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Starke Dresdner: Wie Dynamo die Muskeln spielen lässt

Der Abend in Köln könnte nicht nur wegen des 5:1-Erfolgs für Dynamo Dresden von besonderer Bedeutung sein. Kapitän Kutschke sieht Parallelen zu den Aufstiegshelden vor sieben Jahren. Und findet doch, wie er sagt, „ein Haar in der Suppe“.

Von Tino Meyer
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Seit Jahresbeginn ist das Stefan Kutschkes typische Jubelpose nach Toren, in gleich dreimal zu sehen. Es ist ein besonderer Abend, nicht nur für den Kapitän.
Seit Jahresbeginn ist das Stefan Kutschkes typische Jubelpose nach Toren, in gleich dreimal zu sehen. Es ist ein besonderer Abend, nicht nur für den Kapitän. © Jan Huebner

Köln/Dresden. Tabellenführer haben es nicht leicht – wissen sie inzwischen auch bei Dynamo Dresden wieder. Einfach nur spitze sein, selbst in der 3. Liga? Geht nicht. Irgendwas ist immer, auch wenn es manchmal echte Luxus-Probleme sind wie ein topbesetzter Spielerkader, in dem trotzdem nur elf Profis in der Startelf stehen können. Oder die Herausforderung, regelmäßig auf einen hochmotivierten Gegner zu treffen, der alles daran setzt, den Liga-Krösus zu besiegen.

Zumindest ein Wochenende lang ist das nach Dynamos 5:1-Sieg bei Viktoria Köln alles jedoch gar kein Thema gewesen. Und auch die Sache mit dem fehlenden Top-Torjäger hat sich seit Freitagabend und den drei Treffern von Stefan Kutschke erledigt, denn Dresdens Stürmer Nummer eins, Kapitän und Identifikationsfigur hat sich mit seinen Saisontoren fünf, sechs und sieben auf den dritten Platz der Torschützenliste verbessert.

Zuletzt gelungen ist Kutschke ein solcher Dreierpack vor mehr als sechs Jahren, ebenfalls im Dynamo-Trikot, aber in der zweiten Liga und sogar binnen 22 Minuten – beim 3:3 der Dresdner am 2. April 2017 gegen den VfB Stuttgart. "Tore schießen ist immer schön", sagt er diesmal, überlegt kurz und bestätigt: "Ein Doppelpack war bislang das Höchste, was mir in der 3. Liga gelungen ist."

Restlos zufrieden ist der 35-Jährige trotzdem nicht, was nicht daran liegt, dass es anders als in Stuttgart diesmal kein echter Hattrick ist, also drei Tore unmittelbar hintereinander. Vielmehr ärgert sich Kutschke, "dass zwei Elfmeter dabei waren".

Die Führung in der 17. Minute erzielt er nach einer durchaus diskutablen Handelfmeter-Entscheidung mit einem straffen Schuss in die linke untere Torecke, dem 3:0 kurz vor der Pause geht ein klares Foul an Mitspieler Jakob Lemmer voraus. Wieder verwandelt Kutschke sicher, diesmal halbhoch links, und wieder lässt er danach die Muskeln spielen, seit Jahresbeginn seine typische Jubelpose.

Ein Schuss Genugtuung ist diesmal auch dabei. "Da war noch eine Rechnung vom Spiel der vergangenen Saison in Dresden offen", sagt Kutschke und meint seinen verschossenen Elfmeter gegen die Kölner. 1:1 endete die Partie im Februar, und rückblickend könnte man auch sagen, dass es dieses Unentschieden war, das Dynamo den Aufstieg kostete. Ein bitterer Moment sei das gewesen, "den ich heute zweimal wiedergutmachen konnte", so Kutschke.

Elfmeter, Kutschke, Tor: Zweimal trifft Dynamos Kapitän in Köln vom Strafstoßpunkt.
Elfmeter, Kutschke, Tor: Zweimal trifft Dynamos Kapitän in Köln vom Strafstoßpunkt. © Jan Huebner

Gezweifelt hat er daran nicht, weder beim ersten noch beim zweiten Elfmeter. Und dass Trainer Markus Anfang in der Spielvorbereitung noch mal an den Fehlschuss (sowie etliche weitere vergebene Großchancen) erinnert hat, sei auch gar nicht nötig gewesen. "Du beschäftigst dich immer damit", sagt der Stürmer, der sich eigentlich mit Dennis Borkowski bei den Strafstößen abwechselt. Nur muss der – Stichwort Luxusproblem – diesmal wie auch Panagiotis Vlachodimos die gesamte Spielzeit zusehen.

Robin Meißner, noch einer von Dynamos Top-Offensivkräften, die sich immer wieder auf der Ersatzbank wiederfinden, darf immerhin noch zehn Minuten spielen und 45 Sekunden nach der Einwechslung das 4:1 erzielen. "Stefan und Manu (gemeint ist Manuel Schäffler, der vierte Edelreservist, Anm.d.Red.) haben deutlich mehr Erfahrung und mehr Tore geschossen als ich. Das ist ein Lernprozess für mich. Ich versuche, meine Stärken einzubringen", sagt Meißner.

5:1-Sieg ist die Steilvorlage für Dynamos lange vorher geplante Party danach

Der Neuzugang, der im Vorjahr für Viktoria Köln drei Tore gegen Dynamo erzielt hat, schafft es sogar noch, Kutschke glücklich zu machen. Statt selbst aus guter Position zum 5:1-Endstand abzuschließen, passt er zum Kapitän. "Du willst immer aus dem Spiel treffen, die Möglichkeiten dazu waren da. Da fange ich bei mir an und bin sauer auf mich selbst. Doch dann hat Meiße den Ball gut quergelegt. Ich musste nur noch den Fuß hinhalten", erklärt Kutschke, der mit einem Ballgewinn zudem gedankenschnell das Tor von Niklas Hauptmann zum 2:0 in der 32. Minute einleitet.

Bitte nicht jubeln! Robin Meißner, in der Vorsaison bei den Kölnern unter Vertrag, trifft nur 45 Sekunden nach seiner Einwechslung.
Bitte nicht jubeln! Robin Meißner, in der Vorsaison bei den Kölnern unter Vertrag, trifft nur 45 Sekunden nach seiner Einwechslung. © Jan Huebner

Der Matchwinner steht auch danach natürlich besonders im Fokus, will aber gar nicht allein über sich reden. "Von dem Auftritt der Mannschaft", so Kutschke, "war ich begeistert. Wie unser Spiel aufgegangen ist gegen eine Mannschaft, die zu Hause noch kein Spiel verloren hat und die sehr stark ist, war aller Ehren wert".

Am Ende steht ein in dieser Höhe sehr verdienter 5:1-Auswärtssieg, der zugleich als Steilvorlage für den Karnevalsauftakt in Köln dient – mit den Dynamos mittendrin. "Es war vorher ausgemacht und mit dem Trainer besprochen. Heute Abend wollen wir hier noch zusammen etwas machen, Robin Meißner hat etwas organisiert", verrät Kutschke, und betont: "Den Zusammenhalt braucht es. Den hatten wir in der Aufstiegssaison 2015/16 und auch danach 2016/17 in der zweiten Liga. Es war unfassbar, wie diese Mannschaft damals funktioniert hat."

Kutschke will ein neues Kapitel Erfolgsgeschichte bei Dynamo schreiben

Das Team jetzt schickt sich an, eine ähnliche Entwicklung zu nehmen wie die Aufstiegshelden vor sieben Jahren, die nachhaltig in Erinnerung geblieben sind. "Der eine marschiert für den anderen, die Harmonie passt. Wir wollen mit dieser Mannschaft für den Verein einen Weg ebnen. Die Geschichte wollen wir weiterschreiben", sagt Kutschke, der als gebürtiger Dresdner und emotionaler Anführer darauf weiterhin wesentlichen Einfluss nehmen wird.

Perfekt läuft es schließlich auch diesmal nicht für den souveränen Tabellenführer (Meißner: "Wahrscheinlich können nur wir uns nur selbst stoppen"). Irgendwas ist eben immer, diesmal konkret Kölns Ehrentreffer zum zwischenzeitlichen 1:3 in der 57. Minute. Dabei hat sich die Mannschaft in der Halbzeit vorgenommen, zu Null zu spielen. "Das Gegentor war das Haar in der Suppe", sagt Kutschke nicht etwa gespielt kritisch an einem insgesamt sehr positiven und besonderen Abend in Köln.

Tags darauf, als um 11.11 Uhr die fünfte Jahreszeit so richtig beginnt, ist der Kapitän allerdings schon auf der Heimfahrt. "Einige bleiben zum Karneval noch da, einige fahren nach Hause. Da bin ich dabei, weil ich meine Zeit mit der Familie genießen und das Wochenende zu Hause verbringen will", sagt er.