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Trotz Krise: Wohnungspreise im Kreis Görlitz steigen weiter

Einem Vergleich des Portals Immowelt zufolge kosten Wohnungen 15 Prozent mehr als vor einem Jahr. Im Kreis Bautzen sieht das ganz anders aus.

Von Ingo Kramer
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In Görlitz lässt es sich wunderschön wohnen. Allerdings steigen die Preise trotz Krise weiter.
In Görlitz lässt es sich wunderschön wohnen. Allerdings steigen die Preise trotz Krise weiter. © André Schulze

Energiekrise und Kaufzurückhaltung? Jein, sagt die Görlitzer Maklerin Petra Jany. Bei Mehrfamilienhäusern stagniere der Verkauf: „Da sind die Preise etwas heruntergegangen.“ Bei Eigentumswohnungen und Einfamilienhäusern sehe das ganz anders aus. Da sei nicht viel auf dem Markt. Und wenn etwas kommt, sei es oft schnell verkauft: „Für beides steigen die Preise nach wie vor“, sagt Petra Jany. Als Hauptgrund sieht sie Angebot und Nachfrage: Aktuell ist wenig Angebot da, Nachfrage aber noch immer.

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Mit ihrer Einschätzung bestätigt Petra Jany genau das, was das Portal Immowelt jetzt in einem Vergleich herausgefunden hat. Laut Immowelt sind die Kaufpreise für Eigentumswohnungen im Landkreis Görlitz zwischen Oktober 2021 und Oktober 2022 um 15 Prozent gestiegen. Vor einem Jahr kostete der Quadratmeter im Durchschnitt 903 Euro, jetzt sind es 1.040 Euro. Damit liegt der Kreis im Trend: Nur in 12 von 50 untersuchten ostdeutschen Stadt- und Landkreisen sind die Kaufpreise innerhalb eines Jahres gesunken. Immowelt schlussfolgert daraus bereits, dass das „Ende des Immobilienbooms naht“. Aber tatsächlich gab es in 36 von 50 untersuchten ostdeutschen Stadt- und Landkreisen steigende Preise, in zwei Kreisen Konstanz.

Der Nachbarkreis Bautzen gehört zu den Regionen mit sinkenden Preisen für Eigentumswohnungen. Das Minus liegt bei fünf Prozent. Allerdings liegt der Durchschnittspreis dort jetzt bei 1.475 Euro – und damit noch immer weitaus höher als im Landkreis Görlitz. Der nördliche Nachbar, der Landkreis Spree-Neiße, taucht in dem Vergleich nicht auf. Cottbus fehlt ebenso. In Dresden sind die Preise weiter gestiegen – auf nunmehr 2.941 Euro. Das heißt, in der Landeshauptstadt zahlen Kaufwillige für eine Eigentumswohnung im Vergleich zum Kreis Görlitz fast das Dreifache.

Nur in einem Kreis sind die Preise niedriger

Ebenfalls spannend: Unter den 50 untersuchten Stadt- und Landkreisen gibt es nur einen, in dem Eigentumswohnungen weniger kosten als im Kreis Görlitz: den Vogtlandkreis. Mit durchschnittlich 893 Euro ist der Preis dort im Vergleich zum Vorjahr konstant geblieben. Ähnliche Daten für Einfamilienhäuser hat Immowelt aktuell leider nicht erhoben.

Doch nicht nur Petra Jany, sondern auch andere hiesige Makler bestätigen den Trend, dass sowohl für Einfamilienhäuser als auch für Eigentumswohnungen die Preise weiter steigen. „Da hat sich nichts geändert“, sagt zum Beispiel Torsten Launer von Launer Immobilien. Er kennt auch den Grund: „Für beides ist das Angebot geringer als die Nachfrage.“ Das, was auf den Markt komme, sei sehr übersichtlich. Den einzigen Unterschied, den er aktuell feststellt: „Die Entscheidungsfindung bei den Käufern dauert jetzt etwas länger.“ Und bei alten, unsanierten Mehrfamilienhäusern sinken laut Launer die Kaufpreise, weil die Sanierungskosten so extrem steigen.

Käufer sind meist Eigennutzer

Einen Grund für weiter steigende Preise bei Eigentumswohnungen sieht Petra Jany darin, dass es sich bei den Käufern meist um Eigennutzer handele: „Für die sind Wohnungen kostengünstiger als ganze Häuser.“ Bei Einfamilienhäusern könnte es wegen der stark steigenden Strom- und Gaspreise Mitte oder Ende nächsten Jahres zu Veränderungen kommen, vermutet sie: „Es wird einige Leute geben, die ihre Häuser dann verkaufen müssen, weil sie die Preise nicht mehr bezahlen können.“ Aber das sei bisher noch nicht so weit.

Andrea Zarth von Zarth Immobilien kann derzeit keine Eigentumswohnungen anbieten: „Ich würde gern, aber es gibt schlichtweg keine.“ Anders sehe es bei Einfamilienhäusern aus. Da habe sie in jüngster Zeit gut verkauft – zu konstant hohen Preisen. „Nur bei größeren, sanierungsbedürftigen Einfamilienhäusern werden die Kaufpreise sinken, weil die Baupreise steigen“, erwartet Andrea Zarth. Was sich aber verändert habe: „Die Vorprüfung der Banken wird schwieriger, die Käufer müssen ein höheres Eigenkapital mitbringen.“ Da brauche es eine gute Beratung. Dennoch gebe es weiterhin genügend Kaufinteressenten, sodass Andrea Zarth nicht mit sinkenden Preisen rechnet.

Die Görlitzer Maklerin Andrea Vater von Mondry Immobilien bestätigt, dass die Immobilienpreise nach wie vor sehr hoch sind. Allerdings sei auch „eine gewisse Kaufzurückhaltung zu verzeichnen.“ Das lasse sich aber nicht so einfach pauschalisieren. „Eine Wohnung mit traumhaftem Fernblick, ruhig gelegen und dennoch nicht ganz weit vom Schuss – dafür geht die Nachfrage nicht zurück“, sagt sie. Doch schwierige Lagen werden bei ihr weniger nachgefragt. Das sei anders als noch vor einem Jahr, wo für jedes noch so fragwürdige Objekt in Windeseile diverse Interessenten aufgetaucht seien. Bei bezugsfertigen Einfamilienhäusern seien die Preise konstant, bei größerem Sanierungsstau gehen sie wegen sinkender Nachfrage etwas zurück.

Wer schon seit Längerem darüber nachdenke, seine Immobilie zu verkaufen, für den sei jetzt ein idealer Zeitpunkt gekommen: „Die Preise sind nach wie vor sehr hoch, zugleich werden wir kaum kurzfristig eine weitere Rallye nach oben sehen“, so Andrea Vater. Gleichzeitig sollten auch Kaufinteressierte jetzt zuschlagen: „Erstens kommen aktuell mehr Immobilien auf den Markt und zweitens werden die Finanzierungsmöglichkeiten angesichts der Zinsprognosen vermutlich nicht leichter.“