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Dynamos Sorgen wachsen - auf dem Platz und daneben

Nach der Nullnummer gegen Kiel kann sich Dynamo Dresden kaum noch ohne Relegation vor dem Abstieg retten. Trainer und Spieler betonen danach Positives, doch viele Fans pfeifen.

Von Tino Meyer
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Enttäuscht und ernüchtert: Patrick Weihrauch, Yannick Stark und Tim Knipping.
Enttäuscht und ernüchtert: Patrick Weihrauch, Yannick Stark und Tim Knipping. © Jan Huebner

Dresden. Dynamo Dresden ist und bleibt die einzige Mannschaft im deutschen Profifußball, die in diesem Jahr nicht gewonnen hat - und damit mehr denn je im Abstiegskampf der 2. Fußball-Bundesliga steckt. Gegen Holstein Kiel kam das Team von Trainer Guerino Capretti am Samstagnachmittag lediglich zu einem 0:0. Die Sieglosserie umfasst mittlerweile 13 Spiele. Fünf Fragen und Antworten nach der Partie am fünftletzten Spieltag.

Wie lief Dynamos Heimspiel gegen Kiel?

Mit einem Wort: ernüchternd. Dynamo hatte sich viel vorgenommen, erst recht nach der enttäuschenden und gemessen am Auftreten blamablen 1:2-Niederlage zuletzt in Sandhausen. Mit Kiel trafen die Dresdner dabei auf eine Mannschaft, die mehr aufs Spielerische setzt als auf Kampf - was Dynamo wie erwartet entgegenkam.

Die Partie verlief dennoch vornehmlich zwischen den Strafräumen. Dynamo stand defensiv sicher, tat sich im Spiel nach vorne allerdings sichtlich schwer. Chancen waren auf beiden Seiten eher Mangelware, auch wenn die Statistik danach 14 Torschüsse für Dynamo und 11 für Kiel auswies. Nach klaren Torchancen hätte es dagegen zur Pause 2:1 für die Gäste stehen müssen, doch zweimal rettete Dynamos Torwart Kevin Broll mit starken Paraden, auf der Gegenseite wurde Michael Sollbauers Schuss kurz vor der Torlinie von einem Spieler geklärt.

Nach dem Seitenwechsel lebte das Spiel bestenfalls noch von der Spannung. Und tatsächlich hätte Dynamo kurz vor dem Abpfiff fast noch einen Glückstreffer erzielen können. Doch der eingewechselte Morris Schröter wartete mit seinem Schuss zu lang, und Michael Akotos Kopfball ging weit am Tor vorbei. So blieb es beim letztlich verdienten 0:0 - das in Dynamos Lage zu wenig sein dürfte.

Was sagen Trainer und Spieler zur Nullnummer?

"Ich bin sehr glücklich mit dem Punkt", sagte - natürlich Kiels Trainer Marcel Rapp. Man habe Dynamo auf Distanz halten können, erklärte er danach. Genau genommen sind es neun Punkte Vorsprung. Den Klassenerhalt hat Kiel damit so gut wie sicher.

Und bei Dynamo? Versuchte Capretti das Positive in den Vordergrund zu rücken: Kein Gegentor kassiert und mit Herz gekämpft. "Letztlich können wir auf diese leidenschaftliche Leistung aufbauen. Ich bin optimistisch, dass wir es beim nächsten Anlauf schaffen können und vielleicht auch schaffen werden", sagte Dynamos Cheftrainer und meinte den ersten Sieg in diesem Jahr. Gespielt wird am Freitag bei Fortuna Düsseldorf.

"Die Mannschaft hat alles versucht, alles gegeben, alles reingeworfen. Wir haben seit langem mal wieder die Null gehalten und defensiv keinen Fehler gemacht, das war ein Fortschritt. Doch damit sind wir auch zu wenig vors gegnerische Tor gekommen", erklärte Kapitän Tim Knipping. Auch aus seiner Sicht ging das Unentschieden in Ordnung. Und er bekannte: "Wir stehen mit dem Rücken zur Wand und es muss viel passieren, damit es mit dem direkten Klassenerhalt klappt. Aber wir glauben definitiv weiter daran." Es sehe zwar derzeit nach Relegation aus, doch darüber möchte Knipping jetzt noch nicht sprechen.

Welche Änderungen gab es in Dynamos Anfangself?

Dynamos Trainer kündigte eine veränderte Startformation an - und er hielt Wort. Vier neue Spieler brachte Capretti im Vergleich zur 1:2-Niederlage gegen Sandhausen: die beiden Ex-Kapitäne Yannick Stark und Sebastian Mai, zudem Agyemang Diawusie und Ransford-Yeboah Königsdörffer. Das Signal: mehr Offensive, mehr Mentalität.

Mai war einigermaßen überraschend für beides verantwortlich, denn der gebürtige Dresdner und gelernte Innenverteidiger kam in der Offensive zum Einsatz. Ein taktischer Schachzug, der sich allerdings nicht wirklich bezahlt machte. "Wir haben unseren Plan im Großen und Ganzen umgesetzt, doch das Unentschieden ist für uns natürlich zu wenig", sagte Mai danach.

Wie waren die Reaktionen nach dem Abpfiff?

Enttäuschung und Ernüchterung - die Stimmung kurz nach dem Schlusspfiff war auf dem Tiefpunkt, auf dem Platz genauso wie unter den gut 21.000 Zuschauern. Die Mannschaft versammelte sich zunächst zum obligatorischen Kreis, ehe sie sich bei den Fans für die Unterstützung bedanken wollte. Reaktion aus dem K-Block: ein gellendes Pfeifkonzert und zunehmend auch wütender Protest.

Dynamos Kapitän Tim Knipping stellt sich der Diskussion mit den Ultras.
Dynamos Kapitän Tim Knipping stellt sich der Diskussion mit den Ultras. © Jan Huebner

Kapitän Tim Knipping wagte sich von der Strafraumgrenze, wo sich das Team versammelte, bis an den Zaun heran, diskutierte mit den Fans - und sprach danach von aufmunternden Worten sowie wüsten Beleidigungen. Torwart Kevin Broll ging ebenfalls auf die Fans zu, schließlich auch Trainer Capretti. Er beschwor den Zusammenhalt für das Saisonfinale.

"Nicht alle Fans haben gepfiffen, viele haben auch geklatscht. Ich finde es cool, dass sich meine Jungs nach dem Spiel gestellt haben. Während des Spiels war die Unterstützung hervorragend, und wenn wir den Ball in der 90. Minute reingemacht hätten, wären wir gefeiert worden. Im Fußball ist es oft ein schmaler Grat", sagte Capretti.

Was bedeutet das 0:0 für Dynamo im Abstiegskampf?

Der Trainer brachte es auf den Punkt: "Die Situation hat sich nicht verändert, nur ist es jetzt ein Spiel weniger", erklärte Capretti mit Blick auf die Tabelle. Kontrahent Sandhausen hatte ebenfalls unentschieden gespielt - und dabei den Ausgleich zum 1:1-Endstand gegen Aufstiegskandidat St. Pauli in der Nachspielzeit erzielt. Sechs Punkte beträgt damit weiter Dynamos Rückstand auf den rettenden 15. Platz, der den Klassenerhalt ohne Relegation bedeutet. Vier Spiele sind es noch, zwölf Punkte zu vergeben. Auch Hannover spielte am Samstag 0:0 gegen Dynamos nächsten Gegner Düsseldorf und bleibt als Tabellen-14. sieben Punkte vor den Dresdnern.