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"Der zwölfte Mann hat uns absolut gefehlt"

Dynamos Kapitän spricht über die Aktion der Fans vor dem Neustart und ordnet das 0:2 gegen Stuttgart ein. In der Einzelkritik überrascht ein Stürmer.

Von Sven Geisler
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Augen zu und durch - das muss das Motto für Dynamo Dresden mit Florian Ballas für die Aufholjagd in der 2. Bundesliga sein. Dieses Kopfballduell gewinnt der Kapitän gegen Stuttgarts Torschützen Hamadi Al Ghaddioui (l.).
Augen zu und durch - das muss das Motto für Dynamo Dresden mit Florian Ballas für die Aufholjagd in der 2. Bundesliga sein. Dieses Kopfballduell gewinnt der Kapitän gegen Stuttgarts Torschützen Hamadi Al Ghaddioui (l.). © dpa-POOL/Robert Michael

Dresden. Für Dynamo war es so etwas wie ein Kaltstart - und die Leistung dafür sehr passabel. Zu einem Punktgewinn hat es für die Dresdner bei ihrem verspäteten Wiedereinstieg in der 2. Fußball-Bundesliga dennoch nicht gereicht, wobei ein 0:2 gegen Aufstiegskandidat VfB Stuttgart selbst unter normalen Umständen auch ein normales Ergebnis gewesen wäre. Während die Schwaben seit drei Wochen als Mannschaft trainieren und bereits drei Partien absolviert hatten, kamen die Schwarz-Gelben quasi vom Balkon, wie es Trainer Markus Kauczinski bildlich formuliert hatte.

Dennoch zieht auch Kapitän Florian Ballas nach Dynamos erstem Spiel nach 84 Tagen ein zwiespältiges Fazit. Seine Meinung in fünf Stichpunkten.

Die Enttäuschung nach dem 0:2. Dynamo hatte dem Favoriten trotz der widrigen Umstände lange Zeit Parolie geboten, musste sich jedoch am Ende geschlagen geben. Torwart Kevin Broll (l.), Kapitän Florian Ballas und Chris Löwe (r.) sind dementsprechend bedien
Die Enttäuschung nach dem 0:2. Dynamo hatte dem Favoriten trotz der widrigen Umstände lange Zeit Parolie geboten, musste sich jedoch am Ende geschlagen geben. Torwart Kevin Broll (l.), Kapitän Florian Ballas und Chris Löwe (r.) sind dementsprechend bedien © dpa-POOL/Robert Michael

Die Einordnung

Dynamo erhielt für die Leistung sogar "ein großes Kompliment" vom Gegner: "Sie haben unfassbar leidenschaftlich gespielt. Man hat nicht erwartet, dass sie nach so einer Situation so geschlossen und mit so viel Energie auf dem Platz stehen können", sagte VfB-Trainer Pellegrino Matarazzo. Erst mit dem 2:0 durch Darko Churlinov in der 88. Minute macht der Aufstiegsfavorit seinen Erfolg gegen den Abstiegskandidaten klar. Ballas sieht es so:

"Es war schon eine Enttäuschung zu spüren in der Kabine. Wir hätten uns gewünscht, wenigstens einen Zähler mitnehmen zu können. Nichtsdestotrotz muss man ganz klar sagen, dass es ein recht ordentlicher Auftritt war. Man hat gesehen, dass in den Spielzügen nach vorn die letzten Entscheidungen, die wir getroffen haben, nicht zu hundert Prozent funktionierten. Es hat der letzte Pass, der letzte Zentimeter gefehlt, um uns zu belohnen. Man hat aber auch gemerkt, dass unser Hauptaugenmerk darauf lag, unsere defensive Grundordnung aufrechtzuerhalten und stabil zu stehen. In der ersten Halbzeit war es ein offenes Spiel. Wir hatten unsere Möglichkeiten, kriegen aber unglücklich das Tor gegen uns. Schade, Stuttgart wäre heute schlagbar gewesen, hätten wir das letzte Quäntchen Glück vielleicht auch erzwungen."

Das erste Gegentor

VfB-Stürmer Al Ghaddioui schießt aus der Drehung, sein Mitspieler Gonzalo Castro steht etwas im Sichtfeld von Torwart Kevin Broll, fälscht den Ball leicht ab. Doch Dynamo-Stürmer Patrick Schmidt hebt an der Grundlinie das Abseits auf. Ballas zum Rückstand in der 18.Minute:

Hier ist es passiert: Hamadi Al Ghaddioui (l.) bringt den VfB Stuttgart mit seinem Treffer bereits in der 18. Minute in Führung, Dynamos Torwart Kevin Broll hat in dieser Szene das Nachsehen. Der Schütze steht unmittelbar vor ihm frei, es ist aber kein Ab
Hier ist es passiert: Hamadi Al Ghaddioui (l.) bringt den VfB Stuttgart mit seinem Treffer bereits in der 18. Minute in Führung, Dynamos Torwart Kevin Broll hat in dieser Szene das Nachsehen. Der Schütze steht unmittelbar vor ihm frei, es ist aber kein Ab © dpa-POOL/Robert Michael

"Natürlich ärgert das einen. Aber wir wollten uns von so einem Rückschlag nicht beinflussen lassen. Wir haben versucht, Stuttgart möglichst früh zu attackieren, wenn sich die Gelegenheit dazu geboten hat. Wir wussten aber auch um ihre Ballsicherheit im Mittelfeld."

Der Abstand im Tabellenkeller

Als Tabellenletzter hat Dynamo jetzt sechs Punkte Rückstand auf den Relegations- und acht auf den ersten Nichtabstiegsplatz. Bei drei ausstehenden Nachholspielen könnten sie sogar neun Zähler holen. Ballas zuversichtlich:

"Wir sind noch drei Spiele hintendran. Der Rückstand beträgt sechs Punkte, es ist nach wie vor alles möglich. Wir haben es vorher gesagt, dass es wichtig sein wird, dass wir uns von Spiel zu Spiel steigern und die Tage dazwischen möglichst gut nutzen, um schnell zu regenerieren. Man hat auch gesehen: Die Jungs, die reingekommen sind, als die anderen ausgepowert waren, haben sich nahtlos eingefügt."

Die Aktion der Fans

Am Samstagabend hatten die Ultras Dynamo am Elbufer mit einer großen Pyro-Choreografie die Mannschaft noch mal auf den Abstiegskampf eingestimmt. Motto: "Wir gegen den Rest der Welt".

Fußball im leeren Rudolf-Harbig-Stadion. Es ist eine Atmosphäre, an die man sich besser nicht gewöhnen möchte.
Fußball im leeren Rudolf-Harbig-Stadion. Es ist eine Atmosphäre, an die man sich besser nicht gewöhnen möchte. © dpa-POOL/Robert Michael

"Was da passiert ist, das ist unfassbar, einmalig. Die Jungs haben sich darüber super gefreut. Es war wichtig, dieses Zeichen zu setzen, dass wir trotz der Pause nach wie vor zusammenstehen. Im Stadion hat uns der zwölfte Mann absolut gefehlt, gerade in der kleinen Drangphase mit ein paar Standards, die wir hatten. Mit einer vollen Hütte, wäre mehr drin gewesen. Trotzdem versuchen wir so etwas, was wir am Abend vor dem Spiel im Hotel erlebt haben, aufzusaugen und auf dem Platz positiv umzumünzen."

Die Fragen an Florian Ballas stellte Dynamos Pressesprecher Henry Buschmann nach dem Spiel. Medienvertretern ist es laut Hygienekonzept der Deutschen Fußball-Liga (DFL) nicht erlaubt, im Stadion Interviews zu führen.

Dynamo in der Einzelkritik: Ein Stürmer ist bester Zweikämpfer

Kevin Broll: Abgeklärt und aufmerksam. Beim 0:1 machtlos, beim 0:2 unglücklich, pariert vorher den Schuss von Castro stark. Note: 3

Linus Wahlqvist: Der Schwede zeigt Licht und Schatten, hat seine beste Aktion mit der Eingabe, die Makienok knapp verpasst. Note: 3

Florian Ballas: Beim 0:1 sorgt der Abwehrchef nicht für Ordnung, sorgt aber insgesamt für Stabilität und Präsenz in der Luft. Note: 3

Jannis Nikolaou: Hat seinen Platz im Abwehrzentrum als guter Zweikämpfer gefunden, überzeugt mit gutem Stellungsspiel. Note: 3

Chris Löwe: Verliert defensiv einige Zweikämpfe, darunter einen entscheidenden vor dem ersten Gegentor. Offensiv bemüht. Note: 4

Ondrej Petrak: Der Arbeiter im Mittelfeld erledigt seine Aufgaben unspektakulär, aber mit seiner Routine weitgehend solide. Note: 3

Dzenis Burnic: Laufstärkster Dresdner mit 11,2 Kilometern, fällt vor allem zu Beginn mit einigen Ballgewinnen auf. Natürlich nicht ganz so stark wie vor der Zwangspause. Note: 3

Josef Husbauer: Als potenzieller Ballverteiler kommt der Tscheche nur unzureichend zum Zug, für die Position zu wenig Präsenz. Note: 4

Godsway Donyoh: Nutzt seine Schnelligkeit, um über die linke Seite Betrieb zu machen – aber nicht die Chance zum 1:0. Schwieriger Winkel. Defensive Schwächen. Note: 3

Simon Makienok: Hatte seine Corona-Infektion selbst öffentlich gemacht, zeigt aber keine Schwäche. Dynamos bester Zweikämpfer ist auch technisch stark. Note: 2

Patrick Schmidt: Hebt beim ersten Gegentor das Abseits auf – unaufmerksam. Offensiv zweimal gefährlich: Freistoß aus 30 Metern aufs Netz, Kopfball gehalten. Note: 4

Patrick Ebert: Soll seine Erfahrung einbringen, um die Balance zwischen Risiko und Absicherung zu wahren. Das 0:2 kann er jedoch auch nicht verhindern. Note: 3

Marco Terrazzino, Alexander Jeremejeff und Niklas Kreuzer sorgen für eine kurze Druckphase, sind einzeln aber nicht zu bewerten. Jannik Müller gibt sein Comeback

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Simon Makienok (l.) - hier im Duell mit Stuttgarts Clinton Mola - ragt bei Dynamo nicht nur wegen seiner Körpergröße heraus.
Simon Makienok (l.) - hier im Duell mit Stuttgarts Clinton Mola - ragt bei Dynamo nicht nur wegen seiner Körpergröße heraus. © dpa-POOL/Robert Michael

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