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Warum Dynamos Sieg gegen Werder so wichtig ist

Die Erleichterung nach dem 3:0 und dem Ende der Negativserie ist riesig. Die Mannschaft hatte offenbar gespürt, wie nervös das Umfeld geworden war.

Von Daniel Klein & Jens Maßlich
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Christoph Daferner jubelt nach seinem zweiten Treffer und feiert mit den Fans.
Christoph Daferner jubelt nach seinem zweiten Treffer und feiert mit den Fans. © dpa-Zentralbild/Robert Michael

Dresden. Ein Adjektiv fehlt in keiner Einschätzung: Dass dieser Sieg ein wichtiger gewesen sei, vergisst wirklich niemand zu erwähnen. Morris Schröter, der mit seinem Zweitliga-Tor-Debüt einen entscheidenden Beitrag leistet zum deutlichen 3:0 gegen Werder Bremen, spricht sogar von einem „extrem wichtigen Sieg. Sonst hätten wir uns eingerissen, was wir uns vorher mühsam aufgebaut hatten.“

Eine Niederlage wäre Dynamos vierte in Folge gewesen, was nicht nur unschöne Auswirkungen auf die Tabelle gehabt, sondern unweigerlich auch zu erhöhter Nervosität innerhalb und außerhalb des Vereins geführt hätte. Die drei Punkte, so schätzt es Christoph Daferner ein, seien „sehr, sehr wichtig für uns und das ganze Umfeld“.

Der Stürmer hat einen noch größeren Anteil am Ausgang der Partie, mit einem Doppelpack lenkt er das Duell in Richtung der Dresdner. Dass der Erfolg verdient ist, darüber gibt es nach den 90 Minuten keine zwei Meinungen. Und dennoch hat man Mitte der ersten Hälfte das Gefühl, dass die Partie auch in die andere Richtung hätte kippen können.

Die Führung kurz vor der Pause fällt zu einem Zeitpunkt, als das Spiel sichtlich an Dynamik verliert und Werder sich mehr Ballbesitz und Kontrolle erarbeitet. Doch dann treibt Heinz Mörschel bei einem Gegenzug den Ball nach vorn, passt auf Ransford-Yeboah Königsdörffer. Der schlenzt den Ball aus 18 Metern genau ans Dreiangel. Den Abpraller verwertet Daferner aus zehn Metern mit einem Schuss an den Innenpfosten.

„Ich dachte, dass der super Versuch von Ransi direkt reingeht. Mein Dropkick ins lange Eck hat dann super gepasst“, fasst der Torschütze die Szene zusammen. Für den Stürmer geht damit eine längere Durststrecke zu Ende. Zuletzt hatte er beim Heimsieg gegen Hannover 96 getroffen. Danach blieb er vier Spiele oder 440 Minuten erfolglos – bis zum Sonntag. Der Trainer hatte aber nicht mal ansatzweise darüber nachgedacht, ihn auf die Bank zu setzen, erklärt er hinterher. „Es gibt so viele Attribute, die für ihn sprechen“, lobt Schmidt und zählt auf: „Körpersprache, Teamplayer, Laufbereitschaft. Wenn er mal nicht trifft, dann arbeitet er eben extrem gut für uns.“ Das macht er auch gegen Werder, ist der erste Verteidiger, erzwingt so Ballgewinne. Trotzdem, findet sein Übungsleiter, sei er noch nicht komplett. „Aber wir arbeiten weiter daran.“

Ein Ansatzpunkt wäre die Trefferquote in fremden Stadien. Die steht nach vier Versuchen immer noch bei null. Alle seine fünf Tore erzielte er in Dresden. Für Mitspieler Schröter ist Daferner dennoch ein Phänomen. „Es gibt Stürmer, die laufen viel, treffen aber nicht. Er kann beides, ist in den entscheidenden Situationen präsent und macht die Dinger. Deshalb ist er so extrem wichtig für uns.“

Ein typisches Daferner-Tor ist auch sein zweites. Mit etwas Glück fällt ihm der Ball nach einer Eingabe von Antonis Aidonis vor die Füße, mit der Pike erzielt er das 2:0. „Zweimal richtig gestanden“, meint Daferner. Die Fans im mit 16.000 Zuschauern unter Corona-Einschränkungen ausverkauften Harbig-Stadion feiern ihn als „Fußballgott“, kurz vor dem Ende darf er sich bei seiner Auswechslung einen weiteren Sonderapplaus abholen.

Während der Bremer Marco Friedl nach dem Schlusspfiff enttäuscht vom Rasen schleicht, feiern im Hintergrund die Dresdner.
Während der Bremer Marco Friedl nach dem Schlusspfiff enttäuscht vom Rasen schleicht, feiern im Hintergrund die Dresdner. © dpa-Zentralbild/Robert Michael

Sein Arbeitszeugnis: drei Schüsse aufs Tor, zwei davon gehen rein. Bei seinem Gegenüber Marvin Ducksch ist die erste Zahl identisch, doch er trifft nicht. „Wir waren vorne sehr effektiv“, fand Daferner. Man könnte es auch Matchglück nennen, das am Sonntag zurückgekehrt ist.

Das beginnt mit einer Szene nach gut einer halben Stunde, als Chris Löwe und Ducksch im Dresdner Strafraum aneinandergeraten. Der Angreifer kommt zu Fall, der Videoassistent aus Köln schaltet sich ein, überprüft die Szene, erkennt aber kein elfmeterwürdiges Foul.

Und nur zwei Minuten nach dem 1:0 hätte die Führung schon wieder futsch sein können. Ducksch, der vor sechs Wochen noch mit Hannover in Dresden verloren hatte, läuft auf Kevin Broll zu, verzieht aber. Und auch nach dem 2:0 hat der Ex-Bundesligist Chancen, scheitert aber – am Pfosten, an Kevin Broll und am eigenen Unvermögen. Wie nach 69 Minuten, als Niclas Füllkrug mit einem Kopfball das Gestänge trifft und erneut Ducksch im zweiten Versuch Aidonis anschießt. Der spielt mit einer Schiene und gegen die Empfehlung der Ärzte, weil er sich unter der Woche die Hand gebrochen hatte.

Bremer Trainer ist sauer auf seine ängstliche Mannschaft

Eine Punkteteilung wäre dennoch nicht gerecht gewesen, weil die Gäste viel zu viele Fehler machten. „Teilweise sogar ohne Druck“, wie Trainer Markus Anfang kopfschüttelnd anmerkt. „In der zweiten Liga gewinnt man Spiele über Intensität. Aber meine Mannschaft hatte kein Zweikampfverhalten, wirkte fast ein wenig ängstlich. Warum, weiß ich auch nicht.“

Die Warum-Frage stellt sich auf der anderen Seite ebenfalls, nur anders. Nicht nur Chris Löwe ist aufgefallen, dass Dynamo „von der ersten Minute an ein besseres Pressing hatte als in den Wochen zuvor. Wir sind in die Zweikämpfe gegangen und haben kaum Torchancen zugelassen.“ Warum also diesmal und bei den drei Partien zuvor nicht? Eine Erklärung: Die Dresdner mussten diesmal nicht einem Rückstand hinterherlaufen. „Das 1:0 spielte uns in die Karten, war sehr befreiend, hat Selbstvertrauen gegeben“, erklärte Schmidt.

Mit dem Sieg gegen Werder stoppten die Dresdner nicht nur den Negativlauf, sondern beendeten auch den Sonntagsfluch. In dieser Saison hatten sie es in vier Anläufen nicht geschafft, sonntags zu gewinnen, lediglich ein Punktgewinn beim HSV sprang heraus. Beim nächsten Spiel muss die Mannschaft wieder nach Hamburg – erneut am Sonntag. St. Pauli ist Tabellenzweiter. „Die Aufgaben werden nicht leichter“, meint Daferner. Er könnte am Kiez seinen Auswärtsfluch beenden.

Das Spiel zum Nachlesen im Liveticker