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Ärger um Dresdens Stadionzuschuss für Dynamo

Eigentlich ist es eine Formsache: Alle zwei Jahre beschließt der Dresdner Stadtrat den Zuschuss für die Miete für das Dynamo-Stadion. Doch nun stockt dies. Woran das liegt und was der Verein dazu sagt.

Von Andreas Weller
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Um den Zuschuss der Stadt zur Miete für das Dynamo-Stadion gibt es erneut Diskussionen.
Um den Zuschuss der Stadt zur Miete für das Dynamo-Stadion gibt es erneut Diskussionen. © Archiv: Robert Michael

Dresden. Die SG Dynamo Dresden muss um den Mietzuschuss der Stadt für das Rudolf-Harbig-Stadion (RHS) bangen. Im Sportausschuss hat ein Stadtrat erwirkt, dass der Verein sich zunächst erklären muss, denn er will Antworten, denkt auch über eine Reduzierung des Zuschusses nach.

Dynamos kaufmännischer Geschäftsführer Jürgen Wehlend versucht die Wogen zu glätten. Auf Anfrage von Sächsische.de erklärt er, weshalb der Verein das Geld unbedingt benötigt.

Worum es geht

Diskussionen um den Dynamo-Zuschuss gibt es immer wieder. Die Stadt zahlt seit 2015 jedes Jahr 1,5 Millionen Euro Betriebsbeihilfe an die Stadion-Projektgesellschaft, um die Miete für Dynamo finanzierbar zu machen. Der Verein muss 3,2 Millionen Euro zahlen, wenn Dynamo wie derzeit in der dritten Liga spielt, in der zweiten Liga sind es sogar fünf Millionen Euro - das liegt deutlich über dem Durchschnitt der deutschen Profi-Vereine.

Mit dem Zuschuss senkt die Stadt die Miete sozusagen etwa auf den Durchschnitt, um für Dynamo eine ähnliche Belastung zu schaffen wie bei anderen Vereinen. Diese Summe wird nach einem Stadtratsbeschluss unabhängig von der Liga-Zugehörigkeit gezahlt. Allerdings muss, aus beihilferechtlichen Gründen, darüber alle zwei Jahre neu entschieden werden. Das wäre nun fällig - diesen Donnerstag sollte der Rat darüber befinden.

Weshalb es zu der Verzögerung kommt

Doch der Punkt wird von der Tagesordnung des Stadtrates genommen. Der Grund dafür ist, dass Grünen-Stadtrat Torsten Schulze im Sportausschuss beantragt hat, dass sich der Vereinsvorstand zunächst dort erklären muss, bevor die Räte entscheiden. Dafür gab es Zustimmung.

Da nun Dynamo-Geschäftsführer Wehlend in den Sportausschuss geladen werden und Rede und Antwort stehen muss, kann erst danach über den Zuschuss entschieden werden. Wehlend soll nach Informationen von Sächsische.de erst im Januar in den Ausschuss kommen.

Was der Stadtrat kritisiert

"Ich sehe mehrere Kritikpunkte", sagt Schulze. "Ich habe den Eindruck, der Verein vermarktet seine Spiele nicht genug." Zumindest sei es auffällig, dass aktuell noch zwischen 17.000 und 19.000 Zuschauer zu den Heimspielen kommen, während Dynamo vor einer Weile noch 25.000 bis 30.000 Fans anlocken konnte. "Spiele wie gegen Zwickau, wo es eine Fan-Freundschaft gibt, können besser vermarktet werden, früher gab es da Fan-Feste und Treffen", so der Grünen-Stadtrat.

Außerdem stehe Dynamo wirtschaftlich gut da. "Der Verein wird zehn Millionen Euro Guthaben ausweisen. Es ist gut, eine gewisse Grundlage zu haben. Aber der Verein sollte wirtschaftlich so aufgestellt sein, dass er seine Miete komplett selber zahlen kann. Zumindest müssen wir klären, ob eine Reduzierung des Zuschusses möglich ist."

Zudem sei im Haushaltsplan die Sportförderung insgesamt um 400.000 Euro reduziert worden. "Das betrifft alle Dresdner Vereine, da sollte Dynamo keine Narrenfreiheit haben", meint Schulze. Alle müssten verzichten. Auch fehle Schulze eine Aussage dazu, bei Dynamo Frauenfußball einzuführen und er wolle konkrete Aussagen, wie der Verein auf den Teil der Fans einwirkt, der immer wieder durch Gewaltbereitschaft auffällt.

Grünen-Stadtrat Torsten Schulze stellt den Zuschuss fürs Rudolf-Harbig-Stadion auf den Prüfstand.
Grünen-Stadtrat Torsten Schulze stellt den Zuschuss fürs Rudolf-Harbig-Stadion auf den Prüfstand. © René Meinig

Was der Dynamo-Boss dazu sagt

Wehlend sagt, selbstverständlich seien die Fragen von Schulze berechtigt. "Schließlich geht es hier um die Verwendung öffentlicher Mittel. Wir hätten uns lediglich gewünscht, früher in diese Überlegungen einbezogen zu werden." Zumal es das Problem gab, dass die Stadt für 2021 gar keinen Zuschuss für Dynamo eingeplant hatte.

Er spreche regelmäßig mit der Verwaltung und den Vertretern der Parteien im Rat. "Wir sind auch da, wenn man uns braucht", so der Geschäftsführer. Er verweist auf Hilfe von Dynamo für andere Vereine. "Wie im Sommer dieses Jahres, als die Kunstrasenplätze beispielsweise vom Postsportverein Dresden aufgrund der extrem hohen Temperaturen nicht mehr bespielbar waren und sowohl Trainingsplätze als auch ungeplante Reparaturmittel knapp waren. Aber auch wenn es darum geht, ein so wichtiges Sportereignis wie das erste Länderspiel der Frauen nach ihrer erfolgreichen EM in England nach Dresden zu holen."

Der Geschäftsführer der SG Dynamo Dresden erklärt, weshalb Dynamo den Zuschuss zur Miete benötigt.
Der Geschäftsführer der SG Dynamo Dresden erklärt, weshalb Dynamo den Zuschuss zur Miete benötigt. © dpa/PA/Robert Michael

Weshalb Dynamo den Zuschuss benötigt

"Dynamo Dresden hat in der Drittliga-Saison 2020/21 einen drohenden Verlust in Höhe von rund sechs Millionen Euro abgewendet und stattdessen im Jahresabschluss einen Jahresfehlbetrag von rund 880.000 Euro ausweisen müssen", so Wehlend. "Dabei wurden sämtliche operativen Ausgaben überprüft, Investitionen gestrichen und strategische Maßnahmen zurückgestellt." Für die Zweitligasaison 2021/22 werde Dynamo einen Jahresüberschuss von 935.000 Euro vermelden.

"Ohne die Unterstützung der öffentlichen Hand beim Infrastrukturbetrieb und die Corona-Hilfen wäre dies aufgrund der schwierigen Lage nicht möglich gewesen", stellt der Geschäftsführer klar. "Für die laufende Saison müssen wir erneut mit einem hohen Verlust planen."

Dynamo habe zwar 10,7 Millionen Euro Eigenkapital. "Dieses dient grundsätzlich der Absicherung von Investitionen in eine moderne und wettbewerbsfähige Infrastruktur wie unser neues Trainingszentrum", sagt Geschäftsführer Wehlend. "Aber auch der zwingend erforderlichen neuen Vereinsheimat, nachdem das Steinhaus am RHS seit 2009 nicht mehr zu unserer Verfügung steht. Ein für die Identität der SGD ebenso wichtiges Vereinsmuseum als auch Investitionen in neue Erfolgspotenziale wie die Digitalisierung sind neben der geplanten Erweiterung unserer stationären Fanshop-Präsenz im gesamten Dynamoland wichtige Bausteine für die nachhaltige Zukunftsfähigkeit von Dynamo Dresden als traditioneller Mitgliederverein."

Deshalb solle nicht das Vereinsvermögen für die komplette Miete gezahlt werden. "Stattdessen sollte man gemeinsam überlegen, die Weichen für eine erfolgreiche Zeit nach der Krise zu stellen, im besten Fall auch ohne öffentliche Zuschüsse für den Stadionbetrieb", erläutert Wehlend.

Ausschreitungen "nicht zu rechtfertigen"

Auch treffe es nicht zu, dass Dynamo seine Heimspiele nicht ausreichend vermarktet. "Gleichzeitig werden wir oft genug für das Gegenteil kritisiert, nämlich, dass bei Dynamo Dresden eine zunehmende Kommerzialisierung stattfinde, der Dynamo-Fan nur noch ausgequetscht würde", so Wehlend. "Was natürlich ebenso wenig zutrifft."

Dynamo habe in dieser Saison viele soziale und auch verkaufsfördernde Zuschaueraktionen durchgeführt, um neue Zielgruppen wie die Erstsemester der TU Dresden geworben. "Beim Ligaspiel gegen den 1. FC Saarbrücken haben wir gemeinsam mit unserem Medienpartner DDV eine neue Zuschauer-Kampagne gestartet. Im Ergebnis waren rund 23.000 Zuschauerinnen und Zuschauer im RHS", erklärt Wehlend.

Dynamo habe immer noch eine Stadionauslastung von 70 Prozent, der Durchschnitt der dritten Liga liege bei rund 47 Prozent. "Im Fußball ist es nun einmal so, dass man nur bedingt gegen einen Trend arbeiten kann. Corona, Inflationskrise und natürlich auch die seit gut einem Jahr anhaltende sportliche Erfolgsflaute tragen dazu bei, dass nicht mehr Zuschauerinnen und Zuschauer ins Stadion kommen", sagt Wehlend. "Hinzu kommen, und auch das muss man offen und ehrlich ansprechen, die Gewalt- und Vandalismusschäden aus dem Relegationsrückspiel im Mai sowie die ebenso durch nichts zu rechtfertigenden Vorkommnisse beim Auswärtsspiel in Bayreuth am 1. Oktober. Das alles macht es verdammt schwierig. In einem konjunkturellen Umfeld hingegen ist bei gleichzeitigem sportlichem Erfolg vieles möglich."