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Nach tödlichem Unfall in Dresden: Tempo 70 auf Ullersdorfer Landstraße kommt

Schon bevor eine Radfahrerin an der Ullersdorfer Landstraße ums Leben kam, wollte die Stadt Dresden das Tempo an der Stelle reduzieren. Wann die Schilder nun kommen sollen.

Von Kay Haufe
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Erneut ist eine Radfahrerin in Dresden tödlich verunglückt. Nun soll das Tempolimit an der Stelle reduziert werden.
Erneut ist eine Radfahrerin in Dresden tödlich verunglückt. Nun soll das Tempolimit an der Stelle reduziert werden. © Archiv/Roland Halkasch (Symbolfoto)

Dresden. Es war eine furchtbare Nachricht: Am vergangenen Montagmorgen starb eine 50-jährige Radfahrerin nach einem Unfall auf der Ullersdorfer Landstraße. Sie wollte, von der Weißiger Forststraße kommend, die Ullersdorfer Landstraße überqueren. Dabei kam es zur Kollision mit einem Mercedes, dessen Fahrerin in Richtung Dresden unterwegs war. Die Radfahrerin starb noch auf dem Weg ins Krankenhaus, die Mercedesfahrerin erlitt einen Schock und musste durch das Kriseninterventionsteam betreut werden.

An der Unfallstelle dürfen bisher 100 Kilometer pro Stunde gefahren werden. Doch die Stadt reagiert nun und reduziert die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf diesem Abschnitt der Ullersdorfer Landstraße auf 70 Kilometer pro Stunde. Besonders bitter: Dies habe man bereits vor dem tragischen Unfall eingeleitet, wie eine Stadtsprecherin sagt. Doch die Schilder werden wohl erst bis Ende Juli aufgestellt sein.

Stadt ist Spitzenreiter bei schweren Radfahr-Unfällen

Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub ADFC hatte die Temporeduktion direkt nach dem Unfall gefordert. "Auf dem Abschnitt sind für 500 Meter völlig unnötig Tempo 100", hatte der Verein auf Twitter gepostet. "In der Mitte quert eine Radroute ohne Schutz die Straße. Jeder weiß, was Tempo 100 für den Bremsweg bedeutet. Warum dulden die Stadt Dresden und das Sächsische Arbeits- und Wirtschaftsministerium unsichere Straßen? Tempo runter, jetzt!"

In diesem Fall ist die Forderung erfüllt. Obwohl es an der Stelle keine weiteren Unfälle mit Personenschaden in den vergangenen Jahren gab, wie die Stadt mitteilt.

Dass Dresden ein gefährliches Pflaster für Radfahrer ist, darauf weist der ADFC seit Jahren hin. Mit sieben Toten und 530 Schwerverletzten in den Jahren 2019 bis 2021 führt die Stadt eine traurige Statistik in vergleichbar großen deutschen Städten an. Allein vier Unfälle mit tödlichem Ausgang für Radfahrer ereigneten sich 2019. An der Kreuzung Rudolf-Leonhard-Straße/Stauffenbergallee sowie der an der Kohlenstraße/Innsbrucker Straße waren jeweils Lkw die Unfallgegner. Auch im Jahr 2021 starb eine Radfahrerin durch einen Unfall mit einem Lkw an der Kreuzung Bautzner-/Weintraubenstraße. Mehrere weißen Fahrräder erinnern an Unfallstellen an verunglückte Radfahrer.

Und im Jahr 2022 stieg die Zahl der Unfälle mit Radfahrern weiter an. Die Polizei registrierte einen Anstieg zum Jahr 2021 um knapp 19 Prozent. Dieser Anstieg betraf sowohl die Zahl der an Unfällen beteiligten Radfahrer als auch die Zahl der Radfahrer, die bei Unfällen verletzt wurden. Fast 1.630 Radfahrer waren 2022 an Unfällen beteiligt, knapp 1.350 wurden dabei auch verletzt.

Die Unfallkommission der Stadt verfolgt diese Entwicklung genau. Sie hat im Februar dieses Jahres informiert, welche Unfallhäufungsstellen 2023 entschärft werden sollen. Das betrifft die Kreuzung Strehlener Straße/Franklinstraße, die umgeplant werden soll, und die Kreuzung Hainstraße/Theresienstraße, bei der es künftig eine separate Linksabbiegerspur geben soll. Später soll das eine Ampelkreuzung werden.

An der Ecke Karcherallee/Winterbergstraße soll ein Radfahrstreifen in Mittellage in der Zufahrt zur Winterbergstraße für mehr Sicherheit sorgen. Außerdem soll das Rechtsabbiegen in der Zufahrt zur Winterbergstraße sicherer werden. Dafür verschwindet dort der grüne Pfeil, es wird eine Ampel für die Rechtsabbieger installiert. Auch die Kreuzung Blasewitzer Straße/Augsburger Straße soll sicherer werden, indem die dortige Fußgängerampel verschwindet und eine Ampelanlage für die komplette Kreuzung aufgebaut wird. Auch die Kreuzung Winterbergstraße/Dobritzer Straße soll solch eine Ampelanlage bekommen.

Bereits 2021 gab es eine wichtige Änderung an der Mündung der Enno-Heidebroek-Straße in die Lohrmannstraße in Reick. Dort listet der Unfallatlas des Statistischen Bundesamtes für 2021 sieben Unfälle auf. Bei sechs davon wurden Radfahrer von Pkw erfasst, vier Radfahrer wurden dabei leicht verletzt und zwei schwer. Auf der Enno-Heidebroek-Straße hat die Stadt das Schild "Vorfahrt gewähren" durch ein Schild ersetzt, das auch das Anhalten vorschreibt. Außerdem gibt es dort nun eine weiße Haltelinie und eine Einengung. 1.700 Euro hat diese Änderung gekostet. Die gleiche Änderung soll auch seit 2021 den Verkehr an der Ecke Schneebergstraße/Heynathstraße in Gruna sicherer machen.

Unfallstellen werden zu langsam umgebaut

Dem ADFC ist das aber noch zu wenig. "Problematisch ist der schleppende Umbau von Unfallhäufungsstellen", sagt Rolf Leonhardt vom Dresdner Verein. Die Unfallkommission arbeite mangelhaft, denn solche Stellen müssten per Gesetz nach einem Jahr beseitigt sein, in Dresden gebe es einige aber schon seit Jahren. Oft werde nach der Devise "lieber freier Autoverkehrsfluss statt aufwendiger Lösung" verfahren.

Die Forderungen des Fahrradclubs sind klar: Tempo 30 stadtweit an allen Unfallhäufungsstellen und dort, wo durchgängige Radwege fehlen. Außerdem brauche es mehr stationäre Blitzer, breitere und vor allem miteinander verbundene Radwege.

Der Forderung nach einem generellen Tempo 30 in Dresden erteilte Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) aber vor wenigen Tagen eine Absage. Aus seiner Sicht sei es sinnvoll, dass der Kfz-Verkehr auf Hauptstraßen zügig vorankommt, weil es sonst zu einer Verlagerung in die Wohngebiete komme, was keiner wolle. Stattdessen solle man in Dresden auf durchgängige Radrouten im Nebennetz setzen. "Ich bin ein Verfechter von Fahrradstraßen. Dieses System sollten wir konsequent ausbauen." (mit SZ/csp)

Für sichere und breite Radwege entlang der nördlichen Königsbrücker Straße lädt der ADFC Dresden am Dienstag, dem 20. Juni 2023, um 16 Uhr zu einer Fahrraddemo ein. Gestartet wird an der Busschleife der Halstestelle Klotzsche Infineon (Infineon Nord). Ziel ist der Olbrichtplatz.