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Kapitän Kutschke über Kritik an Dynamo: "Mir werden die Dinge zu negativ gesehen"

Dynamo Dresden hat in die Erfolgsspur zurückgefunden - auch dank seines Tores. Jetzt spricht Kapitän Stefan Kutschke über die Ergebniskrise zuvor, sein Problem mit den Medien und den Umgang mit Kritik.

Von Timotheus Eimert
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Dynamo-Kapitän Stefan Kutschke hadert mit der Berichterstattung über seinen Verein in den vergangenen Wochen.
Dynamo-Kapitän Stefan Kutschke hadert mit der Berichterstattung über seinen Verein in den vergangenen Wochen. © dpa/Robert Michael

Dresden. Er ist schon immer ein gefragter Mann bei Dynamo Dresden. Nach Spielen des Fußball-Drittligisten muss Kapitän Stefan Kutschke häufig bei den Journalisten von Fernsehen und Zeitung Rede und Antwort stehen - so auch nach dem 2:1-Erfolg zuletzt gegen die SpVgg Unterhaching. Der Siegtorschütze absolviert über eine halbe Stunde lang einen Interview-Marathon, beantwortet geduldig die wiederkehrenden Fragen.

Kutschke ist dabei immer geradeaus, hat eine klare Meinung und hält damit selten zurück. Mit Kritik spart er nicht. Das bekamen zuletzt auch die Journalisten immer häufiger zu hören. Der gebürtige Dresdner hatte in den letzten Wochen ein Problem mit der Berichterstattung über seinen Herzensverein - wie er nun in der neuen Folge von "Schwarz-Gelb, der Dynamo-Podcast" erzählt. "Mir werden die Dinge zu negativ gesehen", sagt Kutschke in dem exklusiven Gespräch, und er meint: "Aber das ist ein Problem unserer Gesellschaft. Es werden die Dinge oft zu negativ gesehen."

Der Hintergrund: Nach zuletzt drei Niederlagen in Folge machte im Dynamo-Umfeld das Wort Krise die Runde. Für Kutschke war das zu viel. "Es war klar, dass so eine Durststrecke oder so eine kleine Delle irgendwann kommen wird. Du wirst nicht durch die Liga durchmarschieren können und jeden Gegner an die Wand spielen. Es stehen immer auch elf andere Spieler auf dem Platz", sagt der 35-Jährige. Er betont: "Wir wollten intern das Wort Krise deshalb nicht aussprechen, aber dennoch hat uns die Situation gewurmt – besonders das Spiel gegen Regensburg, in dem wir deutlich besser waren, aber das Tor nicht gemacht haben."

Kutschke: "Drei Siege, schon wird über Europa geredet"

Kutschke fühlte sich und sein Team von der Öffentlichkeit schon länger ungerecht behandelt. Das zeigte er auch. Nach dem 3:2-Erfolg gegen den SSV Ulm Mitte Oktober rannte er wütend an den wartenden mitgereisten Medienvertretern aus Dresden vorbei in die Kabine und rief der Journaille noch hinterher: "Ich gebe euch keine Interviews mehr. Ihr berichtet über uns wie über einen Tabellenachten."

Zwei Wochen später schien sich die Gemütslage beruhigt zu haben. Kutschke stellte sich nach einem öffentlichen Training wieder den Fragen, beantwortete diese aber ungewöhnlich wortkarg. Nach 21 Sekunden war das Gespräch beendet. Ein sichtlich schlecht gelaunter Spielführer stapfte daraufhin in die Umkleide und ließ die verdutzten Journalisten zurück. Später entschuldigte er sich dann für sein Verhalten.

Zum damaligen Zeitpunkt war Dynamo souveräner Tabellenführer, hatte aber zuvor unter anderem die Auswärtsspiele in Essen und München nicht gewonnen. Erste leichte Kritik wurde lauter. "Unser Dynamo-Umfeld wird dann schnell unruhig. Drei Spiele gewonnen, schon wird über den Europapokal gesprochen. Drei Spiele verloren, geht alles die Elbe abwärts Richtung Meißen", sagt Kutschke nun im Podcast.

Kutschke: "Bei Dynamo gibt es nur Schwarz oder Weiß"

Mit dem Sieg gegen den damaligen Tabellenzweiten Ulm setzten die Dresdner dann ein dickes Ausrufezeichen hinter die Aufstiegsambitionen. Daran hat sich nichts geändert, trotz jener drei 0:1-Niederlagen. "Intern waren wir – Trainerteam und Mannschaft – uns immer einig und so überzeugt sind, von dem, was wir tun, dass wir nicht wild geworden sind. Wir wollten immer so weiterspielen", erklärt Kutschke. "Der Fußball, den wir spielen, ist sehr ansehnlich. Wir wollen uns nicht selber dafür loben, aber du erkennst dahinter einen klaren Plan."

Auch deshalb dürfte ihm die Berichterstattung nicht gepasst haben. "Natürlich ist bei uns nicht alles perfekt, sonst wären wir in einer anderen Liga", zeigt er auch Verständnis für die Kritik. "Klar ist Fußball ein Ergebnissport. Bei uns haben Aufwand und Ertrag nicht zusammengepasst. Aber für uns war klar, dass wir uns irgendwann dafür belohnen werden. Die Zeit wird kommen."

Der Routinier weiß, dass das Dynamo-Umfeld anders tickt und nicht immer so geduldig reagiert wie neutrale Beobachter. "Hier gibt es nur Schwarz oder Weiß. Wenn du drei Spiele vorher nicht gewonnen und kein Tor geschossen hast, dann wird das Dynamoland schnell nervös und unruhig. Das bekommt inzwischen auch jeder neue Spieler mit", betont Kutschke. Gleichzeitig stellt er klar: "Aber mit der Kritik müssen wir umgehen können."

Stefan Kutschke erklärt seine emotionalen Aussetzer

Dass er selbst dennoch manchmal zu emotional reagiere, weiß er selbst. "Es wird häufig gesagt, das musst du abkönnen. Bei mir gibt es so etwas wie einen FI-Schalter, der wird umgeklappt und dann stimmt das eine oder andere nicht mehr. Aber das bin ich", erklärt Kutschke. Nach Spielen benötige er deshalb eigentlich ein wenig Zeit, bis er emotional heruntergekommen ist und vors Mikrofon treten kann. "Eine halbe oder eine Stunde später ist bei mir dann wieder alles normal. Da denkt man manchmal, was ist da in der Situation eigentlich passiert."

Im Podcast spricht Kutschke aber nicht nur über den Umgang mit den Medien, sondern auch ausführlich über seine Vorliebe zu Coca-Cola, das Dynamo-Jahr 2023 und sein Lieblingsessen an Heiligabend.