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Nach umstrittenem Geschlechter-Banner: Jetzt äußert sich Dynamo

Die Fans von Dynamo Dresden präsentierten bei der 1:2-Niederlage in Ingolstadt ein fragwürdiges Plakat. Der Deutsche Fußball-Bund ermittelt. Nun reagiert der Verein - und übt Kritik.

Von Timotheus Eimert
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Dynamo-Fans halten gegen den FC Ingolstadt ein umstrittenes Plakat hoch: „Es gibt nur einen lächerlichen DFB – und zwei Geschlechter!“
Dynamo-Fans halten gegen den FC Ingolstadt ein umstrittenes Plakat hoch: „Es gibt nur einen lächerlichen DFB – und zwei Geschlechter!“ © Fotostand

Dresden/Ingolstadt. Die Niederlage beim FC Ingolstadt hat für Dynamo Dresden ein Nachspiel. Grund dafür ist das Verhalten der eigenen Fans. Die Anhänger des Fußball-Drittligisten präsentierten am Sonntag ein Banner im Gästeblock und schossen darin gegen den Deutschen Fußball-Bund (DFB): "Es gibt nur einen lächerlichen DFB – und zwei Geschlechter!"

Erst kürzlich verhängte das DFB-Sportgericht eine Geldstrafe gegen Bundesliga-Spitzenreiter Bayer Leverkusen, weil Fans im Spiel gegen Werder Bremen im November "Es gibt viele Musikrichtungen, aber nur zwei Geschlechter" auf eine Papierrolle gepinselt hatten. Der Verband wertete dies als "diskriminierendes und unsportliches Verhalten der Anhänger" und belegte Leverkusen mit einer Strafe von 18.000 Euro.

Dynamo: "Die polarisierende Wortwahl ist ein Stilmittel"

Der Geschäftsführer von Bayer Leverkusen, Fernando Carro, teilte damals umgehend mit: "Diese Aktion war geschmacklos und falsch und sie hat nichts mit Werten wie Offenheit und Toleranz zu tun, für die Bayer 04 als Organisation steht."

Dynamo äußerte sich am Dienstag auf Nachfrage von Sächsische.de zu den Vorfällen und bewertete das Banner "als Ausdruck und Teil des Protests unserer aktiven Fanszene gegen einen möglichen Investoreneinstieg bei der DFL mit kritischer Bezugnahme auf jene Strafe, die vor Kurzem Bayer 04 Leverkusen für ähnlich lautende Banner ihrer Anhängerschaft erhielt". Die polarisierende Wortwahl sei dabei ein Stilmittel, um Aufmerksamkeit zu generieren.

Wie Leverkusen wird mit hoher Wahrscheinlichkeit jetzt auch Dynamo mit einer Strafe belegt. Die dürfte jedoch wesentlich höher ausfallen, denn gegen Ingolstadt wurden im Gästeblock in der ersten Halbzeit außerdem noch rund 50 Pyrofackeln gezündet. Alleine dieses Fehlverhalten bedeutet mindestens eine Strafe im unteren fünfstelligen Bereich.

Vor dem Spiel werden im Gästeblock zahlreiche Pyrofackeln gezündet. Das bedeutet für Dynamo Dresden eine weitere Strafe des Deutschen Fußball-Bundes.
Vor dem Spiel werden im Gästeblock zahlreiche Pyrofackeln gezündet. Das bedeutet für Dynamo Dresden eine weitere Strafe des Deutschen Fußball-Bundes. © PICTURE POINT

Zudem schmissen die Dynamo-Fans mit Beginn der zweiten Hälfte zahlreiche Gummibälle auf das Spielfeld. Die Partie musste deshalb für rund drei Minuten unterbrochen werden. Nun ermittelt der DFB-Kontrollausschuss gegen den Verein, der zu einer Stellungnahme aufgefordert wurde. Das bestätigt der Verband auf Anfrage von Sächsische.de.

Dynamo-Fans verstoßen gegen eigene Fancharta

Dabei hat das Banner einen weiteren Beigeschmack. Denn das Plakat widerspricht der gemeinsam zwischen Klub-Vertretern und der Anhängerschaft ausgearbeiteten Dresdner Fancharta.

So heißt es unter Punkt 1.2.: "Der Verein SG Dynamo Dresden und die Fans stehen aktiv gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung (aufgrund ethnischer Zugehörigkeit, religiöser und sexueller Orientierungen sowie körperlicher und geistiger Beeinträchtigung) innerhalb und außerhalb des Stadions ein."

Der Verein wollte sich dazu nicht explizit äußern und teilte allgemein mit: "Die SG Dynamo Dresden ist, wie im Leitbild und der Fancharta verankert, offen für jeden, der die Werte des Vereins anerkennt."

Bundesweiter Protest gegen Einstieg eines Investors

Das Verhalten der schwarz-gelben Anhänger ist Teil eines bundesweiten Protestes gegen den geplanten Einstieg eines Investors in die Deutsche Fußball-Liga (DFL). So kam es in vielen weiteren Stadien zu ähnlichen Szenen wie in Ingolstadt. Unter anderem sorgte die aktive Fanszene von Hertha BSC für eine 32-minütige Unterbrechung des Zweitligaspiels gegen den Hamburger SV, als sie Tennisbälle auf den Rasen des Olympiastadions warf.

Wie lange die kreativen Proteste mit Bällen, Pfiffen oder Schokotalern andauern? Dazu wagt Jost Peter vom Fan-Bündnis Unsere Kurve keine Prognose. "Es gilt weiterhin: Die Abstimmung, wie sie gelaufen ist, stinkt", sagt Peter auf Anfrage von Sächsische.de.

Bei der Partie Ingolstadt gegen Dynamo sammeln Spieler und Ordner zum Beginn der zweiten Halbzeit zahlreiche Gummibälle auf, die aus dem Gästeblock aufs Spielfeld flogen. Auch das dürfte eine Strafe für Dynamo Dresden nach sich ziehen.
Bei der Partie Ingolstadt gegen Dynamo sammeln Spieler und Ordner zum Beginn der zweiten Halbzeit zahlreiche Gummibälle auf, die aus dem Gästeblock aufs Spielfeld flogen. Auch das dürfte eine Strafe für Dynamo Dresden nach sich ziehen. © PICTURE POINT

Die Fans fordern demnach eine Wiederholung des in ihren Augen nicht legitimen Votums, bei dem im Dezember der umstrittene Investoren-Einstieg beschlossen wurde. Die 50+1-Regel würde "ins Lächerliche gezogen", kritisiert die Berliner Ultra-Gruppe Harlekins 98.

Auch Dynamo kritisiert die Vorgehensweise der DFL. "Generell ist zu dem Investoreneinstieg der DFL von unserer Seite bedauerlicherweise festzustellen, dass die Vereine der 3. Liga bis hierhin zu keinem Zeitpunkt in die Diskussionen oder gar Abstimmungen zu dieser Thematik mit eingebunden wurden", teilte der Verein mit. Eine Wiederholung der Wahl ist trotz aller Proteste aber unwahrscheinlich.

Dynamo-Fans drohen DFL-Investor

Die Gespräche der DFL mit dem luxemburgischen Finanzunternehmen CVC und der US-Investmentgesellschaft Blackstone befinden sich in der "entscheidenden Phase", wie DFL-Geschäftsführer Marc Lenz zuletzt erklärte. Zudem betonte Lenz erneut, dass der Investor an den Erlösen aus dem Verkauf der Medienrechte beteiligt werde – und keine Anteile an der DFL selber kaufe.

Gegen Ingolstadt lassen die Dynamo-Fans ihren Frust über den geplanten Investoren einstieg am CVC-Deutschland-Chef Alexander Dibelius aus. "Dibelius du Hurensohn – einen Schritt weiter und du bist in unserem Trefferradius", steht auf dem Plakat.
Gegen Ingolstadt lassen die Dynamo-Fans ihren Frust über den geplanten Investoren einstieg am CVC-Deutschland-Chef Alexander Dibelius aus. "Dibelius du Hurensohn – einen Schritt weiter und du bist in unserem Trefferradius", steht auf dem Plakat. © Fotostand

Fans fürchten eine "weitere Zerstückelung der Spieltage" und halten "Spiele im Ausland und sogar auf anderen Kontinenten" für möglich, schrieben die Harlekins, Gruppierungen anderer Klubs äußerten sich ähnlich. Gegen Ingolstadt präsentierten die Dynamo-Fans noch ein weiteres Banner und ließen ihren Frust am CVC-Deutschland-Chef Alexander Dibelius aus. "Dibelius du Hurensohn – einen Schritt weiter und du bist in unserem Trefferradius", stand auf dem Plakat.

Die Sorge der Fans vor dem internationalen Ausverkauf der Liga speist sich vor allem aus der Tatsache, dass sowohl CVC als auch Blackstone finanziell vom saudischen Staatsfonds PIF unterstützt werden. Szenarien wie in Spanien oder Italien, wo der Supercup seit ein paar Jahren nach Saudi-Arabien "verkauft" wird, befürchten sie auch hierzulande. "Wie der Protest konkret weitergeht, bleibt abzuwarten", sagt Peter. Weitere Spielunterbrechungen sind nicht ausgeschlossen. (mit sid)