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Wie die Ottendorfer Industrie-Brachen langsam verschwinden

In Ottendorf-Okrilla setzt die Verwaltung viel daran die alten Industriebrachen in Geschäfts-, Wohn- und Freizeitgebiete umzuwandeln. Doch es gibt auch weiterhin verfallene Gebäude. Was passiert mit ihnen?

Von Siri Rokosch
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Die Industriebrache VEB Sachsenglas Ottendorf-Okrilla an der Königsbrücker Straße 33a verfällt weiter. Das Grundstück befindet sich in Privateigentum.
Die Industriebrache VEB Sachsenglas Ottendorf-Okrilla an der Königsbrücker Straße 33a verfällt weiter. Das Grundstück befindet sich in Privateigentum. © Marion Doering

Ottendorf-Okrilla. Der ehemalige Volkseigene Betrieb (VE)B Sachsenglas an der Königsbrücker Straße ist einer von insgesamt 19 Brachflächen, die im sogenannten "Entwicklungs- und Handlungskonzept der Gemeinde Ottendorf-Okrilla -Fachteil 'Brachen'" im Jahr 2017 aufgelistet sind. Die Verwaltung und der Ottendorfer Bürgermeister setzten viel daran, dass diese Flächen verschwinden. Sächsische.de hat nachgefragt, wo es noch Brachen gibt und was aus ihnen wird.

Rewe, McDonald's, Teichwiesenbad und die neue Ortsmitte

Verschwunden sind bereits einige alte Industriebrachen. Auf dem ehemaligen Presswerkgelände an der B97 wächst derzeit der neue Rewe-Markt in die Höhe. Dort werden auch ein DM-Drogeriemarkt und ein Café des Ottendorfer Mühlenbäckers einziehen.

Auch der Flachbau in der Else-Sommer-Straße 7 wurde bereits abgerissen. Dort befand sich ab 1962 ein Schulerweiterungsbau mit vier Klassenzimmern. In den Jahren 1984 bis 2005 wurde das Gebäude nach Umbauarbeiten als Schulküche genutzt und stand dann seit 2012 leer. Inzwischen sind dort ein Fahrradstellplatz und ein Parkplatz entstanden.

Auf dem Gelände des ehemaligen Ferienlagers VEB Robotron laufen derzeit Arbeiten. Da sich die Fläche in der Nähe des Teichwiesenbades befindet, soll dort ein neuer Parkplatz für Badegäste angelegt werden. Die Gebäude des Ferienlagers werden abgerissen.

Die Brache in der Nähe der Radeberger Straße 90 verschwindet ebenfalls. Diese Fläche wurde bis etwa 1990 als Trockenfuttermittelwerk mit Lager- und Trocknungshallen genutzt. Seit diesem Zeitpunkt liegt das Grundstück brach, wobei zwischenzeitlich einzelne Teilflächen temporär als Lagerflächen von Recyclingstoffen genutzt wurden. Es befindet sich in Privateigentum auf einer Größe von knapp 18.000 Quadratmetern. Ein Teil der Fläche wird bereits vom neuen McDonald's genutzt, zudem ist der Bau eines Lkw-Rastplatzes geplant und ein weiterer Bereich soll neue Gewerbetreibende anlocken.

Das größte Umwandlungsprojekt einer ehemaligen Industriebrache in Ottendorf wird wohl an der Gaswerkstraße entstehen: auf 8,56 Hektar soll eine völlig neue Ortsmitte gebaut werden, denn ein klassischer Ortskern fehlt in der Gemeinde gänzlich.

Das Grundstück dort wurde bis 1990 durch den VEB Betonwerk Ottendorf-Okrilla genutzt. Anfang der 1990er-Jahre erfolgten die Privatisierung und eine weitere Nutzung des Geländes durch die "Dechant Bau GmbH" bis zum Jahr 2000. Anfang 2000 gelangte das Grundstück per Zwangsversteigerung in das Eigentum des derzeitigen Privateigentümers. Ein Teil der ehemaligen Betriebsgebäude wurde bereits abgerissen.

Welche Brachflächen es in Ottendorf noch gibt

Mit der Hilfe des "Entwicklungs- und Handlungskonzepts" will die Gemeinde Ottendorf-Okrilla die Entwicklungsstrategie für die Gemeinde sowie den langfristigen Orientierungsrahmen für Planungen, Konzepte und Ideen zur zukünftigen Entwicklung bis zum Jahr 2040 integrieren und Entwicklungspotenziale aufzeigen.

Leitbild der Konzeption sei die Weiterentwicklung Ottendorf-Okrillas mit seinen vier Ortsteilen Grünberg, Hermsdorf, Medingen und Ottendorf als eigenständige, wirtschaftlich starke, familienfreundliche und bürgernahe Gemeinde im Einklang mit Natur und Umwelt. Auf dem Gemeindegebiet Ottendorf-Okrillas waren 2017 rund 205.700 Quadratmeter als Brachflächen ausgewiesen. Dies entsprach rund 1 Prozent der gesamten Gemeindefläche.

Aktuell gibt es unter anderem noch diese Flächen, welche als Brachen gelten: Den ehemaligen VEB Sachsenglas, der bereits seit Gründung der Sächsischen Glasfabrik August Walther & Söhne Ottendorf-Okrilla im Jahr 1865 dort Glas produzierte. Mit Ende des Zweiten Weltkrieges erfolgten 1946 dort die Enteignung und die Gründung des VEB Sachsenglas.

1979 wurde der Betrieb durch den VEB Glaswerk Schwepnitz übernommen, aus dem 1990 die Sachsenglas GmbH Ottendorf-Okrilla hervorging. Anfang der 1990er Jahre ging die Sachsenglas GmbH in Liquidation. Das ehemalige Betriebsgelände wurde in diesem Zuge in wirtschaftlich eigenständige Teilflächen geteilt und verkauft. Die nördlichen Teilflächen stellen die gegenwärtige Brache dar. Der jetzige Privateigentümer ergriff seither offensichtlich keine baulichen Maßnahmen.

Viele Flächen sind in Privatbesitz

Auch das ehemalige Agrochemisches Zentrum Hermsdorf an der Bahnhofstraße befindet sich in Privateigentum. Ziel sei hier langfristig eine Mischgebietsnutzung oder eine Gewerbeansiedlung.

Und auch die frühere Schlossmühle Hermsdorf ist in Privatbesitz. Sie war 1582 erstmalig urkundlich erwähnt worden und diente bis 1960 als Mahl- und Schneidemühle. Die letzte Nutzung als Mühle erfolgte durch die Steinmetzmühle Ottendorf. 1960 übernahm die Firma Tittel als Zweigbetrieb des VEB Drahtwaren Hermsdorf die Mühlengebäude und stellte geschweißte Drahtwaren am Standort her. Die Nutzung wurde im Jahr 2000 aufgegeben. Seither steht der Gebäudekomplex leer. Dort ist eine Sanierung für ein "Wohnen am Schlosspark" geplant.

Das ehemalige Prüfgerätewerk Medingen an der Rödertalstraße befindet sich ebenfalls in privater Hand. Die Gemeinde schließe dort eine Wiederbebauung und Nutzung für "nicht störendes" Gewerbe und Wohnen nicht aus.

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