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Corona-Studie an Schülern: Blutproben genommen

Wie viele Teenager hatten das Virus bereits? Experten der Uniklinik erwarten bis zu drei Prozent. Doch sie räumen ein: Überraschungen sind möglich.

Von Nadja Laske
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Schon an den ersten beiden Tagen haben sich 200 Schüler auf Antikörper testen lassen. Ein Ärzteteam nimmt ihnen dafür fünf Milliliter Blut an den Schulen ab.
Schon an den ersten beiden Tagen haben sich 200 Schüler auf Antikörper testen lassen. Ein Ärzteteam nimmt ihnen dafür fünf Milliliter Blut an den Schulen ab. © Symbolbild: dpa

Dresden. Während sich die TV-Virologen Christian Drosten und Alexander Kekulé streiten, versuchen auch Mediziner in Dresden, eine Antwort auf die Fragen zu finden: Wie viele Kinder haben oder hatten eine unbemerkte Corona-Infektion? Sind Kinder genau so ansteckend wie Erwachsene? Und stecken sie sich ebenso schnell an? 

Die Informationen zur Corona-Studie an Dresdner Schülern, die wir Ihnen bereits vorstellten, wird nun konkreter. Wissenschaftler der Medizinischen Fakultät und des Universitätsklinikums der TU Dresden wollen die Ausbreitung des Coronavirus kontrollieren. Dafür testen sie 1.000 Ober- und Berufsschüler sowie Gymnasiasten in Dresden und im Landkreis Bautzen. Sie planen außerdem eine zweite Testreihe in Kindergärten. Die soll ganz ohne Blutentnahme funktionieren, teilen die beiden Institutionen in einer gemeinsamen Presseerklärung mit.

Die ersten Blutproben sind schon entnommen. Seit dem 25. Mai ist ein Ärzteteam an den sechs ausgewählten Dresdner Schulen unterwegs. Vier weitere Schulen in Bautzen kommen dazu. In den insgesamt zehn Einrichtungen wurden rund 1.500 Schüler der Klassenstufen acht bis elf angeschrieben, um sich freiwillig nach Rücksprache mit ihren Eltern an der Studie zu beteiligen.

Über das Coronavirus informieren wir Sie laufend aktuell in unserem Newsblog.

"Wir planen mit rund 1.000 Studienteilnehmern", sagt Professor Reinhard Berner von der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus. Er betreut gemeinsam mit Dr. Jakob Armann die Studie. Den jugendlichen Studienteilnehmern werden von dem Ärzteteam jeweils fünf Milliliter Blut entnommen. Das Serum soll in dem Institut für Mikrobiologie auf Antikörper gegen das SarsCoV-2-Virus untersucht werden. "Wir erhoffen uns davon einen Aufschluss über die Durchseuchungsrate in der Altersgruppe der 14- bis 18-Jährigen", so Professor Berner. 

Professor Reinhard Berner von der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin an der Dresdner Uniklinik leitet die Studie zur Verbreitung des Coronavirus unter Dresdner Schülern.
Professor Reinhard Berner von der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin an der Dresdner Uniklinik leitet die Studie zur Verbreitung des Coronavirus unter Dresdner Schülern. ©  PR

Parallel besteht für die Lehrerschaft der jeweiligen Schulen die Möglichkeit, sich testen zu lassen. Nach einer ersten Blutentnahme, die für alle Schulen voraussichtlich Mitte Juni abgeschlossen sein wird, soll es voraussichtlich noch vor den Sommerferien eine zweite Testreihe geben. Der Vergleich der beiden Datenreihen liefert Erkenntnisse darüber, ob und wie stark sich das Virus in den einzelnen Altersgruppen verbreitet.

Zu der Studie, die in Abstimmung mit den Sächsischen Staatsministerien für Kultus sowie für Wissenschaft, Kultur und Tourismus erfolgt, gehört eine dritte Testreihe, die je nach Infektionsgeschehen im Herbst beziehungsweise vor den Weihnachtsferien stattfinden soll. 

"Die Bereitschaft, sich an dem wissenschaftlichen Projekt zu beteiligen, ist sehr groß", sagt Professor Reinhard Berner. Schon in den ersten anderthalb Tagen konnten fast 200 Blutproben entnommen werden. Nach den serologischen Untersuchungen verbliebenes Blut möchten die Studienmacher für fünf Jahre aufbewahren, um es für weitere Forschungen zu nutzen. Die Probanden müssen damit aber einverstanden sein, genauso wie damit, über das Ergebnis des Antikörpertestes informiert zu werden.

Abgeleitet von den aktuellen Zahlen der in Sachsen bisher diagnostizierten Covid-19- Patienten rechnet Professor Berner mit einer derzeitigen Durchseuchungsrate von rund einem bis drei Prozent. "Überraschungen sind aber durchaus möglich. Wir wissen es einfach nicht. Das macht die Studie so spannend", sagt der Wissenschaftler. 

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Die Altersgruppe der 14- bis 18-Jährigen habe man deshalb bewusst ausgewählt, weil sich diese Schüler in größerem Maße unabhängig von ihrem Elternhaus und Schule bewegen und vielleicht die Hygienevorschriften nicht zwingend beachten. Sie haben damit auch eine entsprechend große Zahl von Kontaktpersonen. Professor Berner warnt aber ausdrücklich, ein positiver Antikörpertest sei kein Freibrief. "Es gibt bei jedem Test auch sogenannte falsch positive Befunde, die Antikörper anzeigen, die tatsächlich gar nicht vorhanden sind." Entscheidend sei daher, sich die Antikörperentwicklung im Verlauf anzusehen. 

Er möchte mit seinem Team auch die Virusausbreitung bei jüngeren Kindern untersuchen. Dazu wird es eine zweite Studie geben, die in den kommenden Wochen startet. In Kindergärten sollen in regelmäßigen Abständen Stuhlproben entnommen und mikrobiologisch untersucht werden. Das SARS-CoV-2-Virus lässt sich in den Ausscheidungen nachweisen, wenn eine Infektion bereits abgelaufen ist. "Der große Vorteil ist dabei, dass wir bei den Kindern durch regelmäßige Untersuchungen eine vorangegangene Infektion ganz ohne Blutentnahme nachweisen können", so Professor Berner. Der Zeitraum für beide Studien erstreckt sich über insgesamt etwa zwei Jahre. 

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