Dresden. Sie ist ein Viertel, in dem der Verfall der Nachkriegs- und DDR-Zeit am längsten sichtbar war: die Dresdner Friedrichstadt. Immobilienunternehmen investierten ihr Geld lieber in anderen Stadtgebieten, ließen Häuser in Striesen sanieren oder Wohnungen in der Neustadt bauen. In den letzten Jahren drehen sich die Kräne aber zunehmend auch in der Friedrichstadt.
Westlich vom Bahnhof Mitte hat sich seitdem viel getan: Im Bramschkontor sind Einfamilienhäuser entstanden, an der Friedrichstraße hat Sachsens größte Baugemeinschaft eine Häuserlücke geschlossen, Straßen wie die Bräuergasse und die Seminarstraße wurden saniert. Zuletzt sind etliche Grünflächen dazugekommen, immer mehr Spielplätze orientieren sich am Bedarf der neuen Bewohner, denn die Friedrichstadt wird jünger. Vor allem Familien haben das Viertel für sich entdeckt - nicht zuletzt deshalb, weil Bauland und Wohnungsmieten in den vergangenen Jahren noch vergleichsweise erschwinglich waren. In den letzten 20 Jahren ist die Bewohnerzahl in der Friedrichstadt um knapp 70 Prozent gewachsen.
Doch nicht nur private Investoren haben den Stadtteil attraktiver gemacht. Mit Fördergeld von Bund und Freistaat ist es der Landeshauptstadt gelungen, den Stadtteil lebenswerter zu gestalten. Damit hat sie etwa Eigentümer beim Sanieren ihrer Häuser unterstützt. Im Zuge des Förderprogramms Sanierungsgebiet Friedrichstadt sind seit 2003 rund neun Millionen Euro in die Umgestaltung öffentlicher Plätze und Straße geflossen. Es wurden Bäume gepflanzt, die Friedrichstadt ist grüner geworden. Mit dem letzten Projekt "Grüne Raumkante Schäferstraße" geht das Förderprogramm nun zu Ende. Rund 450.000 Euro hat es gekostet, etwas Natur und Farbe in den tristen Straßenzug - den viele Dresdner sinnbildlich mit der Friedrichstadt verbinden - zu bringen. Was vorerst bleibt, sind die unsanierten Plattenbauten entlang der Schäferstraße, die mit einer Kaltmiete von etwas über fünf Euro für den Quadratmeter allerdings durchaus preiswert sind.
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Neue Grünanlage an der Schäferstraße
Wo einst gründerzeitliche Mietshäuser dicht an dicht standen und nach dem Abriss Ende der 1980-er Jahre Brachen verwilderten, ist in den vergangenen Monaten nun die "Grüne Raumkante" gewachsen. Seit der letzten Woche dürfen die Dresdner auf den neuen Bänken Platz nehmen. Zwischen Adler- und Institutsgasse entstanden auf einem 310 Meter langen und elf Meter breiten Randstreifen eine Allee aus 65 Tulpenbäumen, ein Quartiersplatz mit Blühwiese und zwei Ruhe-Inseln. Mit diesem Grünzug ist ein Schlüsselprojekt des Sanierungsgebietes Dresden-Friedrichstadt fertiggestellt.
"Damit ist an der vom Bahnhof Mitte kommenden, verkehrsreichen Schäferstraße der Spagat gelungen, die frühere Bebauungskante aufzunehmen und gleichzeitig neues Grün in den Stadtteil bringen", findet Dresdens Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen (Grüne). Mit dem benachbarten Koreanischen Platz soll der Grünstreifen ein neues Tor zur Friedrichstadt bilden. Außerdem leiste er einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung des Stadtklimas in der überhitzten Stadt und mildert Lärm und Staub. "Kurzum: Die Lebensqualität im Stadtteil wird erhöht", so Jähnigen.
Mehr Grün und neuer Stadtgarten am Aberthafen
Auch an anderer Stelle im Wohnviertel hat die Landeshauptstadt in öffentliche Grünanlagen und Spielplätze investiert. Ab diesem Freitag können die Dresdner und vor allem die Bewohner der Nachbarschaft den neuen Park und Stadtgarten an der Magdeburger Straße nutzen. Auch hier wurden etliche Bäume und Sträucher gepflanzt, die sich positiv auf das Stadtklima auswirken sollen.
Neben Gemeinschaftsbeeten und verschiedenen Angeboten wie Schaukel, Seilbahn und Wasserpumpe für die Kleinen haben sich die Planer hier etwas Besonderes einfallen lassen: Eine Klangröhre, ein Tanzglockenspiel und ein Cajon - das ist eine Art Kistentrommel - sollen zum gemeinsamen Musizieren einladen. In der öffentlichen Grünanlage "An den Menageriegärten" wurden entlang des Weges Fitnessgeräte aufgestellt, die auch bei Wind und Wetter genutzt werden können.
Über eine neue Rampe können nun auch Menschen, deren Bewegung eingeschränkt ist, zur benachbarten Kleingartenanlage gelangen. Auf einer Stele gibt es Wissenswertes über die Geschichte des Ortes zu erfahren.
Finanziert wird das Projekt mit Fördermitteln der Städtebaulichen Erneuerung und durch die Landeshauptstadt. Die beiden öffentlichen Grünanlagen kosteten rund eine Million Euro.
Mit den neuen Flächen und Treffpunkten im Grünen soll der Gemeinschaftssinn im Viertel gestärkt werden. Deshalb soll es im Herbst dieses Jahres auch ein Fest geben, bei dem alle Planer und Gestalter mit den Dresdnern feiern und sich mit ihnen austauschen. Ein genauer Termin dafür steht noch nicht fest.
Was schon jetzt möglich ist: Die Dresdner können sich an Aktionen im "Stadtgarten Alberthafen" beteiligen. Das geht allerdings nur in Absprache mit dem zuständigen Projektteam. Jeder kann sich bei der Gestaltung der Gemeinschaftsgartenflächen einbringen. Die Nachbarschaft, Initiativen und Vereine sind eingeladen, ihre Wünsche und Bedürfnisse dazu zu äußern. Das geht über die E-Mail-Adresse [email protected].
Weitere Informationen zu den verschiedenen Stadtgärten in Dresden gibt es unter www.dresden.de/gaertnern.
Zentraler Neubau mit Supermarkt am Bahnhof Mitte
Neben vielen Grünanlagen sind in den vergangenen Jahren auch zahlreiche Neubauten in der Friedrichstadt entstanden, Altbauten wurden saniert und sind inzwischen wieder bewohnt. Eines der größten Bauprojekte findet sich an der Weißeritzstraße. In einem ersten Abschnitt sind gegenüber vom Bahnhof Mitte knapp 90 Wohnungen entstanden, die mittlerweile bezogen sind.
Im zweiten Bauabschnitt folgt nun ein umstrittenes Projekt, die sogenannte "Grüne Mitte". Der Name beschreibt indirekt das Problem, was viele Friedrichstädter damit hatten. Denn vor dem Baustart im vergangenen Jahr war das Areal als Grüne Ecke im Stadtteil bekannt. Für den Neubau mussten etliche Bäume weichen. Zunächst hatten die Planungen vorgesehen, dass an dieser Stelle ein großes Einkaufszentrum entsteht. Dagegen hatten sich 2015 rund 1.500 Dresdner mit einer Petition gewehrt.
Heinrich Nenninger, der das Areal samt Neubauprojekt mit der Suhler Unternehmensgruppe Bauwi übernahm, kippte den Plan Anfang 2017. Er setzte stattdessen auf Wohnungen in den oberen Etagen und Läden im Erdgeschoss. In Blockrandbebauung entsteht eine Häuserzeile mit sechs verschiedenen Gebäuden. Erhalten bleibt ein grüner Innenhof, in dem ursprünglich ebenfalls Neubauten vorgesehen waren. Im Erdgeschoss wird ein Rewe-Supermarkt samt Getränkehändler einziehen, außerdem soll es einen Fleischer, einen Bäcker und ein Bistro geben. In den Etagen darüber entstehen 125 Wohnungen. Ende 2021 soll das Bauprojekt, das mittlerweile einen neuen Eigentümer hat, fertig sein.