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Ist der neue Radstreifen am Dresdner Terrassenufer wirklich sicherer?

Im September 2021 wurde ein neuer Radstreifen am Terrassenufer eingeführt. Damit sollte der Verkehr für Radfahrer sicherer werden. Das ist die Bilanz ein Jahr später.

Von Juliane Just
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Seit September 2021 steht für Radfahrer am Terrassenufer ein Radstreifen zur Verfügung. Dafür müssen sie jedoch die Stark befahrene Straße zwei Mal queren.
Seit September 2021 steht für Radfahrer am Terrassenufer ein Radstreifen zur Verfügung. Dafür müssen sie jedoch die Stark befahrene Straße zwei Mal queren. © Sven Ellger (Symbolbild)

Dresden. Für Radfahrer steht seit einem Jahr ein Radstreifen am Terrassenufer auf der südlichen Seite zwischen Italienischem Dörfchen und Steinstraße zur Verfügung. Damit sollte eine Gefahrenstelle für Fußgänger und Fahrradfahrer entschärft werden. Doch ist dieser Effekt auch eingetreten? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Warum wurde der neue Radstreifen am Terrassenufer eingeführt?

Dafür gab es gleich mehrere Gründe. Zum einen gab es immer wieder Konflikte bei dem vorherigen Weg an den Dampferanlegestellen, den Fußgänger und Radfahrer gemeinsam nutzten. Dort kam es öfter zu gefährlichen Situationen, die noch durch Warteschlangen vor den Dampfer verschärft wurden.

Zum anderen war der Radstreifen Teil des Dresdner Radwegekonzeptes. Der Radweg bildete den Lückenschluss des Elberadweges zwischen Theaterkahn und Steinstraße. Insgesamt 35.000 Euro haben die Markierungsarbeiten und eine Bordsteinabsenkung für den 900 Meter langen Radstreifen gekostet.

Welche Kritik gab es an dem Radstreifen?

Kritisiert wurde vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) schon bei der Eröffnung, dass Radfahrer den elbseitigen Fuß- und Radweg in Richtung Albertbrücke nicht mehr nutzen dürfen, sondern zwingend auf dem Radstreifen auf der Straße fahren müssen. Auch ein Jahr später fordert der ADFC weiterhin, die Nutzung des Gehweges auf der Uferseite in beide Fahrtrichtungen wieder zu erlauben.

Außerdem wurde kritisiert, dass die Radfahrer das Terrassenufer zweimal queren müssten, um den Radstreifen überhaupt zu benutzen. Ob der neue Radweg tatsächlich für mehr Sicherheit sorgt, bezweifelte der ADFC bereits bei der Eröffnung und kündigte Messungen an. Damit sollte herausgefunden werden, ob die Autofahrer beim Überholen genügend Abstand halten.

Nutzen die Dresdner den Radweg überhaupt?

Hier gibt es unterschiedliche Einschätzungen. "Beobachtungen haben ergeben, dass eine große Anzahl von Radfahrern dieses Angebot nutzt", resümiert die Stadt. Gleichzeitig ist der Anteil jener, die die alte Variante an den Dampferanlegestellen nutzt, "nach wie vor hoch".

Die Streckenführung nennt ADFC-Geschäftsführer Edwin Seifert auch ein Jahr später noch "wirklichkeits- und lebensfremd". Die zweimalige Querung der Straße bedeute aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens lange Wartezeiten für die Radfahrer, vor allem an den Ampeln, und sei damit unattraktiv. Seiner Meinung nach wird der Radstreifen nicht gut angenommen.

Trotz der Kritik an der aktuellen Radverkehrsführung betont der ADFC jedoch, den Radstreifen behalten zu wollen. Er sei wichtig für den innerstädtischen Alltagsradverkehr - gerade für Radfahrer, die vom Zwingerteich oder der Marienbrücke kommen und in Richtung Synagoge oder Pirnaische Vorstadt fahren wollen.

Was haben die Messungen zum Mindestabstand ergeben?

Der ADFC hat am 6. und 10. September stichprobenartige Messungen vorgenommen, um Überholabstände zu überprüfen. Diese fanden im Berufsverkehrs morgens und nachmittags statt. Als Messgerät wurde ein sogenannter "Open bike sensor" verwendet, der per Ultraschall den Abstand der vorbeifahrenden Fahrzeuge misst.

Dabei wurden insgesamt 50 Überholvorgänge erfasst. Bei 29 wurde der gesetzlich vorgeschriebene Mindestabstand von 1,50 Meter zwischen überholendem Auto und dem Radfahrer nicht eingehalten. 58 Prozent der Autofahrer sind demnach zu nah an den Radfahrern vorbeigefahren. Vier Überholvorgänge waren mit einem Abstand von unter einem Meter besonders gefährlich.

"Autofahrer orientieren sich oft nur an den Markierungen auf der Fahrbahn und verlassen ihre Fahrstreifen für den Überholvorgang nicht", betont Edwin Seifert. Er sagt aber, dass es auch vorbildliche Autofahrer gegeben hätte, die so lange mit niedrigem Tempo hinter dem Radfahrer hergefahren sind, bis sie sicher, ohne Gegenverkehr und mit ausreichend Seitenabstand, überholen konnten.

Ist der Radverkehr wirklich sicherer geworden?

Auch diese Frage wird unterschiedlich beantwortet. Die Stadt schreibt auf Anfrage von Sächsische.de von "positiven Effekten für die Verkehrssicherheit" durch den Radstreifen. Direkte Rückschlüsse und Effekte auf der Datenlage zum Verkaufsaufkommen könne man jedoch noch nicht ableiten.

Laut Polizei gab es im Zeitraum von September 2021 bis August 2022 sieben Unfälle, an denen Radfahrer beteiligt waren. Dabei lasse sich jedoch keine Häufung von bestimmten Unfallhergängen herleiten. In der Vergangenheit habe es mehrere Kontrollen am Terrassenufer gegeben, auch dabei seien keine Auffälligkeiten festgestellt worden. Dass Radfahrer weiterhin auf dem Gehweg fahren, bildet nach Einschätzung der Polizei "aktuell keinen Schwerpunkt".

Der ADFC warnt mit Blick auf die eigenen Messungen, dass es auf dem Radstreifen vor allem für unsichere Fahrer oder auch Fahranfänger schnell zu gefährlichen Situationen kommen könnte. Ob die Variante mit dem Radstreifen sicherer ist, stellt der ADFC infrage.