auf den Baustellen geht deshalb jetzt nicht mehr viel. Die Brückensanierer von Hentschke Bau sind auf der Carolabrücke trotzdem schneller als geplant vorangekommen, sodass eine Spur des mittleren Brückenzugs am Montag wieder freigegeben werden kann. Am Blauen Wunder hingegen geht selbst bei besserem Bauwetter nichts. Und das schon seit dem Frühjahr.

Im März dieses Jahres waren die letzten Gerüste am Blauen Wunder gefallen. Zuvor war das Mittelteil des 280 Meter langen Dresdner Wahrzeichens saniert worden. Im Juni sollten eigentlich wieder die Bauleute anrücken, um auf der Blasewitzer Seite die Brückensanierung fortzusetzen. So hatte es die Stadt angekündigt. Doch selbst jetzt noch liegt ein Baubeginn in weiter Ferne.

Warum gibt es Probleme am Blauen Wunder?

Das Straßenbauamt hatte den Auftrag für die Bauarbeiten zwar rechtzeitig öffentlich ausgeschrieben. Es hatten sich daraufhin auch drei Bieter beworben. Dann gab es jedoch ein Problem. Der Zweitplatzierte hatte die Wertung der drei eingereichten Angebote angezweifelt.

"In der Folge wurde die Vergabe bei der Vergabekammer gerügt", erklärt die Stadt den Auftakt des Problems. Jene Vergabekammer ist die zuständige Behörde der Landesdirektion Sachsen (LDS), die in Leipzig sitzt. Durch die Rüge wird das Vergabeverfahren angehalten und der Bauvertrag konnte nicht abgeschlossen werden. So ist auch der geplante Baubeginn geplatzt. Die Vergabekammer prüfte den Fall.

So wie hier prägt an vielen Stellen Rost das Bild an der Loschwitzer Brücke.
So wie hier prägt an vielen Stellen Rost das Bild an der Loschwitzer Brücke. © Peter Hilbert

Was bedeutet das jetzt für die Stadt Dresden?

"Die Vergabekammer hat angeordnet, dass die Stadt die Wertung des Angebotes der Firma, die den Zuschlag erhalten sollte, zu wiederholen hat", erklärt LDS-Sprecherin Valeria Eckl. Der Grund dafür sei, dass die Kammer Verbesserungsbedarf in Bezug auf die Eignungsprüfung des Unternehmens festgestellt hat.

"Die Antragstellerin des Nachprüfungsverfahrens hatte insoweit Erfolg", so die Sprecherin. Bei der Antragstellerin handele es sich um den Zweitplatzierten der Wertung im Vergabeverfahren.

Sowohl die Landesdirektion als auch die Stadt wollen die Firmennamen des Erst- und des Zweitplatzierten in diesem noch nicht abgeschlossenen Verfahren nicht nennen. Nach SZ-Informationen soll es sich beim Erstplatzierten um ein sächsisches Unternehmen handeln. Die zweitplatzierte Firma soll aus den alten Bundesländern kommen.

In der Baubranche ist so ein Vorgehen mit einer Beschwerde bei der Vergabekammer äußerst selten. In Dresden gab es bei Sanierungsaufträgen für größere Brücken seit der Wiedervereinigung keinen einzigen Fall, teilt die Stadt mit. Für sie ist es ein harter Schlag, da die längst überfällige Sanierung des Blauen Wunders jetzt nicht weiter vorankommt.

Wann geht es also weiter mit der Sanierung der Brücke?

Die Stadt prüft derzeit, wie mit dem Urteil der Vergabekammer weiter verfahren wird, erklärt sie. "Die Dauer des weiteren Verfahrens kann noch nicht abgeschätzt werden. Deshalb ist auch nicht bekannt, wann mit dem Bau begonnen werden kann. Das Bauende verschiebt sich dementsprechend."

Wie weit ist die Sanierung des Blauen Wunders vorangeschritten?

Einige Bereiche der Brücke sind bereits saniert. Bis 2018 hatte die Stadt den elbaufwärts liegenden Fußweg erneuern lassen. Nach dem im Frühjahr 2018 geplatzten Baustart für die Stahlkonstruktion hatte sie die Sanierung des elbabwärts liegenden Fußwegs vorgezogen, der bis Ende 2019 instandgesetzt und frisch gestrichen worden war.

In frischem Blau strahlt das Mittelteil des Blauen Wunders. Doch wann die anderen Bereiche der 130 Jahre alten Brücke so aussehen werden, ist derzeit unklar.
In frischem Blau strahlt das Mittelteil des Blauen Wunders. Doch wann die anderen Bereiche der 130 Jahre alten Brücke so aussehen werden, ist derzeit unklar. © Peter Hilbert

Im zweiten Anlauf konnte im Februar 2022 mit der Sanierung des Mittelteils begonnen werden. Den Auftrag hatte die Firma Fuchs Bau aus dem sächsischen Hainichen bekommen. Das Unternehmen hatte bereits die Brücke über die Schiffszufahrt zum Alberthafen saniert, die auch Kleines Blaues Wunder genannt wird. Die Stahlkonstruktion hatte Claus Köpcke entworfen, der auch das Blaue Wunder geplant hatte. Beide Brücken waren 1893 übergeben worden.

Bei den jüngsten Arbeiten an der Loschwitzer Brücke wurden verformte Stahlbauteile instandgesetzt sowie die alte Farbe und der Rost abgestrahlt. Instandgesetzt werden mussten auch die Schwingungsbremsen unter der Brückenmitte, die eine Besonderheit sind. Sie verhindern, dass sich die Brücke aufschaukeln kann.

Zudem wurden auch zwei Fahrbahn-Übergangskonstruktionen saniert. Sie gleichen die Bewegungen des Überbaus durch den Verkehr und durch die Ausdehnung bei Wärme aus. Wegen dieser Arbeiten war das Blaue Wunder in den Sommerferien 2022 für vier Wochen komplett gesperrt worden. Aufgrund des großen Aufwands konnten die letzten Gerüste nicht im Oktober 2022, sondern erst im März dieses Jahres abgebaut werden.

Warum muss die Brücke aufgefrischt werden?

Die Sanierung der 130 Jahre alten versteiften Hängebrücke ist dringend nötig. Das hatte der neue Brückenabteilungsleiter des Amts, Holger Kalbe, bereits Anfang dieses Jahres der SZ erklärt. Von der vorletzten Prüfung 2018 bis zur jüngsten Prüfung, dem sogenannten Brücken-TÜV, ist die Bewertung von "nicht ausreichend" (3,0-3,4) auf "ungenügend" (3,5-4,0) abgesackt. Das ist die schlechteste Zustandsnote auf der bis 4 reichenden Skala.

Wann sollen die Bauarbeiten abgeschlossen werden?

Wegen des laufenden Verfahrens ist unklar, wann die weiteren Stahlbau- und Korrosionsschutzarbeiten beginnen. Geplant war, dass sie bis 2028 dauern sollen. Dafür sind rund 27 Millionen Euro eingeplant. Das Land hat bereits 13 Millionen Fördermittel zugesagt. Nach dem Baustart soll auf der gesamten Blasewitzer Hälfte zwischen der Brückenrampe und dem Mittelteil gearbeitet werden. Dafür muss das Bauwerk abschnittsweise eingerüstet und eingehaust werden. Längere Vollsperrungen wie im ersten Abschnitt soll es nicht geben.