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Nach dem Moritzburg-Drama: Ist Sport wirklich lebensgefährlich?

Nach dem Tod eines jungen Hobbysportlers beim Triathlon in Moritzburg gibt es Vorurteile und viele Fragen. Und das nächste Wochenende steht bevor: wieder mit extremen Belastungen bei noch extremeren Bedingungen.

Von Tino Meyer
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Angst vor Sport müsse niemand haben, sagt Sportarzt Axel Klein. Und er gibt Tipps für Hitzetage. Abkühlen und trinken steht dabei an erster Stelle.
Angst vor Sport müsse niemand haben, sagt Sportarzt Axel Klein. Und er gibt Tipps für Hitzetage. Abkühlen und trinken steht dabei an erster Stelle. © picture alliance/AP Photo|Ivan S

Dresden. Da hat sich mal wieder einer übernommen, sich schier maßlos überschätzt. Und überhaupt: Sport ist Mord! Erst recht solche Anstrengungen, wie sie beispielsweise die Mitteldistanz im Triathlon mit fast zwei Kilometern Schwimmen, danach 90 Kilometern auf dem Rad und den abschließenden 21 Kilometern Laufen verlangt. Die Ursachenforschung nach dem tragischen Unglück vergangenen Samstag beim Moritzburger Schloss-Triathlon ist zumindest in den sozialen Medien größtenteils schon abgeschlossen, da hat die Obduktion noch nicht mal begonnen.

Die Nachricht vom Tod des 19-jährigen Freizeitsportlers, der am späten Samstagabend abseits der Laufstrecke nach einer groß angelegten Suchaktion von einem Polizeispürhund gefunden wurde, beschäftigt auch den Dresdner Sportarzt Axel Klein. An Spekulationen will er sich nicht beteiligen, sagt er. Auch kenne er keine detaillierten Hintergründe. Eine Feststellung aber ist Klein, der am Sonntag in Moritzburg selbst den Jedermann-Triathlon bestritt, in diesem Zusammenhang wichtig. "Jede körperliche Bewegung ist besser, als auf dem Sofa zu sitzen", sagt der Vorsitzende des Sächsischen Sportärztebundes. Er betont zudem, dass Extreme natürlich dennoch immer eine besondere Herausforderung darstellen. Und das erst recht bei durchaus extremen äußeren Bedingungen.

Gefahr der innerlichen Austrocknung

Das Wetter am vergangenen Wochenende gehört dazu. Das Tückische, so Klein, war dabei der starke und beim Radfahren womöglich als kühlend empfundene Wind in Verbindung mit den sehr warmen Temperaturen. "Die Gefahr besteht, dass man unterwegs zu wenig trinkt und de facto innerlich austrocknet. Diese Erfahrung habe ich bei früheren Wettkämpfen selbst schon gemacht. Dieses Flüssigkeitsdefizit lässt sich dann beim Laufen auch nicht mehr ausgleichen. Die Folge sind massive Kreislaufprobleme", erklärt Klein.

Trinken, trinken, trinken – bei der Fichkona, dem Radmarathon vom Fichtelberg zum Kap Arkona, ist das nicht zuletzt deshalb eine der Grundregeln. Vor allem an diesem Wochenende mit Temperaturprognosen von deutlich über 30 Grad Celsius.

Zum 22. Mal machen sich am Samstagvormittag 170 Radfahrer auf den Weg vom höchsten Berg in den ostdeutschen Bundesländern zum nördlichsten Punkt der Insel Rügen, rund 620 Kilometer nonstop in maximal 24 Stunden. Inzwischen ist aus dem einstigen Badeausflug mit dem Rad, so die Ursprungsidee des Dresdners Olaf Schau, eine Kultveranstaltung geworden. Grenzerfahrungen inklusive – nicht nur in der schnellsten von vier Tempogruppen.

Fichkona-Teilnehmer gut vorbereitet

Immer wieder mal, so berichtet es Martin Steinbrecher von der Organisationscrew, gebe es unterwegs Aussteiger, meist nach Stürzen. Erschöpft aufgeben musste bisher jedoch kaum einer. "Die Teilnehmer sind sehr gut vorbereitet. Sie trainieren akribisch für diesen Höhepunkt und fahren dabei bis zu 300 Kilometer am Stück. Zudem haben wir alle Fahrer im Blick und versetzen sie bei Bedarf in eine langsamere Gruppe", sagt Steinbrecher, und er verweist auf den Versorgungs-LKW mit dem 1.000-Liter-Frischwasser-Behälter, der nach Rücksprache mit Tankstellen auf der Strecke regelmäßig aufgefüllt wird. "Das war eine Lehre von 2018, wo es ähnlich heiß gewesen ist wie diesmal – und wir in Eilenburg notgedrungen einen Supermarkt leergekauft haben", erzählt Steinbrecher.

Ebenso vorbereitet auf die Hitze sind die Organisatoren beim Dresdner Citylauf an diesem Sonntag. "Wir haben die Temperaturentwicklung beobachtet und wissen auch, dass nach zwei Jahren Corona vielleicht nicht alle Läuferinnen und Läufer in der Form von 2018 oder 2019 sind", sagt André Egger von der Laufszene Events GmbH, die den Laufklassiker organisiert.

Citylauf verlegt Startzeiten vor

Zum einen wurden die Startzeiten in den frühen Vormittag vorverlegt. Und wie schon in Moritzburg gibt es beim Citylauf diesmal eine zusätzliche Wasserstelle. Auf der 3,3-Kilometer-Runde, verdeutlicht Egger, biete sich damit für die 10-Kilometer-Läufer sechs Mal die Möglichkeit, zu trinken. Wem das nicht genug ist: Am Terrassenufer steht darüber hinaus die Feuerwehr Bühlau mit einer Wasserdusche bereit – für die Extraportion Abkühlung.

Angst vor einem Start wegen der Hitze, erklärt Egger, müsse niemand haben, was Sportarzt Klein bestätigt. Spätestens nach fünf Kilometern empfiehlt er zu trinken und auch in den Tagen zuvor auf die Flüssigkeitsversorgung zu achten. Entscheidend sei zudem eine ordentliche Vorbereitung und vor allem, gesund an den Start zu gehen. Klingt selbstverständlich, ist aber laut Klein längst nicht so. "Ich kann da immer nur an den gesunden Menschenverstand und die Vernunft appellieren, gerade im Freizeitsport", sagt er.