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Bürgermeisterposten ausgehandelt

Es war ein nicht alltägliches Bündnis: Vier Fraktionen haben sich geeinigt, wer welche Ämter besetzen darf. Weshalb plötzlich die CDU mit Linken gemeinsame Sache macht.

Von Andreas Weller
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Im Juli soll der Stadtrat den neuen Bildungsbürgermeister wählen. Vier Fraktionen im Stadtrat haben sich nun geeinigt.
Im Juli soll der Stadtrat den neuen Bildungsbürgermeister wählen. Vier Fraktionen im Stadtrat haben sich nun geeinigt. ©  Foto: Sven Ellger

Die Diskussion um die Nachfolge von Hartmut Vorjohann (CDU) als Bildungsbürgermeister führt zu einem eher ungewöhnlichen Bündnis.

Nun ist klar, wie die Bürgermeisterposten auch 2022 vergeben werden. Ein Bewerber für für das Ressort Bildung steht bereits fest.   

Sie haben hinter verschlossenen Türen verhandelt, Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) aufgefordert, einen Vorschlag zu machen, welche Ämter innerhalb der Verwaltung verschoben werden sollen und einiges mehr.

Seit dem Wechsel von Hartmut Vorjohann als Finanzminister wurde viel diskutiert. Jetzt gibt es ein Papier, dass Grüne, CDU, Linke und SPD unterschrieben haben.

Dana Frohwieser (SPD), Margot Gaitzsch (Linke), Andre Schollbach (Linke), Christiane Filius-Jehne (Grüne) und Jan Donhauser (CDU) (v.l.).
Dana Frohwieser (SPD), Margot Gaitzsch (Linke), Andre Schollbach (Linke), Christiane Filius-Jehne (Grüne) und Jan Donhauser (CDU) (v.l.). © (c) Christian Juppe

Wer stellt welche Bürgermeister?

Das Ressort Bildung, das zuerst besetzt werden muss, bleibt bei der CDU. Im Juli soll der Stadtrat den neuen Bildungsbürgermeister wählen. Das Vorschlagsrecht für Ordnung und Sicherheit bleibt ebenfalls bei der CDU. Derzeit ist Detlef Sittel (CDU) der Bürgermeister. Neu zu diesem Ressort wandert das Amt für Wirtschaftsförderung.

Die Grünen als größte Fraktionen behalten die Bereiche Stadtentwicklung/Bau und Umwelt/Kommunalwirtschaft. Diese sind mit Eva Jähnigen (Grüne, Umwelt) und Raoul Schmidt-Lamontain (Grüne) besetzt. Bei Umwelt kommen Klima und Vergabe/Beschaffung dazu. Im Baubereich wird das Straßen- und Tiefbauamt zusätzlich zum Amt für Mobilität.

Die Linke behält ihre Ressorts nahezu unverändert, als Kultur/Tourismus und Arbeit, Soziales, Wohnen, Bürger. Für den Bereich von Annekatrin Klepsch (Linke, Kultur) sollte sich auch nach den Plänen von OB Hilbert nichts ändern. Vom Ressort von Kristin Kaufmann (Linke, Soziales) sollte laut OB-Plänen das Klinikum Dresden zu Ordnung und Sicherheit wechseln. Doch nun bleibt es unverändert.

Die SPD behält den Querschnittsbereich, also Finanzen, Personal, Recht und Digitalisierung, aktuell mit Peter Lames (SPD) besetzt). OB Hilbert wollte den Sport zur Bildung verschieben. Auch das wird nichts, sondern bleibt bei Finanzen. 

Was bedeutet die Vereinbarung?

Grüne, CDU, Linke und SPD haben sich damit verständigt, dass die jeweiligen Fraktionen das Vorschlagsrecht für die Bürgermeisterposten haben. Außerdem sind die Zuschnitte der jeweiligen Ressorts damit festgelegt.

Was allerdings entscheidend ist: Durch die Unterschrift haben sich alle verpflichtet, dass die jeweils vorgeschlagenen Personen für die Ämter im Stadtrat gewählt werden, auch wenn bis 2022 noch viel Zeit vergeht.  

Weshalb haben sie sich jetzt festgelegt?

Am Donnerstag wird der Ausschreibungstext für den Bildungsbürgermeister beschlossen. Alle Fraktionen wollten vorher eine Einigung. "Unsere vier Fraktionen stellen zwei Drittel der Mitglieder des Stadtrates", so Grünen-Fraktionschefin Christiane Filius-Jehne. Damit habe man einen großen Teil des Rates einbezogen.

"Keine Fraktion hat eine eigene Mehrheit", erklärt Linke-Fraktionschef André Schollbach. "Wir wollen aber eine stabile und handlungsfähige Rathausführung." Die Alternative sei "Chaos, Instabilität und Handlungsunfähigkeit". Es gehe um Verlässlichkeit", betont auch CDU-Fraktionschef Jan Donhauser. "Wir wollen die positive Entwicklung Dresdens sichern."

Weshalb kooperiert die CDU mit Die Linke?

"Das ist eine Vereinbarung zu den genannten Vorhaben", so Donhauser. Es sei aber keine klassische Kooperation. "Andere Sachen sind nicht Bestandteil dieser Vereinbarung."

Dennoch hat die Bundes-CDU gerade erst wegen der Diskussion um die Regierungsbildung in Thüringen  auf den Unvereinbarkeitsbeschluss verwiesen. 2018 hat die CDU beschlossen, grundsätzlich nicht mit AfD und Die Linke zusammenzuarbeiten. "Da halte ich es wie Marco Wanderwitz", sagt Donhauser. Der Ostbeauftragte, oder Beauftragte der Bundesregierung für die neuen Bundesländer, ist selbst CDU-Mitglied und sagt, der Beschluss gelte auf Bundes- und Landesebene, nicht aber für Kommunen.

Dennoch ist diese Vereinbarung durchaus bemerkenswert, da Dresden als Landeshauptstadt eine Art Vorbildcharakter für andere Städte hat.  

Wurden die OB-Ideen komplett gestrichen?

Oberbürgermeister Hilberts Vorschlag war die Idee, die Verwaltung nach aktuellen Entwicklungen umzubauen. Grüne, CDU, Linke und SPD sagen selbst, sie gehen da etwas "konservativer" heran. "Die Struktur funktioniert gut, wie sie ist", so SPD-Fraktionschefin Dana Frohwieser. Man habe Kleinigkeiten verändert und "sinnvolle Vorschläge" des Oberbürgermeisters übernommen.

Im Detail heißt das, von den OB-Plänen ist geblieben, dass der Bereich Wirtschaft einem Bürgermeister übertragen wird. Hilbert wollte Wirtschaft bei Bau und Verkehr, nun geht es zu Ordnung und Sicherheit. Immerhin wurde übernommen, dass die Hausmeister im bereich Bildung angesiedelt werden. Alle anderen OB-Vorschläge wurden gestrichen. Hilbert bekommt statt der Wirtschaft in seinen Bereich die Stadtbezirke und Ortschaften.  

Weshalb wurden einige nicht beteiligt?

AfD und Freie Wähler waren von Anfang an außen vor. "Solange sich die AfD nicht von Nazi-Sprech und Nazi-Ideologie distanziert - und das wird nie der Fall sein - ist sie keine demokratische Partei und keine Kraft, mit der wir sprechen", so Grünen-Fraktionschefin Filius-Jehne. "Bei den Freien Wählern gibt es kaum Unterschiede."

Die FDP habe man allerdings einbezogen. "Wir haben sie mehrfach informiert und vor einigen Wochen aufgefordert, uns ihre Vorstellungen mitzuteilen", so Filus-Jehne. Es sei aber nicht erfolgt. FDP-Fraktionschef Holger Zastrow entgegnet: "Es gab kein ernsthaftes Interesse an unserer Meinung." Er habe klargestellt, dass es nicht bei einer Verteilung wie bisher bleiben kann. "Das Wahlergebnis muss sich wiederspiegeln und das tut es nicht, wenn das linke Lager fünf von sieben Posten besetzt."

Wie reagieren die anderen Fraktionen?

Die sind sauer. „Das Ergebnis der Einigung sind Postenverteilung und Besitzstandswahrung statt Mut zu Veränderung und Gestaltung", so Dresdens FDP-Chef Holger Hase. "Bezeichnend ist, dass die CDU, die jahrelang tonangebend in Dresden war, nun unter grün-rot-roten Segeln im Beiboot von Dresdens Kommunalpolitik sitzen möchte."

Er kritisiert vor allem CDU-Fraktionschef Jan Donhauser. Der mache sich vom "Lotsen zum Leichtmatrosen“, sagt Hase. Er vermutet Zugeständnisse der CDU, weil Donhauser Bildungsbürgermeister werden will. Donhauser erklärte am Mittwoch dazu auch: "Ich werde mich bewerben."

Von "Ausgrenzungspolitik" spricht Stadtrat Frank Hannig, weil seine freien Wähler nicht beteiligt wurden. "Das ist undemokratisch." Auch die AfD fühlt sich ausgebootet. Ihre stünde aufgrund des Wahlergebnisses bei der Stadtratswahl mindestens ein Bürgermeisterposten zu. Zudem wolle man mindestens einen Bürgermeister streichen, ähnlich wie die freien Wähler.