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Die Eisheiligen 2023: Was ist dran an der Frostgefahr?

Nach einer Bauernregel sollen vom 11. bis 15. Mai Spätfröste den Pflanzen gefährlich werden. Sommelier Silvio Nitzsche erklärt, was das nicht nur für Winzer heißt.

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Kontrollierte Feuer sollten schon vorige Woche frostgefährdete Rebflächen des Staatsweinguts Schloss Wackerbarth schützen.
Kontrollierte Feuer sollten schon vorige Woche frostgefährdete Rebflächen des Staatsweinguts Schloss Wackerbarth schützen. © Robert Michael/dpa

Endlich kratzen die Temperaturen auch in Sachsen an der 20 Grad-Marke. Doch Gartenliebhaber wissen, dass sie frostempfindliche Pflanzen erst nach den Eisheiligen ins Freie setzen sollten. Denn nach einer alten Bauernregel kann es vom 11. bis 15. Mai nachts nochmal frostig kalt werden.

Die Eisheiligen sind nach fünf Heiligen der katholischen Kirche benannt: Mamertus, Pankratius, Servatius, Bonifatius und Sophia. Mit Kälte haben die Heiligen, die im 3. bis 5. Jahrhundert nach Christus lebten, aber nichts zu tun . Ihre Gedenktage fallen nur zufällig auf die fünf Tage. Was ist dran an der Bauernregel?

Da sich die Vegetation Mitte Mai am Aufblühen befindet, sind Spätfröste um diese Zeit gefährlich. Die Pflanze ist offen, drängt nach außen und ist zugleich in dieser Phase so verletzlich wie nie. Auch die Triebe, Knospen und Blattwerk sind noch so zart und empfindlich, dass der Frost die gesamte Pflanze zerstören könnte.

Reben mit Feuer wärmen

Auch die Rebstöcke haben in vielen Lagen schon Frühlingsgefühle und begonnen, sich zu entwickeln. Die Winzer von Schloss Wackerbarth zum Beispiel haben deshalb schon in der vergangenen Woche versucht, ihre Reben mit wärmendem Feuer zu schützen.

Viele Winzer denken schon bei der Anlage ihrer Weinberge voraus. Sie pflanzen keine früh austreibenden Sorten in frostgefährdete Niederrungen und achten darauf, dass schon die ersten Lichtstrahlen den Weinberg treffen und möglichst schnell wieder erwärmen können.

Manche Forscher gehen davon aus, dass die Bezeichnung Eisheilige im frühen Mittelalter entstanden ist. Die Menschen beobachteten die Natur und wägten die beste Zeit für Aussaat und Ernte ab. Dabei merkten sie sich wiederkehrende Wettererscheinungen wie die Kälterückfälle im Frühling.

Doch die klimatische Situation hat sich im Laufe der Zeit durchaus verändert. Mitte des letzten Jahrhunderts gab es Spätfröste im Mai durchaus regelmäßig.

Frostrute schützt

Im Verlauf von zehn Jahren fand man zumindest vier Tage mit sehr starken Frostansätzen. Dann ist Frost jedoch immer seltener geworden. Zum Ende des letzten und Beginn diesen Jahrhunderts wurden laut Deutschen Wetterdienst im Verlauf von 30 Jahren an der Mosel in keiner Mainacht Fröste verzeichnet.

Und auch in weitaus nördlicheren Regionen wie der unseren ließen diese deutlich nach. Das ging so weit, dass nicht wenige Winzer überlebensnotwendige Sicherheitsvorkehrungen außer Kraft setzten, wie das in kalten Regionen übliche Pflegen der Frostrute. Das ist eine Art Ersatzrute, welche man beim Rebschnitt stehenlässt.

Da sie nach oben wächst, soll die Pflanze vor Bodenfrost verschont bleiben. In nicht zu kalten Jahren ist das allerdings unnütz und geht zulasten der natürlichen Pflanzenvegetation.

Eisheilige 2022 ausgefallen

Die Ausmaße von Frühjahrfrösten können die Winzer meist erst im Verlauf der anschließenden Wochen sehen. Die Krux dabei ist, dass man die Weinberge bis zum Folgejahr mit nahezu dem gleichen Aufwand pflegen muss. Denn die Pflanze muss und möchte ja weiterleben.

Wiederholte Kaltlufteinbrüche aus Nordosteuropa und Nachtfröste nach vorausgegangenen Wärmeperioden sind bis heute im Frühjahr nicht ungewöhnlich. 2021 hielten sich die Eisheiligen an die alte Bauernregel, während sie 2022 ausfielen.

In diesem Jahr werden laut wetter.com zu den Eisheiligen nur vereinzelt Nachtfröste auftreten. Wir müssen uns aber auf nasses Wetter einstellen.

  • Silvio Nitzsche ist Sommelier und betreibt in Dresden die WeinKulturBar. Mehr zu ihm erfahren Sie hier.