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Grüne Woche: Sprungbrett für Lausitzer Knoblauch und Algen aus Dresden

Wer neue Lebensmittel aus Sachsen bekannt machen will, probiert manchmal einen Umweg: Ein Lausitzer Knoblauch-Landwirt ist nicht der einzige, der seine Marke über die Grüne Woche bekannt machen will.

Von Georg Moeritz
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Vom Hofladen in Königswartha nach Berlin: André und Antje Gano machen ihren Lausitzer Knoblauch bekannter. Dieses Jahr wollen sie fünf Tonnen ernten.
Vom Hofladen in Königswartha nach Berlin: André und Antje Gano machen ihren Lausitzer Knoblauch bekannter. Dieses Jahr wollen sie fünf Tonnen ernten. © Foto: SZ/Uwe Soeder

Berlin/Dresden. Das wird ein schwieriges Verkaufsgespräch: André Gano will seinen Knoblauch und die Gewürzmischung "Lausitzer Feuer" erklären, aber auf der Bühne neben seinem Stand bringt gerade ein Akkordeon-Orchester die Polka "Rosamunde" zu Gehör. Nach ein paar Tagen auf der Grünen Woche hat sich der Landwirt aus Königswartha zwar an die Dauerbeschallung in der Sachsen-Halle gewöhnt. Doch laut und deutlich sprechen muss der Sachse in Berlin trotzdem, wenn er seine Marke Lausitzer Knoblauch bekannt machen will.

André und Antje Gano verkaufen ihre Knoblauchprodukte normalerweise im eigenen Hofladen in Königswartha, auf halbem Weg zwischen Bautzen und Hoyerswerda. Sie haben ein ganzes Sortiment um die Knolle vom eigenen Acker aufgebaut. André Gano erklärt einer Kundin, dass der Fruchtaufstrich Knobilade zum Beispiel als Waldfrucht-Sorte gut zu Wildfleisch oder Käse passe. "Das gibt es nur bei uns", sagt der handelnde Landwirt und reicht dazu einen Werbeprospekt. Durchs Logo mit den Buchstaben L und K zieht sich der Schwung einer halben Knoblauchzehe.

Dieses Jahr wollen Ganos fünf bis sechs Tonnen Knoblauch vom eigenen Feld ernten, zwei Tonnen waren es im vorigen Jahr. Im Frühjahr werden sie dazu wieder Wassersprenger aufstellen. Denn die Lausitzer Böden sind sandiger und trockener als die hessischen, auf denen sie vor ein paar Jahren einen Vorbild-Betrieb besichtigt haben. 2017 legte André Gano seine erste Knoblauch-Testfläche in Königswartha an, danach vergrößerte er den Anbau nach und nach.

Knoblauch darf nur alle vier Jahre auf dasselbe Feld

Knoblauch ernten und an Gastronomen verkaufen - mehr hatte das Ehepaar Gano ursprünglich mit der Knolle nicht vor. Doch die Wirte aus der Umgebung bissen zunächst nicht recht an, zumal im heißen Jahr 2018 nur kleine Knollen aus der Erde zu holen waren. "Also verarbeiten wir selbst", sagt André Gano und reicht als Beispiel einen Schluck warme Gemüsebrühe im Becher.

Den Verkaufsstand in der Berliner Messehalle hat Gano für die erste Hälfte der Grünen Woche gemietet, um seine Knoblauchmarke "über die Lausitz hinaus" bekanntzumachen. In Cottbus und Lauchhammer habe er schon Regale bei Edeka aufstellen können, nun will er mehr Kunden und Händler in Sachsen und Brandenburg finden. Seine Anbaufläche hat er in dieser Saison auf einen Hektar verdoppelt. Dabei muss der Landwirt den Fruchtwechsel gut planen: Erst nach vier bis fünf Jahren Pause dürfen Zwiebeln wieder auf dasselbe Feld gesteckt werden, wenn sie gedeihen sollen. Ganos haben 20 Hektar.

Den Umweg über die Grüne Woche in Berlin zum Verbraucher nimmt auch der Dresdner Gunnar Mühlstädt. Er hat seine Algenprodukte aus Dresden-Hellerau bisher nur anderen Unternehmen angeboten. "Jetzt wollen wir an Endkunden", berichtet er und empfiehlt einem fragenden Messebesucher zwei Esslöffel pro Tag. Die grüne Paste geht im Weckglas über die Theke.

Spirulina-Alge aus Dresden frisch zur Grünen Woche

Mühlstädt leitet eigentlich einen Anlagenbaubetrieb namens Puevit GmbH. Dort entstehen die wassergefüllten Rohr-Reaktoren, in denen die Mikroalge Spirulina mit Nährstoffen, Licht und Kohlendioxid gemästet werden kann. Puevit liefert nach eigenen Angaben sowohl kleine Labor- oder Büro-Anlagen als auch Containergrößen für industriellen Betrieb. Das Dresdner Unternehmen bietet auch den Betrieb, die Wartung und die Betreuung von Fassadenanlagen.

Unter der Marke Algenwerk wirbt Mühlstädt nun für die "Urkraft der Meere für mehr Lebensenergie" und bietet Algen aus eigenen Anlagen. Die Dresdner Produktion liefere "die erste frische Spirulina" auf den Markt, keine Pillen und Pulver. Das Wasser-Gewächshaus brauche "weder Chemie noch viel Landfläche". Als Proteinquelle mit Vitaminen und Mineralstoffen hält Mühlstädt die Algen auf der Grünen Woche feil und drückt den Passanten dazu Rezeptvorschläge auf Kärtchen in die Hand. Ein Beispiel: Pfannkuchen, mit je zwei Esslöffeln Spirulina-Algen auf 200 Gramm Mehl.

Während die sächsischen Knoblauch- und Algen-Anbieter an ihren Ständen um die Aufmerksamkeit der schätzungsweise 300.000 Messebesucher werben, hat es Stefan Kubitz auf die Bühne in der Sachsen-Halle 21b geschafft. Der Geschäftsführer von Menschel-Limo GmbH in Hainewalde bei Zittau schenkt seine Getränke seit Jahren auf der Grünen Woche aus und durfte in diesem Jahr mit dem Walrossmaskottchen Trixi gemeinsam auftreten. Vor dem kauenden Messepublikum warben sie für Gurken-Zitronen-Limonade und für Urlaub in den 96 Ferienhäusern im Trixi-Park.

Liefer-Engpass: Menschel-Limo bestellt in Glashütte Freital

Stefan Kubitz ist umtriebig: Der Hersteller von 18 Limonadensorten kümmert sich auch um den Vertrieb von Säften der Lausitzer Früchteverarbeitung aus Sohland in der Gastronomie und organisiert den Festplatz-Betrieb zum Eibauer Bierzug mit fünf Brauereien am 25. Juni. Außerdem bereitet der Hobby-Handballer den Umzug seiner Produktionsanlagen vor: Menschel-Limo hat eine ehemalige Maschinenfabrik in Großschönau gekauft und stellt dort gerade die Abfüll-Anlagen und den Schnelldampf-Erzeuger auf.

Stefan Kubitz schenkt seine Limonaden regelmäßig auf der Grünen Woche aus. Die Produktion von Menschel-Limo zieht im März von Hainewalde in den Nachbarort Großschönau.
Stefan Kubitz schenkt seine Limonaden regelmäßig auf der Grünen Woche aus. Die Produktion von Menschel-Limo zieht im März von Hainewalde in den Nachbarort Großschönau. © Archivfoto: Robert Michael

In der zweiten oder dritten Märzwoche soll die Limonaden-Produktion an den neuen Standort umziehen. Auf einem Bildschirm am Messestand zeigt Kubitz einen Zeitrafferfilm vom Aufbau der stählernen Produktionsstraße. "Es wird Zeit, dass es losgeht", sagt der Geschäftsführer, denn auch Menschel bekam Lieferverzögerungen zu spüren.

Außerdem blieben voriges Jahr die gewohnten Limoflaschen aus einer Fabrik in Sachsen-Anhalt aus. Kubitz will nun neue Flaschen in der Glashütte Freital in Auftrag geben. Das kostete ihn allerdings 30.000 Euro für die Formen, denn sie sind dort nicht im Lager. Menschel-Limo wirbt aber mit Tradition seit 1899 und mit Flaschenformen, die älteren Kunden aus der DDR vertraut seien.

Während Knoblauch- und Algenproduzenten ihre Spezialitäten erst bekannt machen müssen, sieht Stefan Kubitz seine Limonaden schon weit verbreitet: In Ostsachsen seien sie in Getränkemärkten und bei Rewe und Edeka zu finden. "Himbeerbrause läuft besonders gut". Doch schon auf Platz 2 folge die Gurken-Zitronen-Limonade, die vor sechs Jahren erstmals auf der Grünen Woche vorgestellt wurde. Die Messe dient den Herstellern auch dazu, ihre Marken bekannter zu machen und Händler zu treffen.

Die Grüne Woche in Berlin dauert bis 29. Januar. Sachsenhalle ist die Halle 21b. Einige Aussteller aus Sachsen sind nur einige Tage lang dort vertreten.