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Fünf Jahre nach dem 1:8-Debakel: Trauert Dynamo Dresden wieder in Köln?

Genau vor fünf Jahren verliert Dynamo Dresden zum Karnevalsauftakt beim 1. FC Köln 1:8. Am Freitag sind die Dresdner nun wieder in der Rheinmetropole zu Gast. Kann sich Geschichte wiederholen?

Von Timotheus Eimert
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Dynamo Dresden verliert 1:8 beim 1. FC Köln. Es ist die bis heute höchste Niederlage in der Vereinsgeschichte.
Dynamo Dresden verliert 1:8 beim 1. FC Köln. Es ist die bis heute höchste Niederlage in der Vereinsgeschichte. © WORBSER-Sportfotografie

Dresden/Köln. Als es endlich vorbei ist, wird Markus Schubert von seinen Emotionen überwältigt. Achtmal musste der Torwart von Dynamo Dresden den Ball aus dem Netz holen, achtmal sangen 45.000 Zuschauer einen Tag vor dem Kölner Karnevalsauftakt im ausverkauften Stadion "Kölle alaaf".

Auch Schuberts Mitspieler können angesichts der historischen 1:8-Niederlage gegen den 1. FC Köln am 10. November 2018 ihre Tränen nicht zurückhalten. "Irgendwann war jeglicher Glaube weg", sagt der damalige Dynamo-Kapitän Marco Hartmann in den Katakomben mit gebrochener Stimme, während er versucht, seine Tränen zu unterdrücken. "Ich bin überzeugt, dass es jeder gerne verhindert hätte – aber es ließ sich nicht stoppen."

Verteidiger Sören Gonther spricht vom bittersten Moment seiner Fußballkarriere. "Das war ein Tag, an dem einfach gar nichts da war", sagt er und wiederholt: "Gar nichts."

Für Dynamo ist es die höchste Niederlage in der Vereinsgeschichte. Der damalige Sportchef Ralf Minge spricht von einer Zäsur. "Es war eine kollektive Fehlleistung des gesamten Teams. Nach einer historischen Niederlage rechts und links nach Lichtblicken zu suchen, wäre der falsche Ansatz", sagt Minge.

Markus Anfang trainiert damals den 1. FC Köln

Und Dynamos damaliger Trainer Maik Walpurgis erzählt später bei der Pressekonferenz: "Ich habe in die Gesichter geschaut. Wenn man die halbe Mannschaft weinen sieht, heulen wie die Schlosshunde, weiß ich, dass ich Jungs trainiere mit ganz viel Herz und Leidenschaft."

Markus Anfang trainiert damals den 1. FC Köln, Maik Walpurgis ist bei Dynamo Dresden in der Verantwortung.
Markus Anfang trainiert damals den 1. FC Köln, Maik Walpurgis ist bei Dynamo Dresden in der Verantwortung. © Picture Alliance/Nordphoto

Auf dem Podium neben Walpurgis sitzt Markus Anfang. Der heutige Dynamo-Trainer steht erst seit etwas mehr als vier Monaten beim 1. FC Köln in der Verantwortung. Er soll den Bundesliga-Absteiger direkt ins Fußball-Oberhaus zurückführen. Aber mit dem Top-Favoriten der 2. Bundesliga startet er für die hohen Kölner Ansprüche nur durchwachsen in die Saison.

An jenem regnerischen November-Tag spielen sich die Kölner jedoch in einen Rausch. Fast jeder Schuss ist ein Treffer. "Wir hatten damals eine Mannschaft, die viel Qualität hatte", erinnert sich Anfang. "Wenn viel gepasst hat, konnte ein höheres Ergebnis zustande kommen. Das war damals der Fall."

Dynamo-Fans feiern ihr Team - trotz der historischen Pleite

Als nach dem Schlusspfiff noch einmal alle acht Kölner Tore auf der Videoleinwand gezeigt werden, feiern die rund 5.000 mitgereisten Dynamo-Fans die Verlierer – trotz der herben Pleite. "Ich war sehr begeistert. Wie lange man seine Mannschaft nach so einer hohen Niederlage noch feiert und unterstützt, war schon besonders", sagt Anfang nun rückblickend auf den 8:1-Endstand.

"Aus Kölner Sicht war es ein tolles Erlebnis. Wenn du einen Tag vorm Sessionsstart so ein Spiel machst, hast du zum damaligen Zeitpunkt zumindest einmal alles richtig gemacht", meint Anfang. Am Ende der Saison steigt Köln auf – nur ist er da nicht mehr Trainer. Nach dem 31. von 34 Spieltagen wird Anfang entlassen, obwohl seine Mannschaft die Tabelle anführt.

Jeder Schuss ein Treffer: Kölns Kapitän Jonas Hector bejubelt sein Tor zum 5:0. Für Dynamo ist das noch nicht das Ende. Die Dresdner kassieren noch drei weitere Treffer.
Jeder Schuss ein Treffer: Kölns Kapitän Jonas Hector bejubelt sein Tor zum 5:0. Für Dynamo ist das noch nicht das Ende. Die Dresdner kassieren noch drei weitere Treffer. © picture alliance/Foto Huebner

Exakt fünf Jahre nach dem Negativ-Erlebnis spielt Dynamo wieder in Köln, wieder einen Tag vorm Karnevalsauftakt – nur diesmal mit Anfang auf der eigenen Trainerbank. Ein super Argument, dass sich Geschichte nicht wiederholt, meint der gebürtige Kölner, dessen Familie in der Rheinmetropole lebt, mit einem Lächeln. Gegner ist zudem auch nicht der große FC, sondern die kleinere Viktoria. Auch die Liga ist eine andere.

Die besondere Bedeutung des Karnevals

Ein ähnliches Ergebnis wie 2018 erwartet er nicht, warnt aber dennoch: "Viktoria Köln ist eine Mannschaft, die eine hohe individuelle Qualität hat. Sie ist physisch sehr stark und zu Hause noch ungeschlagen." Ob er nach dem Spiel in Köln bleibt, mag der 49-Jährige nicht verraten. "Ob ich Karneval feiere oder nicht, sei jetzt erstmal dahin gestellt", so Anfang.

Dass die fünfte Jahreszeit für ihn eine besondere Bedeutung hat, liegt nahe. "Am 11.11. wird einfach gefeiert und die Lebenslust herausgelassen", sagt er und betont: "Der Kölner feiert die Stadt und sich selbst. Du kannst Kölsch trinken, singen, fühlen und sprechen."

Der Fokus liege diesmal für ihn speziell und Dynamo insgesamt allein auf dem Fußball. "Es geht darum, Punkte zu holen", erklärt Anfang und stellt klar: "Mir würde kein Zacken aus der Krone brechen, wenn ich einmal nicht Karneval feiere. In meinem Leben habe ich schon einige Veranstaltungen mitgemacht und werde dem Karneval immer verbunden sein – schon allein, weil meine Kinder im Karnevalsverein aktiv sind."